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IV. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der
europäischen Rechtsgemeinschaft

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Ähnlich wie das Verfassungsrecht durch die ausgreifende Rechtsprechung des BVerfG kontinuierlich an Bedeutung für die Verwaltungsgerichtsbarkeit gewonnen hat, ist auch das Europarecht wegen der umfassenden Durchdringung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen durch das Unionsrecht für die Verwaltungsgerichte in vielen Bereichen alltäglicher Begleiter geworden. Die Verwaltungsgerichte in Deutschland haben das Europarecht dabei in der Gesamtbetrachtung überwiegend konstruktiv aufgenommen.

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Die von EuGH-Rechtsprechung und Lehre entwickelten Figuren des europäischen Verwaltungsrechts sind von der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland im Wesentlichen ohne grundsätzliche Beanstandung geblieben. Das Grundmuster des europäisierten Verwaltungsrechts ist in Deutschland nicht prinzipiell in Frage gestellt worden: Ergeben sich aus dem Anwendungsvorrang des Europarechts Abweichungen für die Rechtsanwendung, so werden diese in aller Regel hingenommen.

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Ohne jeden Zwischenfall ist die Entwicklung freilich auch nicht verlaufen. So verbinden sich mit der Rs. Alcan[285] aus dem Jahre 1997, in der die Vertrauensschutzgarantien des deutschen Verwaltungsrechts mit dem vorrangigen Europarecht kollidierten, eine durchaus kontroverse Diskussion und ein Aufmerksamkeitsschub für die Überformung des nationalen Verwaltungsrechts durch Europarecht. Die Aufregung konzentrierte sich indessen vor allem auf das Schrifttum[286] und hat in Gerichtsentscheidungen keinen Niederschlag gefunden. Ein prinzipieller Widerstand gegen die Alcan-Rechtsprechung ist in der Folge dann auch zunehmend verschwunden.[287]

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Es bestehen dabei aber auch kritische Einschätzungen: Auch mehr als 20 Jahre nach dem Alcan-Urteil wird für die Verarbeitung der Einwirkungen des Europarechts auf das innerstaatliche Recht bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit Optimierungspotenzial gesehen.[288] Die Durchsetzung des Europarechts im innerstaatlichen Rechtskreis werde durch die Verwaltungsrechtsprechung partiell auch dort behindert, wo es für die Gerichte Auslegungsspielräume gibt – letztlich sei die Akzeptanz abweichender Rationalitäten des Europarechts eine Frage der inneren Einstellung einer jeden Richterpersönlichkeit.[289]

§ 129 Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland › IV. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der europäischen Rechtsgemeinschaft › 1. Allgemeines

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