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ОглавлениеWilliam von OckhamWilliam von Ockham (1295–1349)
1295–1349
System der gesamten LogikSystem der gesamten Logik (William von Ockham)
(Summa totius logicae)
Entst. 1324, ersch. 1508 in Venedig
In der mittelalterlichen Philosophie war der christliche Glaube Bezugspunkt für alle philosophischen Erörterungen. Selbst die scheinbar abgelegensten philosophischen Probleme hatten eine theologische Bedeutung. Dies gilt auch für die Logik, deren Grundlagen von dem griechischen Philosophen AristotelesAristoteles (384–322 v. Chr.) gelegt worden waren. Die Frage nach dem Wesen sprachlicher Begriffe und den Regeln sprachlicher Argumentation war im Mittelalter eng mit der Frage verknüpft, ob sich in unserer Sprache die jenseitige Welt und insbesondere die Wirklichkeit Gottes widerspiegelt. Umstritten war besonders die Frage, ob Allgemeinbegriffe (»Universalien«) wie »Menschheit« oder »Röte« auf eigenständige Wesenheiten verweisen, die nicht nur unabhängig von konkreten Menschen oder roten Einzeldingen existieren, sondern in ihrer geistigen Existenzform auch näher an Gott und damit wirklicher als die konkreten Einzeldinge sind. Dieser sogenannte Universalienstreit wurde auf dem Schlachtfeld der Logik, aber im Dienst der Theologie geführt.
Der englische Franziskanermönch William von OckhamWilliam von Ockham (1295–1349) trat für eine strikte Trennung von Logik und Theologie, von rationaler Argumentation und Glauben ein. Ebenso plädierte er auf der Ebene der Politik für eine Trennung zwischen kirchlicher und weltlicher Macht, was ihn schon früh in Konflikt mit dem Papst brachte. Die Existenz Gottes war für ihn alleiniger Gegenstand des Glaubens und mit Hilfe von Logik und Vernunft nicht beweisbar. Sein methodischer Grundsatz, die Vernunft solle sich nur auf so viele Erklärungsprinzipien wie unbedingt nötig stützen und auf überflüssige theologische Hilfestellungen verzichten, wurde als »OckhamsWilliam von Ockham (1295–1349) Rasiermesser« bekannt. Diesem Grundsatz folgt auch sein System der gesamten LogikSystem der gesamten Logik (William von Ockham). Mit ihr wollte Ockham zeigen, dass man die Bedeutung von Allgemeinbegriffen auch ohne die Annahme abstrakter und geistiger, wie auch immer gearteter Wesenheiten erklären kann.
Das Buch umfasst drei Teile: eine Lehre vom Begriff, eine Lehre von der Verknüpfung von Begriffen in Sätzen und eine Lehre von der Verknüpfung von Sätzen in verschiedenen Arten von Schlussfolgerungen. Besonders interessant für die Philosophie war immer der erste Teil, die Lehre von den Begriffen, oder, wie OckhamWilliam von Ockham (1295–1349) sagt, von den »Termini« und ihrer Bedeutung. Ockham formuliert hier seine Position im »Universalienstreit« und trifft Unterscheidungen, die auch noch für die moderne Sprachphilosophie wichtig sind.
So unterscheidet OckhamWilliam von Ockham (1295–1349) zwischen Begriffen »erster Intention«, die sich, wie der Begriff »Schuh«, auf normale Dinge beziehen können, und Begriffen »zweiter Intention«, die sich, wie der Begriff »Terminus«, selbst wieder auf Begriffe beziehen – eine Unterscheidung, die man heute mit den Begriffen »Objektsprache« und »Metasprache« ausdrückt.
Aber auch in der Verwendungsweise des gleichen Begriffs findet sich diese Unterscheidung wieder. Ganz modern begreift OckhamWilliam von Ockham (1295–1349) die Sprache als ein von Menschen vielfach verwendbares System von Zeichen. So gibt es drei Arten, in denen ein Begriff Bedeutung haben kann. OckhamWilliam von Ockham (1295–1349) nennt sie »Suppositionen«, also Arten, in denen Begriffe für etwas anderes stehen können. Der Begriff »Schuh« kann für ein Einzelding, einen konkreten Schuh stehen, er kann sich auf die abstrakte Begriffsbedeutung von »Schuh« beziehen (geschlossene Fußbekleidung), oder er kann sich auf die einfache Wortgestalt von »Schuh« (fünf Buchstaben) beziehen. Nur im ersten Fall, in der Bezeichnung von Einzeldingen, beziehen sich die Begriffe für Ockham auf etwas Wirkliches. Allgemeinbegriffe jedoch, also Universalien, haben Bedeutung nur im zweiten Sinne: Sie beziehen sich auf etwas Abstraktes, das nicht mit einem wirklichen Ding verwechselt werden darf.
Die theologischen Folgerungen aus diesen Analysen sind klar: Sprache und Logik sind keine Brücke, um die »Wirklichkeit« Gottes oder anderer rein geistiger Wesenheiten beweisen zu können. OckhamWilliam von Ockham (1295–1349) hat damit einer von der Theologie unabhängigen Philosophie den Weg geebnet. Er hat ihr aber auch durch seine umfassende logische Sprachanalyse Instrumente geliefert, die dann vor allem in der modernen sprachanalytischen Philosophie aufgegriffen und weiterentwickelt wurden.