Читать книгу Berlin liegt in Frankreich - Philipp Skoeries - Страница 19

In der Arena

Rico stand auf Sand. Ein ungefähr zwanzig Meter großer Radius um ihn war aus Sand. Und außenrum eine geifernde Zuschauermenge, die mit Armen und Beinen stampfte, um sich schlug, grölte und schrie. Er war hinter einem schwarzen Zelt versteckt, das ihn vor den neugierigen Blicken der Menge schützen sollte, denn anscheinend war er eine Attraktion.

Er fühlte sich nicht nur allein in diesem Zelt, er war es. Er hatte sich in eine Situation hineinmanövriert, die von seinem erträumten Frankreich so weit entfernt war wie irgend denkbar.

Eine Glocke ertönte dreimal und eine Art Ringrichter erschien. Es war ein durchgeknallter Schimpanse, der den Kampf moderieren sollte. Er trug ein Clownskostüm mit integrierten Stelzen. Dadurch überragte er Rico um mindestens einen Meter und sein wirres Lachen erschien noch grausiger.

„Meine Damen und Herreeeeen! Begrüßen Sie die armen Wichte, die sich hier im Ring gleich die Nase und die Schädel blutig schlagen werden. Zu meiner Linken die Ente Scharlataaaaaaaaaan. Zu meiner Rechten der Hund Wuff und die Katze Miau. Doch das ist noch nicht alles. Meine Damen und Herreeeeeeeeeeeen“ – er betonte das „Herren” noch ein wenig mehr – „einen Riesenapplaus für unsere zwei Schimpansen, Grizzly und Bertaaaaaaaaaaaa!“ Dabei zog er das A so lang, bis ihm die Luft ausging.

Das Publikum applaudierte artig und aller Augen waren gespannt auf die verlorenen Seelen gerichtet, die nervös im Ring standen. Nur die zwei Schimpansen schienen sehr von sich überzeugt. Einer von ihnen klopfte wie ein Gorilla mit den Händen auf seine Brust und schrie: „Ich mach dich fertig, Altaaaaa, ey!!“ Der andere ballte die Faust und streckte seinen Arm in die Luft. „Für meine Heimat und meine Familieeeee, Altaaaaa.“

Rico hörte die Schreie durch das kleine Zelt, das ihn verdeckte, und vergrub sein Gesicht in den Händen. Was für ein Mist!

Der Ringrichter, der offensichtlich sehr gerne im Mittelpunkt stand, ließ sich vom Trubel nicht beirren und fuhr mit seiner Moderation fort: „Doch nun sehen Sie selbst, meine Damen und Herreeeeeeeeen! Das Ungeheuer aus dem Urwald! Der hässlichste, unheimlichste, wildeste SILBERRÜCKEN“, es klang, als wolle er das Wort so langsam und laut sprechen, dass es auch noch die Personen außerhalb der Halle 2 hören konnten, „den sie JEMALS gesehen haben!“

Das Zelt wurde geöffnet und ein Raunen ging durch den Saal. Die meisten in der geifernden Menge waren Schweine. Und offenbar auch relativ arm, womöglich vom umliegenden Land. Der Kampf schien eine Art Höhepunkt ihres Stadtbesuches zu sein. Aber es waren auch Enten, Katzen, viele Hunde und einige Schimpansen unter den Zuschauern.

George Hampelton versuchte, näher an Rico heranzukommen. Er schrie in seine Richtung: „Jean-Pierre, das ist dein Tag! Leichter kommst du nie mehr nach Frankreich!“

Ein Scheinwerfer wurde angeschaltet, der die Szenerie und ihre Protagonisten stärker ausleuchtete. Rico schnaubte. Ein Hund, eine Katze, zwei Schimpansen und eine Ente als ernsthafte Gegner? Seine Gedanken wurden abrupt unterbrochen, denn wieder erklang eine Glocke dreimal.

„Der Ring ist eröffnet! Auf Leben oder Tod! Möge der Bessere gewinneeeeeeeeeen“, jauchzte der Ringrichter entzückt und vollführte einen wilden Luftsprung.