Читать книгу Ameisenmonarchie - Romina Pleschko - Страница 15

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KARIN WAR NOCH nicht lange genug ohne Partner, um in dem Mann namens Klaus eine ernsthafte Option zu sehen. Sie hatte sein Interesse durchaus bemerkt, es wohlwollend abgespeichert und würde im Bedarfsfall darauf zurückkommen. Objektiv betrachtet war er keine schlechte Wahl, zumindest durchschnittlich attraktiv, nicht fettleibig, seine Zähne waren zwar leicht gelb, aber wenigstens Originalbestand. Nichts, was man nicht mit ein paar Bleaching-Streifen hätte beheben können. Das buschige Seitenhaar über seinen Ohren müsste man natürlich streng einkürzen und etwas ausdünnen, denn durch den Wildwuchs wurde die Glatze unvorteilhaft betont. Vielleicht wäre die beste Lösung, die Haare überhaupt alle millimeterkurz abzurasieren und mit einer markanten Brille, auf keinen Fall randlos, einen Akzent in die Gesichtsmitte zu setzen. Mit einem derart bebrillten Mann konnte man sich schon blicken lassen, das sah nach einem Werber, einem Architekten, einem Selbstständigen aus. Auf jeden Fall nach einem Mann, der theoretisch sehr erfolgreich sein könnte.

Seine Kleidung müsste man komplett entsorgen, denn er hatte einen unglücklichen Hang zum modischen Pragmatismus, seine Hosen wurden rein aus Notwendigkeit von Gürteln oben gehalten, weil er so viele Sachen in den zahlreichen Seitentaschen transportierte. Es sah aus, als würde er ständig seinen halben Hausrat mit sich herumschleppen. Karin mochte Männer in Anzügen, schmal geschnitten, mit weißem Hemd und ohne Krawatte. Wahrscheinlich stünde so ein Anzug dem Mann namens Klaus hervorragend, denn er hatte zumindest eine stattliche Körpergröße, war locker fünfzehn Zentimeter größer als Karin, sie hatte innerlich ihr Schuhregal durchforstet und zufrieden festgestellt, dass ihre höchsten Absätze dreizehn Zentimeter maßen. Karin bezeichnete sich zwar gerne als emanzipiert, aber über ihren Partner hinauszuwachsen, dazu war sie doch nicht bereit.

Sie lag in ihrem Bett und konnte nicht einschlafen, ihre Beine pulsierten von einem anstrengenden Tag am Counter, Helene hatte schlecht geträumt, war plötzlich mit schweißnassen Haaren und der Frage, ob es denn irgendwo noch fleischfressende Dinosaurier gab, vor ihr gestanden und lag jetzt im großen Bett, jede aufkeimende Schläfrigkeit Karins mit einem Tritt in ihre Rippen oder Halsbeuge vertreibend. Sie rotierte im Bett wie ein Uhrzeiger und änderte ihre Position immer so ruckartig, dass sie Karin dabei fast einmal die Nase gebrochen hätte.

Helene war ein Problem. Das konnte sich Karin nicht schönreden, seit sie ein Kind geboren hatte, waren ihre Möglichkeiten auf dem freien Markt drastisch gesunken. Die Männer, die sie hätte kennenlernen können, waren entweder selbst gebunden oder nicht interessiert an bereits vorhandenen Kindern, die das Alter der Niedlichkeit eindeutig überschritten hatten. Ihre Tochter war kein einfaches Kind, sie stellte zu viele Fragen und lachte dafür zu wenig. Früher hatte sie diese störenden Eigenschaften gut kaschiert mit entzückenden Flechtfrisuren, aber mittlerweile war schon schlichtes Frisieren am Morgen ein Drama.

Der Mann namens Klaus hatte den entscheidenden Vorteil einer eigenen Wohnung direkt gegenüber. Trotzdem, er war eigenartig, ein Starrer, ein Kaffeeverweigerer, kein Naturtalent im Umgang mit Kindern. Karin beschloss, mit dem realen Umstyling zuzuwarten und sich noch Zeit zu geben. Eineinhalb Stunden später schlief sie endlich ein, um gleich wieder von Helene geweckt zu werden, die weinte, weil sie aus dem Bett gefallen war.

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