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DER STAMM!

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Der Baumstamm/Stammbaum meiner weitläufigen Familie, in all ihren Ästen und Facetten kannte keinerlei finanzielle Nöte. Damals. Im Gegenteil! Die Jungs und Mädchen des Clans hatten jede menge Geld, Häuser und Grundstücke (Grundstücke, die demnächst zu Bauerwartungsland deklariert werden würden. Namensgleichheit der Besitzer und Entscheider wären rein zufälliger Natur.) geerbt, oder warteten sehnsüchtig darauf genau das zu tun. Leider gibt es einen kümmerlichen Zweig darin der Pech gehabt hat. MEINEN! Wir haben jede Menge Tote aus dem zweiten Weltkrieg zu beklagen. Natürlich auch Trinker und Debile die nichts zum Bruttosozialprodukt meines Zweiges beitragen wollten. Doch mein eigener Start war gar nicht so schlecht. Mein zunächst wohlhabendes Glückslos und späterer Verschulder des allzu schnellen Untergangs war mein Großvater! Er war ein Macher! Fing in den Ruinen mit einer Wäscherei an und wurde dann Werkzeugmacher-Meister. (Er hat dieses „Sein“ meinem Vater und dessen „Nichtmeistersein,” immer wieder unter die Nase gerieben. War also wichtig für Opa)

Irgendwann hat er zwei, sich noch im Besitz unseres Zweiges befindliche Häuser mit jeweils vier Wohnungen verscherbelt, um eine Firma im Nirvana aufzumachen. Kennen sie noch Nesquick? War die direkte Konkurrenz zu Kaba. Damals! Der Opa produzierte unter anderem die Deckelchen für die Kakao-Kübel. Die waren damals noch aus Metall. (Die Deckelchen) Ich kann mich noch genau an die silbern glänzenden Deckelchen erinnern die auf dem schwarzen, dreißig Zentimeter breitem Gummiband an mir vorbei sausten. Ich war in meinen Schulferien der örtlich beauftragte Supervisor, der die eventuell beschädigten Teilchen vom Fließband klaubte und verdiente eine glatte Mark die Stunde. Ich werde den Lärm, den diese riesigen Stanzen in der ans Haupthaus angegliederten Produktionshalle fabrizierten, nie vergessen. Um Punkt sieben Uhr ging das los und mein Zimmer lag Wand an Wand mit der Geldmaschine. Ich war noch Schüler und brauchte dringend meinen Schlaf um das Abitur zu schaffen. Ich führe das nicht Erreichen desselben, genau auf diesen Umstand zurück. Ja gut: Die Zahnlücke kam erschwerend hinzu Aber am IQ kanns nicht gelegen haben. Dazu später! Nein, gleich! Die haben das gemessen. Intelligenztest! Damals, in den glorreichen Siebzigern! An den Schulen. An meiner Schule! War irgendwie wichtig und musste so! Vielleicht wollten die Lehrer einfach nur wissen, mit welcher Art degenerierter Dorfdeppen sie es hier eigentlich zu tun hatten! Ich bin mir heute fast sicher, dass das alles gequirlte Scheiße war, aber in meinem Fall war es auch ein unerwartetes Aufbau-Stimulanz! Wenn ein Frauen-Loser einen Intelligenztest Sieger-Bonus gratis erhält sagt der sich: Die Frauen sind einfach zu blöd um mich zu würdigen! Natürlich tut er das! Das ist eine herrliche Ausrede und ich bin auch heute noch stolz auf diesen Sieg. Egal ob real oder unter nicht nochmal reproduzierbaren Umständen gemessen war ich ganz oben. Der Oberwurz in meiner Klasse. War ja eigentlich Geheim! Ich weiß nicht warum, aber dieses mal waren die Daten nur für die Getesteten zugänglich und wurden nicht an der Schiefertafel veröffentlicht. Vielleicht hatten die Studienräte noch das Klassendebakel mit der Hütte in den Bergen im Kopf. Vielleicht hatten sie gelernt, was man lieber nicht machen sollte? Trotz der neuen Zeiten! Natürlich haben wir Jungs und Mädchen uns darüber ausgetauscht und verglichen. Und ich war oben! Ganz Oben! Und das trotz der natürlich zu erwartenden Betrügereien diesbezüglich. Jetzt und clever alt geworden weiß ich, dass Intelligenz überhaupt nichts nützt und manchesmal nur schadet. Mein Opi war auch so einer! Ich schwör!

Jedenfalls schaffte mein Opi das Unglaubliche! Inmitten der Aufbruchsstimmung und im wahrlich besten Zeitalter ever. In der Zeit als es überall aufwärts ging und die Fernseher größer und farbiger wurden. Als die Autos Zylinder um Zylinder zulegten, der Opel Kapitän Geschichte war und der Mercedes in der Garage stand, (Die merkwürdigerweise noch unbedacht war und auch lange blieb. Hätte ich drüber nachdenken sollen) gab es offensichtlich Schwierigkeiten! Ich konnte das den Unterhaltungen meiner Eltern entnehmen. Es gab nun öfters Unstimmigkeiten, die ich so vorher nicht kannte. Ich sollte noch erwähnen, dass mein Daddy seinen gut bezahlten Job bei der Konkurrenz zugunsten seines Vaters, der ihn in die Provinz entschwafelt hatte, aufgab. Okay, mietfrei bei seinem Vater war ein unschlagbares Argument und ich kann ihm keinen Vorwurf machen. Wir reden hier über eine Vierzimmer Wohnung/Balkon mit 110 qm. Plus: Riesengarten, gratis Natur ohne Ende und einem Pool mit fünf Metern Durchmesser. Der allerdings, bestand nur aus vorgefertigten Plastikteilen und war trotzdem satte achtzig cm hoch. Stand auch, in der immer noch unbedachten Garage. Will sagen: Der Opi war der Kapitalist und Großwesir des doch ziemlich abgeschiedenen Dorfes. Er gab, für damalige Verhältnisse wahre Unsummen im örtlichen Dorfgasthaus aus. Er hat seine örtlichen Fabrikarbeiter und manchesmal auch alle Anwesenden eingeladen und Runde um Runde geschmissen. Fast jeden Abend! Ich weiß das, weil mich die Oma öfter mal hinschickte um nachzuschauen und Opi nach Hause zu begleiten. Waren ja nur vierhundert Meter. Kurzum!

