Читать книгу Ameisenmonarchie - Romina Pleschko - Страница 5

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HERB JUNIOR WAR heute zwar in der Ordination, aber nicht bei der Sache. Am Morgen hatte er im Lift das Parfum des Nationalratsabgeordneten gerochen, Mandarino di Amalfi von Tom Ford, süßlich dominant, ein eindeutiges Statement. Kein heterosexueller Mann verwendete Tom Ford. Die Frauen des Hauses konnte er alle ausschließen, auch wenn das bei der ansonsten glasklaren Beweislage zur sexuellen Orientierung des Nationalratsabgeordneten unnötig war, die hatten keinen Geschmack, bis auf seine Mutter, aber Magdalena fuhr nie mit dem Lift. Die restlichen Bewohnerinnen arbeiteten zumeist irgendwo im Verkauf und trugen grauenhaft zitronige Synthetikmischungen, so üppig aufgesprüht, dass Herb Junior bestätigt wurde in seiner Theorie über den Verfall des Geruchssinnes im Einzelhandel. Je länger die Frauen täglich in Kosmetikabteilungen oder Drogerien standen, desto mutiger setzten sie sich zur Wehr gegen die starke Beduftung dort, indem sie sich selbst von oben bis unten einnebelten, um nicht komplett unterzugehen in diesen gnadenlosen Neonlichthöllen.

Jetzt saß eine erwartungsvolle Schwangere vor ihm, sechste Woche, und er hatte keine Lust auf die Untersuchung. Die Frau war schrecklich dünn, litt an Morgenübelkeit und wollte endlich einen Herzschlag hören. Herb Junior bat sie, den Bauch freizumachen, sichtlich irritiert gehorchte sie. Er drückte den Schallkopf auf ihre Bauchdecke, eventuell etwas zu fest, aber obwohl sie so schlank war, bekam er nichts zu sehen. Also doch vaginal. Der Herzschlag war schnell gefunden, die Schwangere glücklich.

Herb Junior fixierte die große Tätowierung auf ihrem Oberschenkel, ein grimmig dreinblickendes kleines Mädchen mit Zigarette im Mundwinkel.

»Woher stammt diese Narbe hier am Unterbauch«, fragte er.

»Äh, von meinem Kaiserschnitt«, antwortete die Schwangere.

»Sie können sich wieder anziehen«, sagte er.

Herb Junior zog die Einweghandschuhe aus und wusch sich gründlich die Hände und Arme, bis fast zum Ellenbogen. Er roch an seinen Fingern, seifte sie ein zweites Mal ein und spülte sie gründlich ab. Seine Hände waren rot und schmerzten vom eiskalten Wasser.


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