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2. Grundsatz der freien Kommunikation mit dem Gerichtshof

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Der Bf. hat das Recht auf ungehinderte Kommunikation mit dem Gerichtshof. Er darf weder bei der Einlegung der Individualbeschwerde noch im Laufe des anschließenden Verfahrens vor dem EGMR durch den betroffenen Staat an der effektiven Geltendmachung eines Konventionsverstoßes gehindert, geschweige denn zur Änderung oder gar Rücknahme der Beschwerde angehalten werden (Art. 34 Satz 2 EMRK). Weder auf den Bf. noch auf seine Angehörigen und Rechtsvertreter[251] darf von staatlicher Seite Zwang ausgeübt werden. Unzulässig sind unmittelbare Zwangswirkungen, Einschüchterungsversuche und sonstige unangemessene, indirekte Einflussnahmen, die den Bf. von der Einlegung oder Aufrechterhaltung einer Beschwerde abhalten sollen.[252]

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„Dabei ist mit ‚Druck‘ nicht nur unmittelbarer Zwang und krasse Einschüchterung gegenüber Bf., ihren Familien oder ihren Anwälten zu verstehen, sondern auch andere unzulässige indirekte Handlungen oder Kontakte mit dem Ziel, Bf. davon abzuhalten oder sie zu entmutigen, eine Beschwerde nach der Konvention zu verfolgen. Ob Kontakte zwischen den Behörden und einem Bf. oder einem möglichen Bf. unter dem Gesichtspunkt von Art. 34 EMRK unzulässig sind, ist unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles zu entscheiden. In dieser Hinsicht sind die Verletzbarkeit des Bf. und seine Anfälligkeit für eine Beeinflussung durch die Behörden zu berücksichtigen.“[253]

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Die Verletzung der staatlichen Pflicht aus Art. 34 Satz 2 EMRK kann im Rahmen der Individualbeschwerde (eigenständig) geltend gemacht werden;[254] einen Verstoß gegen Art. 8 und Art. 34 EMRK stellen bei inhaftierten Bf. sowohl gezielte Verzögerungen bei der Weiterleitung der Beschwerde als auch das (systematische) Öffnen und Kontrollieren der Korrespondenz mit dem Gerichtshof dar.[255] Den ungehinderten Schriftwechsel inhaftierter Beschuldigter mit dem Gerichtshof muss die Vollzugsanstalt durch die Bereitstellung von Papier, Briefumschlägen und Briefmarken sicherstellen.[256]

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Im Gegensatz zum allgemeinen Schriftwechsel (mit Ausnahme der Verteidigerkorrespondenz) werden Schreiben eines Strafgefangenen an den EGMR nicht überwacht (§ 29 Abs. 2 Satz 2 StVollzG; Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG; § 30 Abs. 3 Satz 2 NJStVollzG; § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 JVollzGB III; § 42 Abs. 3 Satz 2 BbgJVollzG; § 30 Abs. 3 Nr. 2 HmbStVollzG; §§ 35 Abs. 2, 33 Abs. 4 HStVollzG i.V.m. § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 9 StPO; § 34 Abs. 3 Satz 2 StVollzG M-V; § 34 Abs. 3 Satz 2 SLStVollzG; § 41 Abs. 3 Satz 2 LJVollzG-Rh-P; §§ 34, 33 Abs. 4 Satz 2 SächsStVollzG; § 42 Abs. 3 Satz 2 ThürJVollzG; § 34 Abs. 3 Satz 2 BrStVollzG; § 26 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 StVollzG NRW; § 41 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 JVollzGB LSA). Voraussetzung ist allerdings, dass die Schreiben an den EGMR gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben.

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Das Gleiche gilt für Schreiben des EGMR an einen Strafgefangenen, wenn die Identität des Absenders (EGMR) zweifelsfrei feststeht (§ 29 Abs. 2 Satz 3 StVollzG; Art. 32 Abs. 2 Satz 3 BayStVollzG; § 30 Abs. 2 Satz 3 NJStVollzG; § 24 Abs. 3 S.2 JVollzGB III; § 42 Abs. 3 Satz 2 BbgJVollzG; § 30 Abs. 4 HmbStVollzG; §§ 35 Abs. 2, 33 Abs. 4 Nr. 3 HStVollzG i.V.m. § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 9 StPO; § 34 Abs. 3 Satz 4 StVollzG M-V; § 34 Abs. 3 Satz 4 SLStVollzG; § 41 Abs. 3 Satz 4 LJVollzG; §§ 34, 33 Abs. 4 Satz 4 SächsStVollzG; § 42 Abs. 3 Satz 4 ThürJVollzG; § 34 Abs. 3 Satz 4 BrStVollzG; § 26 Abs. 4 Satz 2 StVollzG NRW; § 41 Abs. 2 Satz 3 JVollzGB LSA). An die berechtigte Annahme entsprechender Zweifel sind insgesamt hohe Anforderungen zu stellen. Der EGMR geht nur von einem geringen Risiko dahingehend aus, dass eine Person außerhalb der Anstalt offizielle Briefumschläge des EGMR kopiert und auf diese Weise verbotene Substanzen, Handys usw. in die Haftanstalt bringt.[257]

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Für Untersuchungsgefangene enthalten §§ 146 Abs. 1 Satz 2, 30 Abs. 3 Satz 3 NJVollzG eine entsprechende Regelung, letztere allerdings nur für den Schriftwechsel mit der am 31.10.1999 aufgelösten EKMR (Nr. 30 Abs. 2; 34 Abs. 3 UVollzO). Die Vorschrift ist auf die Korrespondenz mit dem EGMR entsprechend anzuwenden. Dabei ist zu beachten, dass ein Verstoß gegen Art. 14 EMRK vorliegt, wenn Untersuchungshäftlinge gegenüber Strafgefangenen ohne objektiven und sachlichen Grund ungleich behandelt werden.[258]

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Für die übrigen Bundesländer: § 17 Abs. 3 Satz 2 JVollzGB II; § 37 Abs. 3 Satz 3 UVollzG Bln; § 42 Abs. 3 Satz 3 BbgJVollzG; § 37 Abs. 3 Satz 4 BrUVollzG; § 25 Abs. 4 HmbUVollzG; § 25 Abs. 4 Nr. 3 HUVollzG i.V.m. § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 9 StPO; § 37 Abs. 3 Satz 4 UVollzG M-V; § 37 Abs. 3 Satz 4 LUVollzG; § 37 Abs. 3 Satz 4 SLUVollzG; § 37 Abs. 3 Satz 4 SächsUHaftVollzG; § 37 Abs. 3 Satz 4 UVollzG LSA; § 37 Abs. 3 Satz 4 UVollzG S-H; § 37 Abs. 3 Satz 4 ThürUVollzG; Art. 19 Abs. 3 BayUVollzG i.V.m. Art. 32 Abs. 2 Satz 3 BayStVollzG

Teil 1 Europäischer Gerichtshof für MenschenrechteB. Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Individualbeschwerde › IX. Wiederholte Überprüfung (res iudicata)/Litispendenz

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