Читать книгу Berlin liegt in Frankreich - Philipp Skoeries - Страница 10
ОглавлениеEy, Alter, ey!
Hi!“, sang es ihm entgegen. Zwei Affenmädchen standen goldbehangen und außerordentlich aufgedonnert vor ihm. „Was bist du denn für ein Süßer?“, kicherten sie ihm zu.
Rico stammelte, sichtlich erleichtert, aber auch schon wieder etwas ärgerlich: „Was riecht hier so seltsam?“
Zugegeben, es klang eher, als brummte er es vor sich hin.
Die Gorillamädchen kicherten wieder.
„Das ist 111 Flanel Bleur, hihihi!“
„Das klingt irgendwie französisch“, wunderte sich Rico laut. Waren das Affen aus Frankreich?
„Französisch?“, kreischten ihm die Mädchen entgegen. „Warum französisch?“
„Ähm, keine Ahnung“, brummte Rico. „Ich mag Frankreich“, fügte er schüchtern hinzu.
Nun wandelte sich der Blick der Mädchen in eine Mischung aus Langeweile, Unverständnis und Gleichgültigkeit. „Aha“, meinten sie. „Wer bist du eigentlich?“, fragte die größte, anscheinend mutigste von ihnen und sie wippte ihren Kopf dabei, sodass ihre großen Creolen nach links und rechts schwangen.
Rico überlegte einen Moment. Diese Mädchen wirkten nicht so, wie er sich echte Franzosen vorstellte. Aber er wollte es wagen. Er wollte das wagen, was er schon lange hätte machen sollen. Er wollte nicht mehr Rico sein. Er wollte nicht mehr jemand sein, den er selbst nicht leiden konnte. Er wollte sich neu erfinden. „Ich bin …“, sagte er zögernd. „Ich bin …“, wieder eine Pause und dann fuhr er schließlich mit entschlossener Stimme fort: „Ich bin Jean-Pierre Gargouille!“
Für einen Moment sahen ihn die Gorillamädchen an, als käme er von einem anderen Stern. Oder zumindest aus Frankreich. Dann aber verfielen sie in lautes Gelächter und kugelten sich fast vor Lachen, während sie wieder und wieder kreischten: „Scho Pjer, hahaha – Scho Pjer!!“
Rico wurde dieses Mal nicht wütend. Er schämte sich. Er wusste gar nicht, warum, schließlich klang „Jean-Pierre Gargouille“ unglaublich interessant. Wie ein französischer Schriftsteller. Oder ein französischer Wein? Jedenfalls klang es nicht nach diesen primitiven Gören und ihren Gorillafreunden.
Missmutig schritt er in einen abgelegenen Teil der Lichtung. Aber sein Auftritt war nicht unbemerkt geblieben. Drei junge Gorillas, deutlich kleiner als Rico, näherten sich ihm mit schnellem Schritt.
Er versuchte, ein wenig zurückzuweichen, aber hey, das war nicht wirklich seine Art. Also standen die drei nach kurzer Zeit vor ihm, im Hintergrund die schallende Musik.
„Hey, Alter!“, meinte einer von ihnen. „Hast du gerade Chantal angemacht, oder was?“
Rico wurde wütend und schrie: „WAS BILDET IHR DREI MUSKETIERE EUCH ÜBERHAUPT EIN? UND WER IST CHANTAL? Moment: Ist das jemand aus Frankreich?“
ZACK! Schon landete die erste Faust krachend in seinem Gesicht und er wusste gar nicht, wie ihm geschah, da hatte er schon die nächste verpasst bekommen. Rico riss sich los, schubste einen der Halbstarken mehrere Meter zur Seite (das heißt, besser gesagt, er flog mehrere Meter zur Seite) und verpasste einem anderen einen Tritt in den Hintern, wodurch dieser in einer etwas weiter entfernten Baumkrone hängen blieb.
Der dritte Affe aber war gar nicht einmal so einfältig, wie er laut Ricos Ersteinschätzung aussah. Denn er hielt kurz inne, packte dann zwei seiner Finger in den Mund und pfiff lautstark!
Die Musik ging aus, alle blickten in seine Richtung und damit auch in Ricos. „Ey, Alter, ey, der fremde Typ hier hat meine Freundin angemacht!“, schrie er lauthals zu seinen Kameraden hinüber.
„Auf ihn!“, hallte es zurück, als würde eine Armee den Befehl eines Offiziers bestätigen, und eine ganze Affenhorde machte sich nun auf die Beine. Von allen Seiten liefen sie auf Rico zu, bis er komplett umstellt war.