Читать книгу Berlin liegt in Frankreich - Philipp Skoeries - Страница 17
ОглавлениеDie Stadt der Arbeit
Ein wunderschöner Sonnenaufgang begrüßte Rico und George, als sie die Stadt der Arbeit erreichten. Sie traten aus dem Wald – und da lag sie vor ihnen. Der Himmel war blau-orange und nur ein paar Wolken schwebten über der Silhouette,
die sich mächtig und glitzernd vor ihnen erhob. Es schien, als seien Wolken und Sonne nur dafür gemacht, sie verheißungsvoll auszuleuchten und den Neuankömmlingen zu versprechen: Es wird euch gefallen!
Die beiden waren früh aufgestanden und, ohne viel zu reden, weitergewandert. Der Anblick der Stadt beim Hinaustreten aus dem Wald wurde weder von Rico noch von George kommentiert. Sie genossen den Ausblick einfach wortlos.
Einige Minuten vergingen, vielleicht sogar eine halbe Stunde, bis die beiden sich wieder vom Anblick lösen konnten und den Weg in die Stadt fortsetzten. Es sollte noch über eine Stunde dauern, bis sie schließlich am Stadttor ankamen, aber es war eine Stunde voller Erwartungen, eine Stunde, in der die beiden wieder kein Wort wechselten, denn beide genossen den Anblick und beide verbanden ganz eigene Hoffnungen damit. Es war wie ein Aufbruch in ein neues Leben, denn der Wald, durch den sie tagelang gewandert waren, lag nun endlich hinter ihnen. Schließlich, nach langem Fußweg, kamen sie am Stadttor an.
„Ausweispapiere!”, forderte ein dicker Riese, der am Stadttor stand. Er wirkte gelangweilt und fordernd zugleich.
George Hampelton hatte an Eintrittskontrollen gedacht und war demnach bestens vorbereitet. Er zückte einen Ausweis. Der Riese musterte George nur aus den Augenwinkeln, ohne den Kopf zu bewegen. Dann winkte er ihn wortlos durch.
Nun war es an Rico, aber wie man sich vorstellen konnte: Rico hatte natürlich keinen Ausweis.
„Ausweispapiere!”, forderte der Riese – er sah irgendwie reptilienartig aus, aber Rico konnte die Tierart nicht wirklich einordnen.
Rico stotterte: „Ich, ähem … so etwas habe ich nicht, beziehungsweise … ich muss meinen Ausweis wohl verloren haben.“
„Beantragen Sie einen Gästeausweis am Tor A53“, instruierte der Torwächter ihn gelangweilt. „Der Nächste bitte!”
Rico sah George an. Der verdrehte die Augen. „Du hast keinen Ausweis für die Stadt der Arbeit?”, murmelte er etwas vorwurfsvoll.
„Ich soll WAS haben? WOHER SOLL ICH DAS DENN WISSEN?” Rico wurde schon wieder etwas zu laut. Das Riesenreptil musterte ihn aus dem Augenwinkel. Rico lächelte gekünstelt zu ihm rüber. „Alles in Ordnung! Tor A53 – äh, wir gehen dahin.“
Wortlos wanderten die beiden an der Stadtmauer entlang. „Wo zur Hölle ist denn Tor A53?”, raunte Rico George zu.
„Also, da bin ich etwas überfragt”, meinte George. „Schauen wir mal: Das hier war gerade Tor C182, das klingt mir nicht danach, als wären wir auch nur ansatzweise in der Nähe von A53.“
Nun, es dauerte geschlagene vier Stunden, bis die beiden endlich am Tor A53 angekommen waren. Danach mussten sie dummerweise von dort zu Tor D35, um letztendlich Einlass im sogenannten Gästeeinlassportal zu erhalten. Ricos Laune war an einem Tiefpunkt.
Endlich am Tor D35 angekommen, stand wieder ein Riesenreptil vor ihnen, musterte sie mürrisch aus den Augenwinkeln und – ließ sie gewähren.
„EIN BESCHEUERTER GÄSTEAUSWEIS UND DAFÜR LAUFEN WIR UNS DIE FÜSSE KAPUTT?!”, platzte es geradewegs aus Rico heraus, als sie das Tor endlich passiert hatten. Aber es verschlug ihm gleich wieder die Sprache. Denn die Stadt der Arbeit sah von innen nicht so aus, wie Rico es sich vorgestellt hatte. Sie glitzerte auch nicht so schön wie aus der Ferne.