Opi dachte er wäre der Größte und alle anderen hätten keine Ahnung. Er investierte, expandierte, er verlor Geld, zu viel Geld! Verlor an Reputation, Ehre und dann die Kontrolle über sein Leben. Gewann dafür Unmasse an Körper und Leber und ging dann unter. Zu schwer, um oben zu bleiben. Seine Geschäftspartner waren cleverer und weideten das Herz und Hirnkranke Tier leidenschaftlich aus. Er verrettete sich zum Schluss in sinnlose Lottosysteme und immer neue Visionen. Von Viertele zu Viertele. Von Monat zu Monat. Vom Abstieg zeugte der Fuhrpark. Mein Vater konnte ihm nicht mehr helfen und auch ich fühlte das nahende Ende. Denn der Stundenlohn fürs Rasenmähen reduzierte sich und der war mehrteilig und verdammt groß. (Der Rasen, nicht der Lohn) Da gab es Hügel und Schrägen, Ecken und Bäume und das Scheißteil von Mäher musste damals noch manuell geschoben werden. Der dann noch deutlich sichtbarere Untergang der Zettel-Dynastie näherte sich in Form eines VW-Variant. Weiß. WEISS! Die Farbe weiß, auch das noch! Nun wussten es alle. Diverse Bauern die beim Opi gearbeitet hatten, warten heute noch auf ihren Lohn. Alles musste raus. Die Letzten die gingen waren wir. Der dritte Herzinfarkt beendete Opas Drama, sein Leben und unsere Linie und Herrschaft! Was blieb!? DIE TOTALE PLEITE! Und ein Dorf, dass keiner meines Namens nochmal betreten sollte. Dazu ein Erbe, das wir Nachkommen strikt ablehnen mussten. Wohl wissend, welch todbringende Lawine eine positive Zusage auslösen würde. Omi verkam in einer Kellerwohnung der immer noch vermögenden Verwandtschaft. Tief beschämt und irgendwie nicht verstehend, was da eigentlich über sie hereingebrochen war. Sie hatte nie auch nur einen Schimmer, was ihr Ehemann eigentlich so trieb. So war das halt, damals und da ist sie wieder. Die Million! Meine Ersatzmillion!

All das, was jetzt unweigerlich über die Menschheit hereinbricht ist alleine Opis schuld. Deutschland ist, nach allem was ich den Medien entnehmen konnte, ein einziges Erben-Paradies! Milliarden wechseln ihre Besitzer. Kinder verklagen ihre Onkels und Tanten. Onkels töten ihre Neffen und Enkel. Die Gier regiert! Großväter ändern zum vierten mal ihr Testament weil sie grade eine ukrainische Nutte adoptiert haben. Daraufhin versucht der Neffe mithilfe eines uigurischen Rechtsanwaltes alles erdenkbare anzufechten um die Nutte selbst zu ehelichen und so dem senilen Alten eins auszuwischen. Der wiederum versucht die genetische Verwandtschaft durch einen Indischen Seelenwandler und einem momentan angesagten Ahnenforscher zu torpedieren.

Leider kommt keine Ukrainische Nutte auf die Idee mich zu adoptieren! Und zu erben gab es nichts mehr. Was also tun? MEIN GOTT! Was bleibt mir kleinem Würstchen denn übrig. Ich will doch wirklich nur ein sehr kleines Stück, des gigantisch angewachsenen und global längst vorhandenen Marmorkuchens für meine Kinder. Wir alle kennen ihn, den öden Spruch: Meinen Kindern soll es doch mal besser gehen. Dieses ist für meine Nachkommen. Ich kann es einfach nicht ertragen, dass alles was ich hinterlasse, meine Carrera Universal Sammlung und ein paar lädierte Modellflugzeuge sind. Nicht zu vergessen, einen Song auf Youtube, der von einem Unbekannten (Das ist eine faustdicke Lüge) da rein gestellt wurde. Ein einziger, aber immerhin Live vorgetragener Song. Bei weitem nicht der beste unserer Band aber trotzdem: Ein geiles Stück Zeitgeschichte meines bald endenden Lebens. Diese Jugendzentrumsband-Zeit war die Beste. Die Beste, die mir Gott geschenkt hat. Die Tollste, unglaublich außergewöhnlichste, die mir in meinem doch ziemlich langen Leben passieren konnte. Aber finanziell hat das leider und trotz unserer tatsächlich herausgebrachten Single nichts gebracht. Ja doch! Das ist wirklich wahr! Es gibt tatsächlich einen auf Vinyl verewigten Song und ich fand den ziemlich gut. Damals jedenfalls! Hat nur leider keiner gekauft! Ansonsten: Bleibt als meine Hinterlassenschaft ein vermodernder Stein an einem ganz sicher ungepflegten Grab, das keiner mehr besucht. (Warum auch) Und die gammligen Knochen die irgendwann aus dem Untergrund gerissen werden (Der Mietvertrag war abgelaufen) und dann auf dem Friedhofsmüll landen! Vielleicht auch nur Staub in einer metallenen Urne die beim nächsten Umzug ganz sicher verlustig gehen wird. Mit Absicht. Aber das mit den Knochen …

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