Читать книгу Ameisenmonarchie - Romina Pleschko - Страница 21

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NICHT MEHR ZU sprechen schränkte Magdalena im Alltag weitaus weniger ein, als sie angenommen hatte. Nachdem der kalte Buchstabenentzug überstanden war, sie nicht mehr bei jeder Aufregung gurrende Laute oder gar eine Silbe produzierte, die Sprache in ihrem Kopf blieb, dort, wo sie hingehörte, war es, als hätten sich längst schon alle anderen daran gewöhnt. Herb Senior hielt weiter ungestört seine Monologe über medizinische Ethik im östlichen Ausland und wenn er hin und wieder persönlich wurde, sich etwa in Erinnerungen an ihre Anfangsjahre verlor, dann sprach er, so organisch, als wäre es nie anders gewesen, auch ihren Part mit, und Magdalena blieb nichts anderes übrig als zu nicken. Sie perfektionierte den Vorgang des Kinnhebens und Kinnsenkens, sodass sie damit unzählige unterschiedliche Aussagen auszudrücken vermochte. Ganz langsam und sachte ausgeführt bedeutete er sogar ein Kopfschütteln, aber dazu musste man Magdalena gut kennen.

Herb Junior war anfangs verwirrt gewesen, hatte öfter nachgefragt, ob alles bei ihnen in Ordnung sei, woraufhin sie einfach nur lächelte und ihm sanft über die Wange strich, denn das hatte ihn schon als kleinen Jungen immer aus dem Konzept gebracht, diese einsetzende Rührung, dieses Verlangen nach mehr.

Ihre Spaziergänge machte sie weiterhin, das war überhaupt kein Problem, und alle notwendigen Besorgungen verlegte sie in gut besuchte Supermärkte und das Internet. Der Paketbote glaubte fest an ihre Gehörlosigkeit, dies wurde Magdalena mit Scham bewusst, als er die ersten Zeichen in Gebärdensprache an ihr versuchte. Zu Weihnachten gab sie ihm immer einen größeren Geldschein, denn er hatte wirklich viel zu schleppen für sie, das ganze Jahr über.

Arztbesuche stellte sie zur Gänze ein, sie war ohnehin nie ernsthaft krank, und für ihren Reizdarm stellte sich das Dauerschweigen sogar als probate Therapie heraus. Einmal brach ihr ein Stück Zahn ab, als sie in eine Salamischeibe biss, da erwog sie kurz einen Termin beim Zahnarzt, gab sich aber schlussendlich damit zufrieden, den verbliebenen halben Eckzahn mit einer Nagelfeile stumpf zu feilen.

Magdalena kam gut zurecht.


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