Читать книгу Gegen jedes Gebot - Philea Baker - Страница 12

Kapitel 7

Оглавление

12:00 Uhr

Hubert Fischer & Leonhard Eppig Brewery, Brooklyn

Xanthos schnaubte laut auf und trat augenblicklich zurück. Cochrane hielt sein Pferd fest am Zügel. Es war nicht das erste Mal, dass er mit ihm den East River überquerte, um nach Brooklyn zu gelangen, deshalb wusste er um die Angst seines Hengstes. Entschlossen führte er Xanthos vom festen Grund auf die leicht schwankende Fähre. Die Ohren hoch aufgestellt, widerwillig, folgte Xanthos seinem Herrn. Cochrane schritt mit ihm an das andere Ende der Fähre und suchte einen Platz an der Reling. Die Luft war lau, ein leichter Wind ging, die Sonne schien. Die Oberfläche des East Rivers kräuselte sich und warf kleine Schaumkronen auf. Cochrane atmete tief durch. Er mochte es, auf dem Wasser zu sein. An freien Tagen überquerte er oft mit der Fähre den East River, denn hinter Brooklyn war das Land weitläufig, und er genoss es, mit Xanthos über die Wiesen und Felder zu galoppieren und bei Brighton Beach zu picknicken, mit Blick auf das Meer. Allerdings war er nun nicht zum Vergnügen unterwegs. Er beabsichtigte, die Brauerei Fischer & Eppig aufzusuchen.

Während sein Blick an einem Segeldampfer hängen blieb, der gerade New Yorks Hafen ansteuerte, dachte er über seinen Besuch bei Thomas Byrnes in der Schurkengalerie nach. Am Nachmittag würde er sich die Akten, die Thomas ihm heraussuchen wollte, durchsehen.

Nach wenigen Minuten war die Fähre beladen und legte ab. Er sah auf die im Bau befindliche Brooklyn Bridge. Jeweils zwei große Türme ragten in den Himmel hinein. Nachdem John Augustus Roebling durch einen Unfall ums Leben gekommen war, hatte sein Sohn Washington die Leitung des Baus übernommen. Aber nachdem dieser in einem der Senkkästen gewesen war, war er – wie andere Arbeiter auch – erkrankt. Jetzt lag die Leitung des Baus in den Händen von Washington Roeblings Ehefrau Emily. In den Gazetten stand, dass sie sich in kürzester Zeit mit der Wissenschaft der Architektur befasst hatte und der Bau der Brücke unter ihren Händen erstaunlich gut voranschritt. Was niemand erwartet hatte, außer Victoria Woodhull natürlich: In ihrer Weekly hatte sie hierüber berichtet, als sei es selbstverständlich, dass eine Frau, die nie zuvor etwas mit Architektur zu tun gehabt hatte, eine Bauleitung übernehmen könne.

Xanthos’ Mähne wehte leicht im Wind, während sie den East River passierten. Kurz bevor sie anlegten, stieg er auf sein Pferd. Er konnte die Erleichterung Xanthos’ förmlich zwischen seinen Beinen spüren, als sie an Land gingen.

Die Brauerei Fischer & Eppig lag im Norden von Brooklyn, einer Gegend, die er nicht gut kannte. Mehrfach musste er anhalten und die Karte zu Hilfe nehmen. Schließlich erreichte er die Central Avenue, die an die kleinere Melrose Street angrenzte. Wie die Hell Gate Brewery war auch diese Fabrik aus roten Backsteinen erbaut. Allerdings war sie in allem kleiner: Sie hatte weder ihren Umfang, noch war sie so hoch gebaut. In einem unterschied sie sich jedoch nicht: Ein deftiger Malzgeruch lag in der Luft, je näher er dieser kam. Angewidert verzog er das Gesicht.

Leonhard Eppig mochte Mitte 40 sein. Er war mittelgroß, hatte einen mächtigen Bauch, einen Schnurr- und Kinnbart. Der Blick des Fabrikbesitzers lag konzentriert auf ihm, als er eintrat. Er hatte Fischer & Eppig per Telegramm über seinen Besuch informiert, Eppig mochte dementsprechend vorbereitet sein für das Gespräch.

»Inspector Cochrane, einen schönen guten Tag. Mein Kollege Hubert Fischer ist auf Reisen, von daher sind wir zu zweit«, begrüßte Eppig ihn.

