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d) Persönliche Lebensverhältnisse

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Fragen nach den persönlichen Lebensverhältnissen des Bewerbers – wie insb. Familienstand (ledig, verheiratet, geschieden, nichteheliche Lebensgemeinschaft), sexuelle Identität (vgl. § 1 AGG), Kinderzahl/-wunsch, Religions- und Parteizugehörigkeit, Verfassungstreue, erfolgte oder geplante Geschlechtsumwandlung – sind grundsätzlich unzulässig. Denn hierbei handelt es sich um Umstände, die für das Arbeitsverhältnis regelmäßig irrelevant sind. Das gilt aber nicht apodiktisch:

(1) Die Fragen nach eventuellen Verwandtschaftsverhältnissen im Betrieb kann legitim sein, um Nepotismus vorzubeugen, aber ggf. auch, um sicherzustellen, dass nicht Kontrollmechanismen an verwandtschaftlicher Verbundenheit scheitern (z.B. Controllerin, die die Tätigkeit ihres Mannes überwachen müsste)[41].

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(2) Umstritten ist, ob die Frage nach dem Lebensalter zulässig ist. Das wird nach dem Inkrafttreten des AGG verbreitet abgelehnt.[42] Richtigerweise wird man die Frage dagegen grundsätzlich für zulässig halten können, kann der Arbeitgeber doch den Werdegang des Bewerbers und dessen Leistungen oft nur adäquat einschätzen, wenn er dessen Alter kennt (Motto: „Leistung = Arbeit geteilt durch Zeit“).[43]

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(3) Von dem grundsätzlichen Verbot, nach der Religionszugehörigkeit zu fragen, existieren Ausnahmen:

Ein Fragerecht ist zunächst denkbar, wenn der einstellende Arbeitgeber eine Religionsgemeinschaft ist. Allerdings gilt das nicht für jede zu besetzende Position, sondern nur für solche, die für die Religionsbetätigung von Bedeutung sind. Dabei kann zwischen dem „verkündungsnahen“ und dem „verkündungsfernen“ Bereich unterschieden werden: Während die Tätigkeiten im verkündungsnahen Bereich für die Ausübung und Verwirklichung der kirchlichen Lehren von (großer) Bedeutung sind (z.B. Pfarrer), spielen diejenigen im verkündungsfernen Bereich keine oder jedenfalls nur eine untergeordnete Rolle (z.B. Hausmeister). Entsprechend besteht nur bei der Besetzung von Stellen im verkündungsnahen, nicht aber im -fernen Bereich ein Fragerecht nach der Religionszugehörigkeit (s. auch Rn. 265).
Auch bei nicht-kirchlichen Arbeitgebern wird man ein Fragerecht bejahen können, soweit es darum geht, festzustellen, ob der Bewerber aus religiösen Gründen gehindert wäre, den Arbeitspflichten nachzukommen (Beispiel: Muslim als Alkoholverkäufer).[44]
Scientology wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht als geschützte Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft angesehen,[45] so dass richtigerweise nach einer Mitgliedschaft uneingeschränkt gefragt werden darf.[46]

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(4) Nach der Parteizugehörigkeit kann ggf. gefragt werden, wenn Arbeitgeber eine politische Partei oder ein sonstiger Tendenzbetrieb – insb. ein (Zeitungs-)Verlag – ist, kann es doch in beiden Fällen notwendig sein, über eine entsprechende Frage sicherzustellen, dass nicht Anhänger der „falschen“ politischen Richtung eingestellt werden. Nach einer Mitgliedschaft in der ehemaligen SED oder eine Tätigkeit beim MfS („Stasi“) kann im öffentlichen Dienst[47] und bei solchen privaten Arbeitgebern gefragt werden, die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben eng verbunden sind.[48]

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(5) Die Frage nach einer eventuellen Gewerkschaftszugehörigkeit ist vor Begründung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich rechtswidrig. Zwar kann die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft wegen der Anwendbarkeit von Tarifverträgen (§§ 4 I, 3 I TVG, s. Rn. 100) von erheblicher Bedeutung für das Arbeitsverhältnis sein, die Gefahr, dass der Arbeitgeber Bewerber allein wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit nicht einstellt, läge aber auf der Hand, so dass die Frage als nach Art. 9 III 2 GG unzulässige Beschränkung der Koalitionsfreiheit anzusehen ist.[49]

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Zulässig ist die Frage somit erst nach Einstellung und selbst dann nur, wenn sie für die Tarifbindung von Bedeutung ist (d.h. nicht, wenn entweder im Betrieb ohnehin keine Tarifverträge gelten oder ohnehin auf alle im Arbeitsvertrag Bezug genommen wird).[50]

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