Читать книгу Basis-Bibliothek Philosophie - Robert Zimmer - Страница 5
Die Fragmente der VorsokratikerFragmente der Vorsokratiker
ОглавлениеEntst. im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr.
Mit dem Begriff »Vorsokratiker« wird die früheste Phase der griechischen Philosophie im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. und gleichzeitig eine sehr heterogene Gruppe von Denkern bezeichnet. Sie umfasst nicht nur die Philosophen »vor SokratesSokrates (469–399 v. Chr.)«, sondern auch diejenigen seiner Zeitgenossen, die nicht zur klassischen, durch Sokrates, PlatonPlaton (428/427–348/347 v. Chr.) und AristotelesAristoteles (384–322 v. Chr.) repräsentierten Phase der griechischen Philosophie gerechnet werden. Gemeinsam ist allen diesen Denkern, dass nur noch Bruchstücke ihrer Werke erhalten sind. Im deutschen Sprachraum hat sich seit der klassischen, von Hermann Diels herausgegebenen und von Walther Kranz fortgeführten gleichnamigen Ausgabe der Werktitel Fragmente der VorsokratikerFragmente der Vorsokratiker eingebürgert.
Im 6. Jahrhundert v. Chr. erlebte die griechische Welt tiefgreifende Umwälzungen. Traditionelle Herrschaftsformen wurden ebenso in Frage gestellt wie überkommene mythische Weltbilder. Demokratisierung, Ausweitung des Handels und die weitere Verbreitung von Schriften trugen dazu bei, dass die Philosophie als Forum der rationalen Weltdeutung und des Austauschs von Argumenten entstand.
Die ersten Vorsokratiker traten an der ionisch besiedelten Küste Kleinasiens auf. Sie stellten die Frage nach den letzten Prinzipien des Kosmos, die sie mit der Frage nach der »arché«, dem Urstoff der Welt, verbanden. Für ThalesThales (um 624 – um 546 v. Chr.) war dies das Wasser, für AnaximanderAnaximander (um 610 – nach 547 v. Chr.) das Unbegrenzte und für AnaximenesAnaximenes (um 585 – zwischen 528 und 524 v. Chr.) die Luft. Der aus Sizilien stammende EmpedoklesEmpedokles (um 494 – um 434 v. Chr.) sah die »Wurzel aller Dinge« in den vier Elementen Erde, Wasser, Feuer und Luft. Sein Zeitgenosse AnaxagorasAnaxagoras (499–428 v. Chr.) übte mit seinem Begriff des »nous«, des reinen unendlichen Geistes als Urprinzip der Welt, großen Einfluss auf die spätere Metaphysik des AristotelesAristoteles (384–322 v. Chr.) aus.
Für PlatonPlaton (428/427–348/347 v. Chr.) und AristotelesAristoteles (384–322 v. Chr.) noch wichtiger wurden allerdings drei andere, sehr unterschiedliche Denker: PythagorasPythagoras (um 570 – nach 510 v. Chr.), HeraklitHeraklit (zwischen 540 und 535 – zwischen 483 und 475 v. Chr.) und ParmenidesParmenides (zwischen 540 und 535 – zwischen 483 und 475 v. Chr.). PythagorasPythagoras (um 570 – nach 510 v. Chr.), als Mathematiker noch heute berühmt, glaubte, dass sich die Ordnung des Kosmos symbolisch in Zahlenverhältnissen ausdrücken lasse, und übernahm aus orientalischen Lehren die Vorstellung von der Seelenwanderung. Heraklit begriff die Welt als einen ständigen, durch den Zusammenprall von Gegensätzen hervorgerufenen Prozess der Veränderung (»Alles fließt«) und gilt daher als der Vater der Dialektik. Allerdings glaubte er auch, dass diesen Veränderungen der »logos«, eine gesetzmäßig wirkende Weltvernunft, zugrunde liegt. ParmenidesParmenides (zwischen 540 und 535 – zwischen 483 und 475 v. Chr.) aus Elea, der Gründer der »eleatischen« Schule, hielt wiederum jede Veränderung für bloßen Schein und vertrat die Auffassung, dass das wahre Sein ewig und unveränderlich ist. Diese Idee eines unveränderlichen ewigen Seins floss unmittelbar in die Ideenlehre PlatonsPlaton (428/427–348/347 v. Chr.) ein. Im Anschluss an HeraklitHeraklit (zwischen 540 und 535 – zwischen 483 und 475 v. Chr.) und ParmenidesParmenides (zwischen 540 und 535 – zwischen 483 und 475 v. Chr.) wurde der Versuch, »Veränderung« zu erklären, zu einem zentralen Anliegen der klassischen Metaphysik.
Eine Aufklärung in Form von Religionskritik gibt es bereits im 6. Jahrhundert bei Xenophanes von KolophonXenophanes von Kolophon (um 580 – nach 478 v. Chr.), der religiöse Vorstellungen als Projektionen der menschlichen Lebenswelt deutet. Mit den von PlatonPlaton (428/427–348/347 v. Chr.) als »Wortverdrehern« verleumdeten Sophisten, den griechischen Aufklärern des fünften vorchristlichen Jahrhunderts, wandte sich die Philosophie dem Menschen und seinem Handeln zu. Programmatisch wurde der Satz des ProtagorasProtagoras (490–411 v. Chr.): »Der Mensch ist das Maß aller Dinge.« Die Unterscheidung zwischen Naturgesetzen und den von Menschen gemachten Gesetzen ebnete den Weg für eine rationale Kritik ungerechtfertigter Herrschaft. Gegen eine elitäre Auffassung von Philosophie verstanden sich die Sophisten als in der Öffentlichkeit wirkende professionelle Philosophen. Sie schufen die Rhetorik als eine von allen erlernbare Technik der Argumentation. Viele Sophisten wurden zu Fürsprechern der athenischen Demokratie und nicht zuletzt deswegen von konservativer Seite angefeindet.
Das Schicksal, von seinen Gegnern heftig bekämpft und an den Rand gedrängt zu werden, traf auch DemokritDemokrit (460–371 v. Chr.), selbst ein materialistischer Naturphilosoph, Demokrat und Zeitgenosse des SokratesSokrates (469–399 v. Chr.). Wie sein Lehrer LeukippLeukipp (5. Jh. v. Chr.) deutete er die Welt als eine Zusammensetzung unteilbarer kleinster Elemente, der Atome, und inspirierte damit noch die neuzeitliche Naturwissenschaft.