Читать книгу Ameisenmonarchie - Romina Pleschko - Страница 10

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KARIN STAND AM Kosmetikcounter im Erdgeschoß des Kaufhauses und reinigte die Tester. Jemand hatte in typischer Probierlaune Unmengen an Handcreme herausgedrückt und damit das halbe Display verschmiert, dessen Plexiglasfächer fast unmöglich zu säubern waren. Hauptsache gratis, dachte Karin und errötete leicht bei der Erinnerung an die zwei Tage, an denen sie letztes Jahr wegen eines Ganzkörperausschlages nicht hatte arbeiten können. Offiziell hatte sie sich aufgrund eines neurodermitischen Anfalls krankgemeldet, aber in Wirklichkeit wusste sie genau, dass ihre Haut allergisch auf eine Überdosis der momentan teuersten Bodylotion auf dem Markt reagiert hatte. Die Lotion war mit Algenextrakten und einer speziell gezüchteten Gerstenart angereichert, Karin war täglich mit dem Testspender auf die Personaltoilette geschlichen, hatte dort ihre Uniform ausgezogen und sich von oben bis unten eingecremt. Sie hatte gehofft, das viel beworbene Produkt würde ihre leichte Cellulite mildern, stattdessen hatte sie nach einer Woche überall rote Quaddeln entwickelt. Offenbar war die Lotion für sparsamen Gebrauch konzipiert, kein Wunder, kostete der Tiegel doch stolze 400 Euro.

Karins Mund war trocken. Die Abteilungsleitung hatte ihren Angestellten verboten, während der Arbeitszeiten zu trinken, das sehe undiszipliniert aus und sei schädigend für das dienstleistungsorientierte Image des japanischen Konzerns. Vor Kurzem hatten alle Verkäuferinnen neue Uniformen bekommen, mit kleinen roten Halstüchern, wie Stewardessen einer Airline, die Flüge zurück in die Jugend versprach. Karin mochte das Halstuch gar nicht, noch weniger als die Stützstrumpfhosen, in die sie sich jeden Morgen hineinquetschte, um nicht lange vor der Zeit die krampfadernübersäten Beine einer alten Frau zu bekommen.

Im Familienforum machte sie immer Werbung für die vielversprechendsten Produktneuheiten und freute sich, wenn der Umsatz in der ganzen Stadt merkbar anstieg. Das konnte sie gut, andere mit ihrer Begeisterung anstecken, heimlich führte sie genau datierte Listen und arbeitete an einer Statistik, die die kausalen Zusammenhänge zwischen ihren Produktbewerbungen und dem steigenden Umsatz dokumentieren sollte. Sie hatte den Ruf der Kosmetikspezialistin im Forum, auch wenn es einzelne missgünstige Stimmen gab, die außer Olivenöl und Nordwind nichts an ihre naturgegerbte Haut lassen wollten. Sich selbst zu verschönern wurde je nach Tagesverfassung als unlauterer Wettbewerb oder feministischer Rückschritt gesehen, aber Karin bezweifelte stark, dass die Olivenölabteilung nur einen Schritt weiter war als der Rest der Frauenwelt.


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