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Kapitel 4

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21:45 Uhr

Cochranes Wohnung, Midtown

Die Geräusche von Hufgetrappel und Kutschenrädern, die lautstark auf das Pflaster trafen, drangen durch das offene Fenster in Inspector Cochranes Wohnung. Er hatte seine Füße auf einem Stuhl und seinen Kopf lässig im Sessel liegen, während er auf den allmählich dunkel werdenden Abendhimmel hinausblickte. Auf einem Stuhl neben sich hatte er ein Glas Gin Fizz stehen, von dem er von Zeit zu Zeit nippte. Noch immer meinte er den unangenehmen Malzgeruch der Hell Gate Brewery an sich wahrzunehmen, obwohl er sich gewaschen hatte und eine frische Leinenhose trug.

Die Besichtigung in der Brauerei hatte keinen Hinweis auf die Täter oder das Geschehen gegeben. Das große Tor im Mauerwerk auf der hinteren Seite der Fabrik war unversehrt, genau wie Ehret ihm in seinem Büro zuvor mitgeteilt hatte. Von diesem Tor aus wurden die Fässer üblicherweise auf Kutschen geladen und zu den Verkaufsstellen gebracht, hatte Ehret ihn wissen lassen. Spuren waren auf den Pflastersteinen vor dem Tor nicht zu finden gewesen. Ein zweiter gepflasterter Weg führte durch eine weitläufige Wiese, die trostloses Brachland darstellte, zum Hudson River. Ehret hatte seine Vermutung bestätigt, dass auf diesem Weg Schiffe mit der Ware der Fabrik beladen wurden. Er hatte das Bild, das sich ihm geboten hatte, diese Weite, intensiv auf sich wirken lassen und noch immer sah er es vor seinem inneren Auge. Es lag etwas Schönes darin, denn es barg Ruhe und war somit ein angenehmer Kontrast zum Trubel, der in der Stadt herrschte.

Auch das Tor, welches ins Innere der Fabrik führte, hatte keinen Hinweis auf das Geschehen in der Nacht gegeben, denn es wies keine Schäden auf. Im Flur und Kellergewölbe wie auch in den Kühlhallen, in denen das Bier gelagert wurde, war ebenfalls alles unauffällig gewesen. Niemals hatte er einen Tatort gesehen, der nichts, rein gar nichts preisgab, außer: dass er nichts preisgab. Diese Tatsache enthielt eine Botschaft, er wusste es. Und deshalb war er auch nicht erstaunt über die weiteren Ergebnisse, die folgten.

Nach der Besichtigung hatte er mit den drei Wächtern der Frühschicht gesprochen. Diese hatten ihm die Wächter der Nachtschicht beschreiben können, wussten aber weiter nichts über sie zu berichten. Dann war er zu den Wohnungen der drei Nachtwächter gefahren, um dort zu erfahren, dass keiner der Vermieter die Männer kannte. Er hatte im Anschluss das Schifffahrtsmeldeamt im Süden New Yorks aufgesucht, um sich zu erkundigen, ob, und wenn ja, welche Schiffe den Hudson River in der Nacht passiert hatten. Keines, hatte man ihm mitgeteilt.

Das bedeutete, dass das Diebesgut sehr wahrscheinlich durch die Stadt weggeschafft worden war. Zurück im New York City Police Department, kurz NYPD genannt, hatte er vier Sergeanten losgeschickt, die in der unmittelbaren Nachbarschaft der Hell Gate Brewery nach besonderem Verkehrsaufkommen oder Ungewöhnlichem in der Nacht fragen sollten. Aber auch diese Ermittlungen waren ergebnislos geblieben. Wie nur war es den Dieben gelungen, unbemerkt 200 Fässer abzutransportieren? Die Frage beschäftigte ihn jetzt in seinem Zuhause noch immer.

Angus Farrell, sein Vorgesetzter und Chef des NYPD, mit dem er die Sachlage besprochen hatte, hatte seine Vermutung, dass hinter dem Einbruch ein kreativer Kopf stecken müsse, geteilt – und ihm eine Idee mitgegeben. »Dass dem so ist, dass es keine Spuren gibt, bedeutet: Dies ist die Spur«, hatte er nach seinem Bericht gesagt. »Um Ware dieser Größenordnung unbemerkt verschwinden zu lassen, bedarf es Cleverness, Vorbereitung und einer guten Organisation. Wir können davon ausgehen, dass die Nachtwächter Teil des Plans waren, da die angegebenen Adressen nicht stimmen. Wenn Sie die Frage, wie die Fässer weggeschafft wurden, im Moment nicht lösen können, stellen Sie sich die Frage, wo sie jetzt sind. Und ob es jemanden gibt, der ein persönliches Motiv haben könnte, Ehret zu schaden. Wenn die Ermittlungen in diese Richtung nichts ergeben, müssen wir davon ausgehen, dass dahinter eine Gang steckt. Dann wird dahingehend weiter­ermittelt.«

Nach dem Gespräch mit Farrell hatte er eine Pressemitteilung aufgesetzt und abgeschickt, danach hatte er das Büro verlassen und den Heimweg angetreten.

Er griff nach seinem Glas und nahm einen Schluck Gin Fizz. Inzwischen war es dunkel. Die Wohnung im obersten Stock erlaubte ihm den Blick auf den mit Sternen übersäten Nachthimmel. Der Fall war nach seinem Geschmack, auch wenn es dabei um Bier ging. Bisher hatte er Morde geklärt, noch nie hatte er einen Diebstahlsfall gehabt. Bei ersterem waren zumeist persönliche Motive die Auslöser der Tat gewesen – bei diesem Fall ging es vermutlich um Geld. Denn Ehrets Bier war das beliebteste New Yorks.

Die Frage, wie das Bier unbemerkt hatte abtransportiert werden können und wo es zum jetzigen Zeitpunkt sein könnte, ließ ihn nicht los. Irgendwo musste dieses Bier schließlich gelagert, verkauft und zu Geld werden. Es gab Tausende von Bars und Pubs in New York … und kein Besitzer, der auf unlauterem Wege Hell-Gate-Brewery-Bier erstand, würde etwas hierüber verraten. Das hieß, er musste eine Menge Männer aufbringen, Bars und Pubs beschatten lassen, Glück haben.

Er nahm sich vor, Fischer & Eppig und auch Jacob Ruppert am nächsten Tag aufzusuchen. Ehret vermutete eine Gang … Nun, es gab unzählige Gangs: Die Hook Gang, die Whyos und viele mehr. Aber sollte eine dieser Gangs wirklich so clever sein, ein derartiges Unternehmen planen und umsetzen zu können? Er würde Thomas Byrnes aufsuchen, einen jungen Polizisten, der begonnen hatte, Fotografien von Kriminellen zu sammeln und eine Schurkengalerie zu erstellen. Vielleicht war das eine Möglichkeit, die Fährte aufzunehmen. Ferner gab es noch eine weitere Sache, die er im Auge behalten musste: Das Bier musste gekühlt werden, sonst verdarb es – das hatte Ehret ihn zuletzt wissen lassen. Demzufolge musste er nicht nur nach Lagermöglichkeiten suchen, sondern auch nach solchen, die Kühlung boten oder Kühlgeräte aufwiesen …

Gegen jedes Gebot

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