Читать книгу Das Post Mortem Phänomen - Peter M. Sauer - Страница 10

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Mit Onkel Chris konnte er jederzeit ganz offen reden. Die beiden verstanden sich gut. Chris war sein Taufpate und hatte ihn immer sehr fürsorglich begleitet. Über seine Angstanfälle konnte Philipp nur mit ihm sprechen, weil er ihm vertraute und sein Onkel außerdem Arzt war. Aber eine richtige Erklärung dafür hatte Chris auch nie gehabt. Sämtliche Befunde und Werte aus den bisherigen Untersuchungen lagen ihm vor, und er besprach sie mit den behandelnden Kollegen. Außer einem leicht erhöhten Bluteisenwert war alles normal. Niemand konnte bislang eine befriedigende Erklärung für Philipps Zustand geben. Chris kam schließlich zu der Ansicht, dass Philipp einfach eine ganz besondere Persönlichkeit sei, die auf ihre Mitmenschen sehr sensibel reagiere.

Ihm war allerdings sehr wohl aufgefallen, dass Philipp anders war. Seine oftmals düstere Stimmungslage, die Verschlossenheit, seine so häufigen Grabbesuche beim Vater, seine dauernden Fragen nach Sterben und Tod, aber auch nach seiner Herkunft fand er seltsam. In Wirklichkeit hatte Chris damals bei der Zeugung im Institut nachgeholfen. Aber darüber konnte er seinem Patensohn nichts sagen, außerdem konnte das nicht der Grund für Philipps Probleme sein. Chris hoffte inständig, dass das alles mit der Pubertät verschwinden werde und der Junge ganz normal würde.

April 2007

Liebste Ann,

ich schäme mich so. Was mir gestern passiert ist, hätte nie geschehen dürfen. Ich hatte das nicht geplant und es niemals für möglich gehalten, dass ich zu solch einem Verhalten fähig sein könnte. Bitte verzeihe mir. Ich weiß es und Du weißt es auch, dass ich manchmal gegen meinen Willen seltsam bin, aber das hat mit unbegreiflichen Ereignissen aus meiner Vergangenheit zu tun, die ihre bizarren Spuren in meinem Verhalten hinterlassen haben. Mir ist klar, dass so was für Außenstehende manchmal irritierend ist, und dass sie mich deshalb auch ablehnen können. Dieser Zustand hat aber noch nie dazu geführt, dass ich aggressiv wurde. Im Gegenteil: ich konnte den Menschen, denen ich mich dann so nahe fühlte, fast immer meine Hilfe anbieten. Warum ich gestern so egoistisch war und meine Begierde ganz ohne Rücksicht auf Dich durchsetzen wollte, ist mir selbst vollkommen unklar. Das Mysteriöse daran ist, dass ich einem inneren Zwang gefolgt bin, der meinen tatsächlichen Vorstellungen und Prinzipien völlig zuwider lief. Ich war nicht in der Lage, der Situation mit einem kühlen Kopf zu begegnen, sie zu beeinflussen oder sogar zu stoppen. Ich wollte Dich nicht verletzen und will das auch jetzt nicht. Bitte sieh es mir nach und gib mir eine Chance, es wieder gutzumachen. Ich warte auf eine Antwort von Dir. Vielleicht kann Deine Liebe einen Weg finden, mir zu verzeihen, das würde mir mehr helfen als jede Therapie.

In Liebe

Dein Philipp

Das Post Mortem Phänomen

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