Читать книгу Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939 - Raphael Hülsbömer - Страница 14

Ernennung des neuen ‚Diözesanbischofs‘ vor Wiederherstellung der Diözese?

Оглавление

Die Situation gestaltete sich zunehmend komplex. Auch Pater Watzl „hilft uns nicht über die momentane Schwierigkeit hinweg“104, resümierte Bertram am 8. Februar gegenüber Pacelli. Dabei hatte der Redemptorist eine Woche zuvor dem Breslauer Kardinal zunächst etwas Positives berichtet: Das Bautzener Domkapitel sei bereit, zu akzeptieren, „dass der neue Bischof als erster der wiedererrichteten Diözese vom h[eiligen] Stuhle frei ernannt wird, auch ohne vorherige Befragung der Kapitularen“105. Damit hatte Watzl Pacellis Wunsch entsprochen, das Kapitel in diese Richtung gestimmt und anders als Bertram gedacht hatte letztlich „keinen erheblichen Widerstand gefunden“106. Allerdings scheint es, dass die Kapitulare davon ausgingen, nur bei der ersten Besetzung nicht wählen zu dürfen, bei den nachfolgenden den Bischof jedoch bestimmen zu können.

Watzl sah Schwierigkeiten jedoch bei dem Plan, die Ernennung des neuen Oberhirten schon vor der Aufrichtung der Diözese Meißen – „also noch als Domdechant und Apost[olischen] Vikar“107 – zu vollziehen, denn hier schrieb die bisherige Rechtsordnung die Kapitelswahl vor. Diesbezüglich habe ihm Pacelli – so Watzl in seinem Brief an Bertram – bei ihrer Unterredung kurz vor Weihnachten ein Versprechen gegeben: „Exz[ellenz] Pacelli sagte mir ausdrücklich, dass das Apostolische Mandat, auf welches sich das Wahlrecht des Kapitels für die Administratur stützt, nicht aufgehoben werde, solange die alten Zustände dauern, zumal es noch im Ernennungsbreve des verstorbenen Bischofs ausdrücklich anerkannt ist.“108 Die beiden hatten also schon über die Frage der Besetzung des Vikariatspostens vor oder nach der Bistumsgründung diskutiert und für Watzl war bereits damals klar gewesen, dass rechtlich der Weg für eine freie Einsetzung des Oberhirten durch den Heiligen Stuhl erst nach der kirchlichen Umstrukturierung frei war:

„Mein unwiderstehlichstes Argument bei der oben angedeuteten Diskussion war der Hinweis, dass das Mandat mit der Wiedererrichtung der Diözese erlösche, das Domkapitel seinen Auftrag cum laude erfüllt habe, mit der Beseitigung des Provisoriums aber der h[eilige] Stuhl selbstverständlich nach dem neuen Rechte im Wege der freien Ernennung vorgehen werde.“109

Die Zusage des Nuntius erscheint wohl am ehesten sinnvoll, wenn er zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, dass die Sedisvakanz des zweifachen Amtes erst nach der Bistumsgründung durch den dann neu zu definierenden Besetzungsmodus beendet würde. Als dann wenige Tage nach den Gesprächen mit Pater Watzl die Schilderungen des ehemaligen Königs eintrafen, der sich deutlich für eine umgekehrte Reihenfolge aussprach, überdachte Pacelli offensichtlich seine bisherige Position und begann, eine Ernennung des Vikars und Administrators, der später der künftige Diözesanbischof werden würde, schon vor der Bistumsgründung zu erwägen. Diesem Gedanken, den auch Bertram befürwortete, erteilte der Pater jedoch eine Absage: Die Bautzener Domherren dazu zu bringen – so Watzl –, „dass sie sich in eine freie Ernennung des Domdechanten und Apostol[ischen] Vikars vor Redintegration des Bistums finden, halte ich für aussichtslos“110. Besonders die wendischen Kanoniker und Katholiken wären in höchstem Maße unzufrieden, wenn die Administratur des ihren Reihen entstammenden Skala ein so jähes Ende nähme.

Was schließlich die Frage nach einem künftigen, rechtlich fixierten Bischofswahlrecht anbelangte, von dem das Kapitel wie gesagt auszugehen schien, so zeichnete Watzl ein für die Kanoniker ernüchterndes Bild:

„Wolle man unter Hinweis auf das alte Meißner Bistum für das Kapitel ein Bischofswahlrecht, so sei das eine Gnade des h[eiligen] Stuhles, um die man erst ansuchen müsse. Dieser werde jedenfalls in dieser Frage uniform für ganz Deutschland vorgehen, da diese Frage auch für andere Kapitel akut sei. Bis zur Zeit, wo in Sachsen ein Bischof ernannt werden muss, sei an eine Klärung des Modus nicht zu denken. Dass ein Privileg erbeten werden müsse, ergibt sich ja auch daraus, dass den neuen Bischof nicht sein ehemaliges (Meißner), sondern das Bautzener Kapitel wählen wolle, dem dieses Recht nie zukam.“111

Angesichts dieser Ausführungen schien Bertram ratlos. Er betonte am 8. Februar ausdrücklich gegenüber Pacelli, dem er Watzls Schreiben zukommen ließ, dass es schädlich wäre, wenn die Einsetzung des Bischofs erst nach der Neuumschreibung der Diözese erfolgen würde. Deshalb dachte er über folgende Lösung nach: Der neue Bischof könnte sein Gehalt von einer vakant bleibenden Domherrenstelle des Bautzener Kapitels beziehen. Dann hätte der Bischof nämlich nicht gleichzeitig das Kapitelsdekanat inne, dessen Besetzung man daher wie bisher der Kapitelswahl überlassen könnte. Pacelli äußerte sich in seiner Entgegnung fünf Tage später nicht zu dieser Variante.112 Er wünschte aber, die Einschätzung des Redemptoristen darüber zu hören, sobald Bertram von ihr Kenntnis habe.113

Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939

Подняться наверх