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ОглавлениеMarc AurelMarc Aurel (121–180)
121–180
Die SelbstbetrachtungenSelbstbetrachtungen (Marc Aurel)
(Ta eis heautón)
Entst. zwischen 172 und 180
Die Aufzeichnungen des römischen Kaisers Marc AurelMarc Aurel (121–180) gehören, wie das Handbüchlein des EpiktetEpiktet (um 50 – um 125), zu den wenigen vollständig erhaltenen Büchern der späten stoischen Schule. Der griechische Originaltitel Ta eis heautón (»An sich selbst«) gibt einen wichtigen Aufschluss über den Charakter der Schrift: Es handelt sich um ein Brevier aus Merksätzen und kurzen Abschnitten, die der Autor zum eigenen Gebrauch und zur eigenen philosophischen Lebenshilfe verfasste. Wie in den meisten philosophischen Büchern der Spätantike stehen ethische und lebenspraktische Fragen im Vordergrund.
Kern der stoischen Lehre ist die Forderung ihres Begründers, des Zyprioten Zenon, Zenon (336–264 v. Chr.) »einstimmig«, d.h. in Übereinstimmung mit seinen Vernunftanlagen und der allumfassenden kosmischen Vernunft zu leben. So kommt der Mensch zu sich selbst und erlangt die »apathía«, den Seelenfrieden. Es ist der Zustand, in dem die Leidenschaften unter der Kontrolle der Vernunft und damit frei von »páthos«, d.h. von störenden Affekten, sind. Der stoische Weise widmete sein Leben der Aufgabe, diese Kontrolle im praktischen Leben zu erwerben, indem er sich von allen Dingen innerlich unabhängig machte, die er nicht beeinflussen konnte – wie Krankheit, aber auch Ruhm und Erfolg – und seine Selbsterziehung ganz auf die Herstellung eines inneren Gleichgewichts konzentrierte. Diesem Ziel dienen auch die SelbstbetrachtungenSelbstbetrachtungen (Marc Aurel). Sie sind in Form kurzer Merksätze geschrieben, die für sich wiederholt, eingeprägt und täglich umgesetzt werden sollen.
Marc AurelMarc Aurel (121–180) übernimmt die in der griechischen Philosophie traditionelle Einteilung der menschlichen Natur in Körper, Seele und Geist/Vernunft. Aufgabe des Menschen ist es, die Herrschaft der Vernunft über körperliche und seelische Regungen zu sichern. Nur die Vernunft darf im Menschen herrschen und kann die Übereinstimmung des Menschen mit sich selbst und der kosmischen Vernunft sichern.
Der Kosmos wird dabei, nach stoischer Vorstellung, nicht als Ergebnis einer Schöpfung, sondern als ein ewiger gesetzmäßiger Zusammenhang gedacht, als eine beseelte, lebende, vernunftbeherrschte Materie, an der alle Wesen teilhaben. Die Stoiker teilten die Philosophie in Physik (Naturphilosophie), Ethik (Theorie des menschlichen Handelns) und Logik (Theorie der Argumentation) ein. Daran anknüpfend fordert Marc AurelMarc Aurel (121–180), in jeder Situation einen physikalischen, ethischen und logischen Blickwinkel anzulegen. Dies bedeutet, unter naturphilosophischem Aspekt, zu berücksichtigen, dass alle Wesen einer gemeinsamen »göttlichen« Natur angehören, unter ethischem Aspekt, dass jene Gemeinsamkeit mich dazu verpflichtet, mich den anderen Menschen zuzuwenden, und unter logischem Aspekt, dass ich meine Urteile und Vorstellungen nach den wahren natürlichen Zusammenhängen ausrichten muss.
Marc AurelMarc Aurel (121–180) fordert uns also auf, an jeder Stelle einen »kosmischen« Standpunkt einzunehmen, einen Standpunkt, der verhindert, dass ich mich als Individuum isoliert vom großen Ganzen betrachte. Dies gilt z.B. für eines der ganz großen Themen der antiken Philosophie, den Tod. Als Teil des kosmischen Zusammenhangs ist der Mensch in den Zyklus von Werden und Vergehen einbezogen. Es besteht nach Marc Aurel kein Anlass, den Tod zu dramatisieren: Er bedeutet nichts anderes als eine Rückkehr in den Schoß der Natur, eine Auflösung in die Elemente, aus denen wir ursprünglich entstanden sind.
Die SelbstbetrachtungenSelbstbetrachtungen (Marc Aurel) gehören, auch wegen ihrer aphoristischen Struktur, zu den am leichtesten lesbaren Werken der Philosophiegeschichte. Sie haben die akademische Philosophie allerdings wenig beschäftigt, dafür aber immer in eine breite Öffentlichkeit hineingewirkt. Sie sind, wie im Falle Friedrichs des Großen, zu einem bevorzugten philosophischen Lebensbegleiter für viele geworden, die ihr öffentliches Engagement durch eine philosophische Selbstvergewisserung ergänzen wollten.