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I. Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR)

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Literatur:

Zäch/Thürer/Weber (Hrsg.) Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1992); Jacot-Guillarmod (Hrsg.) Accord EEE (Commentaire et réflexions)/EWR-Abkommen – Erste Analysen (1992); Norberg u.a. (Hrsg.) The European Economic Area: EEA Law – A Commentary on the EEA Agreement (1993); Bright Business Law in the European Economic Area (1994); Streit Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, NJW 1994, 555; Friedrich Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, DB 1994, 313; Hummer Sonderbeziehungen EG-EFTA, in: Dauses (Hrsg.) Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts (Loseblatt), Abschnitt K.III; Bruha Binnenmarktassoziierungen, EuR 2002, Beiheft 3, 109; Baudenbacher/Tresselt/Örlygsson (eds.) The EFTA Court – Ten Years On (2005); Schmalenbach Assoziierung und Erweiterung, in: von Arnauld (Hrsg.) Europäische Außenbeziehungen [Enzyklopädie Europarecht, Bd. 10] (2014) § 6, 321, Rn. 26 f.; Bieber/Epiney/Haag Die Europäische Union (12. Aufl. 2016) § 36 C: Der Europäische Wirtschaftsraum, 688; Baudenbacher The handbook of EEA law, 2016.

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Auf der Grundlage von Art. 217 AEUV hat die Union durch das Abkommen vom 2.5.1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)[3] ein Assoziierungsverhältnis zu den damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (European Free Trade Association – EFTA) begründet. Ausgenommen blieb aufgrund eines ablehnenden Referendums über die Beteiligung am EWR nur die Schweiz. Finnland, Schweden und Österreich sind inzwischen von der EFTA in die EU gewechselt, so dass der EWR auf Seiten der EFTA heute nur noch Island, Liechtenstein und Norwegen umfasst. Auch Island hat inzwischen seinen Beitritt zur EU beantragt.

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Die durch das EWR-Abkommen begründete Assoziierung der EFTA-Staaten lässt sich am besten als Binnenmarktassoziierung kennzeichnen.[4] Das Abkommen enthält nämlich für den Wirtschaftsverkehr zwischen der EU und den EFTA-Staaten, die Vertragsparteien des EWR-Abkommens sind, wortgleich dieselben wirtschaftlichen Freiheiten wie sie nach dem AEUV für den innergemeinschaftlichen Binnenmarkt konstitutiv sind, nämlich

die Warenverkehrsfreiheit (Art. 8–16 EWRA),
die Freizügigkeit für Arbeitnehmer (Art. 28–30 EWRA) sowie die Niederlassungsfreiheit für selbstständig Gewerbetreibende einschließlich Gesellschaften (Art. 31–35 EWRA),
die Dienstleistungsfreiheit (Art. 36–39 EWRA),
die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (Art. 40–45 EWRA).

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Zwar ist der Wortlaut dieser Freiheiten im spezifischen Kontext des EWR-Abkommens auszulegen. Das EWR-Abkommen verfolgt jedoch das Ziel, zwischen der EU und den EFTA-Staaten „einen dynamischen und homogenen Europäischen Wirtschaftsraum zu entwickeln, der auf gemeinsamen Regeln und gleichen Wettbewerbsbedingungen beruht“.[5] Darüber hinaus haben die Vertragsparteien ihren „festen Willen“ zum Ausdruck gebracht, „für die weitestgehende Verwirklichung der Freizügigkeit und des freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs innerhalb des ganzen Europäischen Wirtschaftsraums“ zu sorgen.[6] Hieraus ist abzuleiten, dass die Ziele des EWR mit denen der EU jedenfalls insoweit übereinstimmen, als es um die Integration der nationalen Märkte zu einem Binnenmarkt geht. Allerdings sieht das EWR-Abkommen keinen gemeinsamen Außenzoll vor und bleibt insoweit hinter dem Integrationstyp des Gemeinsamen Markts zurück.

Die rechtliche Qualität des EWR-Rechts entspricht der des Unionsrechts: Es ist unmittelbar anwendbar und, soweit es mit dem Unionsrecht übereinstimmt, ist es gem. Art. 6 EWRA im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH auszulegen (Homogenitätsgebot).[7] Das Sekundärrecht der Union (acquis communautaire) wird in den EWR übernommen und hat gem. Art. 7 EWRA dieselben Wirkungen wie innerhalb der EU, dh Verordnungen gelten unmittelbar, Richtlinien müssen in einzelstaatliches Recht transformiert werden. Nach einem Zusatzprotokoll genießt EWR-Recht Vorrang vor nationalem Recht.[8] Eine Behörde, die der EU-Kommission vergleichbar ist, wacht auf Seiten der EFTA-Staaten über die Einhaltung des EWR-Rechts (EFTA-Überwachungsbehörde, Art. 108 Abs. 1 EWRA) und ein Gerichtshof (EFTA-Gerichtshof, Art. 108 Abs. 2 EWRA) erfüllt für die EFTA-Staaten eine dem EuGH vergleichbar Funktion.[9] Auch die Weiterentwicklung des EWR-Rechts erfolgt in voller Parallelität zur Entwicklung des Unionsrechts, sei es aufgrund entsprechender Beschlüsse in den gemeinsamen politischen Organen (Gemeinsamer EWR-Ausschuss und EWR-Rat, Art. 89–94 EWRA), sei es aufgrund einer nachvollziehenden Rechtsprechung von EFTA-Gerichtshof und EuGH, die durchaus wechselseitig praktiziert wird.[10]

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Insgesamt zielt das EWR-Abkommen somit auf einen Zusammenschluss der nationalen Märkte der EFTA-Vertragsstaaten einerseits und des EU-Binnenmarkts andererseits zu einem den gesamten EWR umfassenden Binnenmarkt (jedoch ohne einheitlichen Außenzoll). Der Grundsatz offener Märkte sowie dessen Konkretisierung in den einzelnen Verkehrsfreiheiten des EWR-Abkommens gewährleistet Unternehmen und Verbrauchern wechselseitig den Marktzutritt zu allen Mitgliedstaaten des EWR. Er kann erforderlichenfalls mit rechtlichen Mitteln erkämpft werden, und zwar vor den jeweiligen nationalen Gerichten, welche die EWR-rechtlich begründeten Freiheiten der Bürger zu schützen haben. Die Teilnahme am EWR-weiten Wettbewerb ist somit für Unternehmen aus den EFTA-Staaten unter denselben Bedingungen möglich wie für die Unternehmen aus der EU.

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht

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