Читать книгу Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939 - Raphael Hülsbömer - Страница 23
Schreibers Amtsantritt und die Opposition der Dresdener Geistlichkeit
ОглавлениеDas Exemplar der Ernennungsbulle Schreibers, das für das Bautzener Kapitel und die Katholiken der neuen Diözese vorgesehen war, datierte auf den 12. August.300 Am 20. des Monats telegraphierte der Kardinalstaatssekretär, dass auch die für Schreiber selbst bestimmte Bulle losgeschickt worden sei.301 Da offensichtlich war, dass sie nicht bis zum anvisierten Weihetermin eintreffen würde, erlaubte der Papst nach Gasparris Angaben, die Weihe trotzdem vorzunehmen. Von dieser Erlaubnis unterrichtete Pacelli sofort den neuen Bischof und den Domdekan.302 Ersterer telegraphierte umgehend zurück, dass der 24. August zu kurzfristig sei, um die Weihezeremonie zu organisieren.303 Man hatte sich in der Apostolischen Kanzlei also umsonst beeilt, die Dokumente zu verfassen. Skala schlug – nach mündlicher Vereinbarung mit Schreiber – als Ausweichtermine den 8. beziehungsweise 11. September vor, das Fest Mariä Geburt oder den darauffolgenden Sonntag,304 und wollte vom Nuntius wissen, ob die römische Genehmigung auch für diese Termine Geltung beanspruchen könne.305 Obwohl Pacelli diese Frage bejahte, war damit noch nicht das endgültige Datum für die Weihe Schreibers gefunden.306 Offenbar war die Zeitspanne für den neuen Oberhirten immer noch zu knapp, weshalb er dem Nuntius als mögliche Termine den 14. beziehungsweise 21. September anzeigte, das Fest der Kreuzerhöhung beziehungsweise des heiligen Apostels Matthäus. Daraufhin fragte Pacelli sicherheitshalber doch bei Gasparri an, ob an einem der beiden Tage die Ordination erfolgen konnte.307 Als die Ernennungsbullen schließlich Anfang September eintrafen, hatte sich Schreiber für das erstgenannte Datum entschieden, wie Schmitt dem Nuntius berichtete.308 Dieser holte infolgedessen die Weihekonzession des Papstes beim Kardinalstaatssekretär ein, die er an den Fuldaer Oberhirten weiterreichte.309 Nachdem Pacelli das Decretum executionis, das Ausführungsdekret der Bulle zur Wiedererrichtung der Diözese Meißen, am 10. September nach Bautzen gesandt hatte, stand Schreibers Besitzergreifung des Bistums nichts mehr im Wege.310 Der Nuntius sprach dem neuen Bischof seine Glückwünsche aus und versicherte, am 14. des Monats, dem Weihetag, geistig in Fulda anwesend zu sein.
Die Ordination Schreibers in festo Exaltationis Crucis nahm – wie bereits erwähnt – Bischof Schmitt unter der Assistenz der Bischöfe Klein von Paderborn und Kilian von Limburg vor. Unmittelbar nach der Besitzergreifung und Inthronisation in Bautzen vier Tage später entrichtete Schreiber dem Nuntius seine Grüße und demonstrierte damit seine Achtung vor dem päpstlichen Gesandten.311 Nach Ablauf der ersten beiden Wochen, in denen Schreiber im Amt war, zog Pater Watzl ein positives Fazit: „M[onsignore] Schreiber hat sich in Sachsen außerordentlich gut eingeführt und genießt bei den Protestanten bereits hohes Ansehen.“312 Während die Frage des eigenen Haushalts gelöst sei, bestünden jedoch Spannungen mit den Verantwortlichen des ehemaligen Apostolischen Vikariats in Dresden.313 Diese konfliktgeladene Atmosphäre blieb auch in den nächsten Monaten bestehen. Mitte Mai 1922 berichtete Watzl nicht nur von einem verschärften Widerstand aus den Kreisen deutscher Geistlicher der sächsischen Erblande, sondern auch von Widerstrebungen seitens wendischer Katholiken:
„Wir machen hier schwere Zeiten durch! Die Dresdener kath[olisch]-geistl[iche] Behörde führt einen erbitterten Kampf gegen Bischof und Domkapitel und verrät jede geplante Unternehmung an das Kultusministerium, um so wirksamer Schwierigkeiten machen zu können! Gewisse Wenden treten der Autorität des Bischofs in empfindlicher Weise nahe und die prot[estantische] wendische Zeitung: ‚Serbske Nowiny‘ bringt bereits seit mehreren Wochen fast täglich wütende Artikel (aus der Feder kathol[ischer] Geistlicher, zumeist!), die die Maßnahmen des Bischofs … in unqualifizierbaren Ausdrücken bekämpfen.“314
Erschwerend zu dieser permanenten Drucksituation gesellte sich die Fülle zu leistender Arbeiten. Daher wiederholte Watzl seine frühere Befürchtung, der neue Ordinarius, dessen Episkopat so vielversprechend begonnen habe, könnte „der Last nur zu bald erliegen“315. Aus all dem zog der Redemptorist eine eindeutige Lehre:
„Immer mehr bestätigt sich die Annahme, dass es in Sachsen unmöglich wäre, das Recht der Bischofswahl zu verleihen. Es ist ein Segen, wenn Rom den Oberhirten ernennt. Darum wäre es besser, dem Kapitel die alten Rechte zu belassen, die Ernennung des Bischofs aber seinem Einflusse zu entziehen. Für ein so wichtiges Recht scheint Sachsen für die nächsten 50 Jahre noch nicht reif zu sein.“316