Читать книгу Das Post Mortem Phänomen - Peter M. Sauer - Страница 20
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13.07.2006. St. Gallen
Zur Abiturfeier in der großen Aula des ABA-Internats waren sie alle angereist: Carolin und Mäc mit Melanie und Onkel Chris. Philipp war zu seinen Eltern zuletzt in den Osterferien zum Skilaufen im Aletschgebiet gereist. Dort hatte er schon als Kind die Skischule während ihrer Urlaube besucht und kannte sich auf den Pisten gut aus. Hier war er immer in der Lage, sich während weniger Tage auf seinem Snowboard richtig zu erholen. Danach standen die Klausuren fürs Abi an und das hieß, konzentriert zu büffeln. Genau das hatte Philipp getan und sich mit seiner Begabung für die Naturwissenschaften ein sehr gutes Abiturzeugnis erarbeitet, worauf er jetzt außerordentlich stolz war. Im Nachhinein war er seiner Mutter und Onkel Chris dankbar, dass sie seinem Leben diese Richtung gegeben und alles ermöglicht hatten. Vielleicht wäre er in Bonn nicht so weit gekommen.
Philipp trug einen dunklen Anzug – das war bei solchen Feiern am Haus ABA Vorschrift – eine Krawatte hatte er jedoch abgelehnt. Sein schwarzes Haar, in das sich bereits ein paar kleine, weiße Strähnen stahlen, hatte er seit einem halben Jahr wachsen lassen, am Morgen mit etwas Gel zum Glänzen gebracht und streng nach hinten gekämmt. Er war sehr schlank geworden, wirkte elegant und ein wenig intellektuell. Dennoch war sein Teint blass geblieben und seine Augen lagen tief in den Höhlen.
Nach den offiziellen Feierlichkeiten lud Mäc alle in das beste Restaurant von St. Gallen ein. Er hatte alles prächtig organisiert und eine lange Rede gehalten. Melanie war jetzt 15 Jahre alt und sah in ihrem schicken, knielangen, champagnerfarbenen Sommerkleid sehr hübsch aus. Ihr langes blondes Haar war zu einem Pferdeschwanz frisiert, der mit einer sehr bunten, dünnen Schleife zusammengebunden war. Sie riecht umwerfend gut, dachte Philipp, als er ihr während der Fahrt zum Restaurant im Auto nahe kam. Dass sie vor allem aber sehr neugierig war und ihm die peinlichsten Fragen nach der Anzahl seiner bisherigen Freundinnen oder seinen Erfahrungen mit Drogen stellte, gefiel ihm gar nicht. Als sie dann später auch noch eine Zigarette rauchte und ein Glas Sekt trank, verlief Philipps Begeisterung für sie im Sande und er mied ihre Nähe.
Carolin war sehr stolz auf ihren Sohn, der seinem Vater inzwischen so ähnlich sah, sorgte sich aber gleichzeitig wegen seines Aussehens. Denn sein blasses Gesicht, die tief liegenden Augen und das beginnende Grau in seinem Haar befremdeten sie. Bei Hans war das alles nicht so gewesen. Chris blieb wie immer die Ruhe selbst und wirkte wie der Fels in der Brandung.