»Einen guten Tag, Mr. Eppig«, erwiderte er und schüttelte dessen kräftige Hand.

»Haben Sie sich schon ein bisschen umgesehen? Unsere Fabrik geht hinten hinaus noch ein ganzes Stück weiter.«

»Bislang noch nicht. Ich bin direkt zu Ihnen gekommen.«

»Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen das Gelände später.«

»Sehr gerne.«

»Setzen wir uns. Was möchten Sie trinken? Wie wäre es mit einem Bier?«

»Für mich bitte nur ein Wasser. Ich bin im Dienst.«

Eppig lachte. »Ja. Ich vergaß.«

Er füllte zwei Gläser mit Wasser und sie nahmen in zwei Fauteuils Platz, zwischen denen ein kleiner runder Tisch stand.

»Wie Sie sicherlich bereits wissen, ist bei Ihrem Konkurrenten George Ehret eingebrochen worden.«

»Ja. Darüber habe ich gelesen. Ein schwerer Schlag für Ehret, zumal die Schrot- und Hammermühlen zerstört wurden. Wenn sie nicht reparabel sind, wird er neue in Deutschland bestellen müssen und es dürfte eine Weile dauern, bis sie hier sind.«

»Ehrets Brauerei ist die umsatzstärkste New Yorks, gefolgt von Ihrer. Im Rahmen meiner Ermittlungen ist es deshalb zwingend, dass ich Sie konsultiere …«

»… um zu klären, ob ich vielleicht dahinterstecke, weil ich von dem Verbrechen profitieren werde«, beendete Eppig den Satz.

Cochrane lächelte leichthin. »Natürlich, hierdurch zählen Sie zum Kreis derjenigen, die als Täter in Betracht kommen.«

»Ach!«, Eppig machte eine wegwerfende Bewegung, »so etwas würde mir im Traum nicht einfallen. Die Geschäfte laufen gut. Besser geht immer, aber das wäre niemals mein Weg. Ich bin ein Mensch, für den die Berufsehre oberste Prämisse ist.« Er machte eine kurze Pause. »Hat Ehret einen Verdacht gegen mich ausgesprochen?«

»Nein.«

»Dazu hätte er auch nicht den Mumm.«

Cochrane verengte die Augen zu Schlitzen. Genau dasselbe hatte Ehret über Eppig verlauten lassen. »Was veranlasst Sie zu dieser Annahme?«

»Ich kenne ihn, das veranlasst mich zu dieser Annahme. Wir sind zusammen in die Schule gegangen, in München. Natürlich liegt das viele Jahre zurück. Aber ein Charakter ändert sich normalerweise nie.«

»Was für ein Zufall, dass Sie zusammen in München in der Schule waren.«

»Hat er Ihnen das nicht erzählt?«

»Nein. Wie war Ihr Verhältnis zueinander damals?«

Eppig zuckte mit den Schultern. »Wir hatten unterschiedliche Freunde in der Klasse. Eigentlich haben wir nicht viel miteinander zu tun gehabt. Er war ein Bücherwurm, ein Streber, ich war immer unterwegs mit meinen Freunden.«

»Haben oder hatten Sie hier in New York Kontakt mit ihm?«

»Wir trafen uns letztes Jahr auf einer Abendgala. Tauschten ein paar Worte miteinander aus. Ansonsten haben wir keinen Kontakt. Jeder braut sein Bier allein. Ein Konkurrent muss kein Freund sein.«

Cochrane nickte nachdenklich. »Ehret kann den Bedarf seiner Kunden nicht mehr abdecken. Wie sieht es aus, haben Sie bereits Bestellungen dieser erhalten?«

»Die ersten Bestellungen sind eingetroffen. Es werden sicherlich noch mehr folgen. Deshalb werde ich heute mit der Planung von Sonderschichten beginnen. Wir haben einiges Bier auf Lager, aber für einen größeren Kundenstamm werden wir mehr brauen müssen und zwar zügig. Der Brauprozess dauert.«

»Somit haben Sie alle Hände voll zu tun.«

»Ja.«

»Kommen Sie, zeigen Sie mir Ihre Fabrik. Ich würde mich gern umsehen. Lange möchte ich Sie nicht aufhalten. Meine Fragen sind soweit beantwortet.«

Eppig stand auf. »Dann gehen wir mal.«

Gegen jedes Gebot

Подняться наверх