Читать книгу Das Post Mortem Phänomen - Peter M. Sauer - Страница 21
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Melanie blieb für Philipp an den kommenden Tagen dennoch sehr interessant, denn sie war ja seine Schwester. Er wollte herausfinden, ob sie so wie er selbst ebenfalls mit solch quälenden Problemen zu kämpfen hatte. Ohne, dass sie es merkte, beobachtete er Melanies selbstsicheres Auftreten bei allem, was sie unternahmen, genau. Ja, sie war schon sehr hübsch geworden, aber ihre offensichtliche Effekthascherei und ihre Oberflächlichkeit, die er lächerlich fand, waren noch so schrecklich pubertär und passten nicht zu den Ansprüchen, die Philipp an sich selbst stellte.
Er konnte kaum glauben, dass dieses Girly wirklich seine Stiefschwester war. Äußere Ähnlichkeiten konnte er zwischen ihnen kaum feststellen. Sie hatte im Gegenteil viel von Mäc: die hohe Stirn und den kurzen Augenabstand, der ihrem Gesicht, wie auch dem ihres Vaters, das typisch schmale Aussehen gab; dazu kam die überspannte Eitelkeit und das rücksichtslos selbstbewusste Auftreten. Von Carolin hatte sie die blonden Haare und den widerspenstigen Wirbel über der linken Stirnhälfte, den man nur zähmen konnte, wenn das Haar fest nach hinten gebunden wurde. Aber war er tatsächlich ihr Stiefbruder? So verschieden konnten doch zwei Kinder ein und derselben Mutter nicht sein. Denn eigentlich verband ihn nichts mit Melanie.
Unvermittelt schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er vielleicht adoptiert worden war. Schließlich war ihm längst aufgefallen, dass der Tag seiner Geburt fast genau neun Monate hinter dem Todestag seines Vaters lag. Wie war das möglich? Mutter hatte zwar immer betont, dass er wirklich und wahrhaftig der leibliche Sohn seines Vaters Hans Baltin sei. Daran solle er nie zweifeln. Aber Onkel Chris hatte mal erwähnt, dass seine Eltern vor seiner Geburt große Schwierigkeiten hatten, ein Kind zu zeugen. Er überlegte, dass sie vielleicht kurz vor dem Tod seines Vaters schon ein Kind adoptiert hatten, also ihn als kleinen Säugling. Und alle, die davon wussten, schwiegen. Jetzt überfielen ihn große Zweifel. War er wirklich das Kind seiner Eltern? Aber von der Mutter hatte er das große Muttermal auf der rechten Halsseite geerbt, das war klar. Sein Vater war angeblich Linkshänder gewesen, genauso wie er, ebenso konnte die naturwissenschaftliche Begabung nur von ihm stammen, denn die Stärken seiner Mutter lagen als Historikerin und Anglistin eindeutig im Schöngeistigen.
Einmal hatte er im Schreibtisch seiner Mutter zufällig die Blutspendeausweise seiner Eltern aus deren Studentenzeit gefunden. Beide besaßen die häufig vorkommende Blutgruppe A Rhesus positiv, wie er selbst auch. Diese Übereinstimmung sprach mit einer mehr als 90-prozentigen Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine genetische Abstammung vorlag, hatte Onkel Chris ihm damals auf seine Frage hin erklärt, sodass alles darauf hindeutete, dass er wirklich das Kind seiner Eltern war. Aber dennoch blieb das unterschwellige Gefühl eines Restzweifels in ihm zurück.