Читать книгу Das Post Mortem Phänomen - Peter M. Sauer - Страница 17
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In der folgenden Zeit trafen sie sich häufig, sprachen viel über den Tod, aber auch über dessen Überwindung und das Glück, Leben in sich zu verspüren. Philipp bemühte sich nach Kräften, Marie mit schönen Dingen und Erlebnissen aufzumuntern. Er durfte sie sogar im PM-Institut besuchen und lernte ihre Eltern kennen. Das Zusammensein mit Marie machte ihn glücklich und er wusste, dass er sich in dieses Mädchen verliebt hatte. Marie erwiderte seine Gefühle und wünschte sich so oft wie möglich mit ihm zusammen zu sein. Da Philipp deshalb öfter die Schule schwänzte, musste er sich von jetzt an bei der Schulleitung abmelden, obwohl seine Leistungen sich sogar noch verbesserten.
Maries Eltern versprachen der Schulleitung, streng auf den Jungen zu achten, hatten aber in Wahrheit beim Direktor mit einem „kleinen Geschenk“ etwas nachgeholfen, um das Glück ihrer Tochter nicht zu gefährden. Sie versprachen außerdem, Philipp selbst mit dem Auto abzuholen und wieder ins Internat zu bringen.
Die Zeit arbeitete für Marie und damit auch für Philipp. Es ging ihr wieder besser. Philipp dachte sich, dass er seine Fähigkeit, den Tod zu erahnen vielleicht auch ins Gegenteil verkehren könnte, um sie gewissermaßen auch zur Todesabwehr einsetzen zu können. Er stellte sich vor, dass er das auch genauso spüren müsste. Heimlich versuchte er, immer wenn Marie in ihrem Liegestuhl lag und schlief, seine Gedanken darauf zu konzentrieren, ihr Lebenskraft und Heilung zu wünschen. Er spürte dabei nichts, kein Herzklopfen, keinen bittereren Geschmack, keine Erektion. Philipp versuchte es immer wieder, aber nichts geschah, bis sie eines Nachmittags zusammen durch die Stadt schlenderten und sich lustige Szenen aus alten Spielfilmen ausmalten. Es traf ihn wie einen Schlag! Philipp blieb abrupt stehen und musste sich sammeln. Marie schaute ihn an, gespannt darauf, welchen Gag er sich diesmal ausgedacht hatte. Aber stattdessen wurde er blass, begann zu zittern und schaute Marie in die Augen. Bitte nicht! Bitte nicht, dachte er. Das war unverkennbar ein Anfall und der galt eindeutig Marie. Er nahm ihren Arm und bat sie, mit ihm ins PM-Institut zurückzufahren. Marie verstand das nicht richtig, doch sie folgte ihm wortlos.
Philipp brachte sie auf ihr Zimmer und setze sich neben sie. Wie sollte er ihr das jetzt erklären? Sie würde ihm nicht glauben. Er, der so positiv auf sie eingewirkt hatte, war es jetzt, der ihr den bevorstehenden Tod ankündigen sollte? Das brachte er nicht übers Herz. Niemals. Um Marie nicht zu beunruhigen, sagte er ihr, dass ihm eben ganz flau geworden sei, weil er seit der Geburt einen Herzfehler habe.
„Ich muss jetzt gehen“, fügte er entschuldigend hinzu, „wenn es mir wieder besser geht, komme ich wieder.“ Marie hatte Verständnis und ließ ihn gehen – ohne den üblichen Kuss.
Am Abend rief Philipp Onkel Chris an und bat ihn um Hilfe.
„Philipp, es tut mir leid, dass du nun schon wieder mit dem Tod konfrontiert wirst. Offensichtlich hast du eine besondere Affinität dazu geerbt. Damit musst du leider leben. Und höre: Du kannst Marie nicht helfen und du kannst auch nichts ändern, so sehr du das auch möchtest. Du musst dich damit abfinden. Wenn ein Leben zu Ende geht, musst du das respektieren.“
„Nein, Onkel Chris, damit werde ich mich nie abfinden.“