Читать книгу Ameisenmonarchie - Romina Pleschko - Страница 8

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DER MANN NAMENS Klaus liebte seine Wohnung, denn dort war alles perfekt auf ihn abgestimmt. Er besaß vier Tassen, drei Gläser, sechs Teller – drei kleine und drei große. Für Schalen hatte er ein Faible entwickelt, er mochte deren Multifunktionalität, daher hatte er gleich acht Stück, alle unterschiedlich groß.

Jeden zweiten Tag erledigte er den Abwasch, indem er zuerst das Besteck einweichte, dann die Gläser, die Teller, zum Schluss die dreckigen Töpfe und Pfannen abrieb. Danach spülte er alles gründlich ab, ließ es lufttrocknen und polierte vor dem Einräumen mit einem weichen Tuch nach.

Er hatte einen Staubsaugerroboter, einen Handsauger und einen Staubwedel mit Teleskopstange, mit dem er sogar mühelos die Spinnweben an der Decke entfernen konnte. Sein Bodenwischer besaß einen integrierten Tank, so konnte er den Boden mit geringem Aufwand wischen, und das vor allem, ohne seine Bandscheiben zu strapazieren. Kleinstverschmutzungen des Fußbodens behandelte er mit etwas Spucke und der Unterseite seiner Socken, so viel Disziplinlosigkeit erlaubte er sich doch hin und wieder.

Für das Badezimmer hatte er sich bei einem Shoppingsender spezielle Mikrofasertücher bestellt. Nach jeder Benutzung polierte er die Armaturen nach, somit musste er das Bad nie gründlich putzen. Den Mischhebel des Wasserhahns betätigte er grundsätzlich nur mit dem Handgelenk, um feuchte Abdrücke zu vermeiden, und vor dem Stuhlgang kleidete er die Kloschüssel mit Papier aus, um Anhaftungen zu verhindern und die Klobürste keimfrei zu halten. Sein Kühlschrank und sein Backofen waren selbstreinigend.

Der Mann namens Klaus hatte sein Leben höchst effizient organisiert, nur wusste er jetzt mit der vielen freien Zeit nichts anzufangen, außer sich in das Lautsprechersystem der Nachbarn zu hacken und deren Musiklautstärke langsam auf für ihn erträgliche Maße herunterzuregeln. Er hatte die sichere Methode entwickelt, die Lautstärke alle drei Minuten um einen Klick zu reduzieren, einzeln so gut wie nicht nachweisbar, aber in Summe recht effektiv. Die Nachbarn liebten momentan Italo Pop, eine Tatsache, die dem Mann namens Klaus schwer zu schaffen machte.

Er konnte viel ertragen, aber wenn er mehrmals täglich Azzurro hören musste, dann kroch eine vage Todessehnsucht in ihm hoch, derer er schwer Herr wurde. Heute war einer dieser Tage, an denen die Nachbarn wieder einmal zur Maßlosigkeit neigten. Das Album der größten Hits von Adriano Celentano war zur Gänze durchgelaufen und fing gerade wieder von vorne an.

Azzurro

il pomeriggio è troppo azzurro

e lungo per me.

Der Mann namens Klaus drückte einmal kurz auf den Lautstärkeregler seines Handys. Die Musik wurde leiser, ganz wenig, denn sie drang immer noch durch die Wohnzimmerwand zu ihm herüber.

Mi accorgo

di non avere più risorse

senza di te.

Er schaltete seinen Fernseher ein. Dann drückte er noch einmal auf den Lautstärkeregler des Handys. Die Musik fing an, sich mit dem Ton des Fernsehers zu vermischen. Unerträglich überplärrte Adriano Celentano einen Fernsehsprecher mit wohltuender Bassstimme.

E allora

io quasi quasi prendo il treno

e vengo, vengo da te.

Ma il treno dei desideri

nei miei pensieri all’incontrario va.

Er stellte den Ton des Fernsehers lauter und atmete auf. Es war nichts mehr von drüben zu hören, er vernahm nur mehr den Nachhall seiner eigenen Aufregung. Jetzt musste er sich zwar eine Dokumentation über die Herstellung von Limoncello an der Amalfiküste ansehen, aber das war es ihm wert.

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