Читать книгу Ameisenmonarchie - Romina Pleschko - Страница 19

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NIEMANDEM WAR AUFGEFALLEN, dass Magdalena kein Wort mehr sprach, diese Situation hatte sich vor einigen Jahren einfach so ergeben. Im Gegenteil, die Tatsache, dass aus ihrem Körper kein Laut drang, wirkte regelrecht organisch. Zuerst sprach sie immer weniger und das Wenige langsamer, sie zerdehnte die Worte, verschiedenste Tonlagen mischten sich in einen einzelnen Satz, ähnlich einer Sprechpuppe mit schwachen Batterien. Das war Magdalena peinlich, sie begann, ihre Besorgungen online zu erledigen, da sie sich auf den Klang ihre Stimme nicht mehr verlassen konnte. Sie kratzte im Hals wie ein Fremdkörper, und Magdalena mochte es nicht, wenn sie andere Menschen irritierte. Jedes Aufnehmen einer noch so kleinen Konversation verursachte ihr einen stechenden Schmerz in der Kehle. Dieser Zustand dauerte nicht lange, denn plötzlich begannen ihr einzelne Wörter abzureißen, mittendrin beim Aussprechen, ein Knick und sie wurden porös, verloren jegliche Aussagekraft.

»Gibst du mir die Butt–«, sagte Magdalena eines Sonntagmorgens beim Frühstück und Herb Senior reichte ihr die Wochenendbeilage der Tageszeitung.

»Du musst den Immobilienteil lesen, ich bin ja schon seit Ewigkeiten der Meinung, dass wir in Vorsorgewohnungen investieren sollten. Mikroapartments sind die Zukunft, jetzt kann man damit noch richtig hohe Renditen erzielen, bevor alle anderen auch auf die Idee kommen.«

Herb Senior nahm einen Schluck Kaffee. Auf seiner Lieblingstasse war ein grauer Hirsch aufgemalt. Ein alterndes Alphatier, niedergedrückt vom Gewicht seines Geweihs, dachte Magdalena und fand, dass das Denken komplett unterbewertet wurde. Sie nahm die Butterdose, die Dose klapperte, sie schnitt ein viel zu großes Stück von der Butter ab und beschloss, das Reden endgültig einzustellen.

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