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4.

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Ed Carberry führte den vierköpfigen Trupp an. Es war seine Pflicht und Schuldigkeit als Profos der „Isabella“, und er erinnerte sich flüchtig daran, wie er die ganze Crew mal im spanischen Vigo in ein Edelbordell geführt hatte.

Er brach wie ein Büffel durch das knackende Unterholz und sah eines der eingeborenen Mädchen, das letzte des Quartetts, vor sich dahinhetzen. Ihr wackelnder Po übte eine magische Anziehungskraft auf den Profos aus.

Über ihren wohlgerundeten Hüften spannte sich eine Kette aus weißen Perlen um ihre Taille, das war alles, was sie an Kleidung aufzuweisen hatte. Ihre schwarzen Haare flatterten. Sie kicherte, und irgendwo vor ihr lachten auch die drei anderen.

Carberry stieß ein begeistertes Grunzen aus. Necken wollten sie ihn also! Bitte, er ging gern auf das Spielchen ein. Wer gewann, würde sich ja gleich zeigen.

Sir John hatte sich von seiner Schulter gelöst und ließ von oben, aus dem gewaltigen Baumkronendach des Urwaldes, seine zeternde Stimme vernehmen. Matt, Bob und Bill stolperten hinter dem Profos her, rempelten sich an, fluchten, lachten.

Lianen und andere Kletterpflanzen umrankten die mächtigen Stämme der Bäume rings um die vier. Auf den Ästen lebten Halbschmarotzer und Epiphyten, vor allem Orchideen, die ein wirres Netz von Luftwurzeln ausstreckten, mit denen sie die lebenswichtige Feuchtigkeit in sich aufnahmen. Auf dem Boden breitete sich ein unübersehbares Durcheinander von Wurzeln, Farnen, Bärlappgewächsen und Kräutern aus.

Betörend war der Duft, den die Blumen und Kräuter verströmten. Carberry roch nur dies, nicht den erdigen und fauligen Dunst des Regenwaldes, überhaupt, er glaubte zu schweben.

Aber mit der Glückseligkeit kann es schnell vorüber sein, denn der Tropenwald ist voller Überraschungen und Fallen.

Carberry glitt plötzlich aus, verfing sich mit dem rechten Fuß und schlug der Länge nach hin. Matt, Bob und Bill liefen auf.

„Himmelhunde!“ fuhr Carberry sie an. „Könnt ihr nicht aufpassen?“

„Wo sind die Frauenzimmer?“ wollte Matt wissen.

Sie schauten nach vorn. Aber inzwischen war auch das vierte nackte Indianermädchen wie ein Spuk verschwunden.

„Verflixt und zugenäht“, sagte Bill leise. „Eben sind sie uns noch vor der Nase herumgehüpft und jetzt …“

„Du hältst die Klappe“, versetzte der Profos finster. „Du hast ja keine Ahnung. Gleich tauchen sie wieder auf. Sie können’s kaum erwarten, uns so richtig zu umgarnen.“

Bill schob sich wortlos an Carberry vorbei. Er hatte sein Messer gezückt und schnitt jetzt geschickt einen schmalen Pfad in das Blatt- und Zweiggetümmel. Er wollte sich wieder mal bewähren, vor allen Dingen vor Carberry. Er würde ihnen allen schon beweisen, daß er auf allen Gebieten ein Teufelskerl war.

Hinter ihm rappelte sich Carberry auf, setzten sich auch Matt und Bob wieder in Marsch, aber sie konnten meckern, soviel sie wollten, Bill hatte jetzt die Spitze übernommen.

Unvermittelt tat sich vor ihm eine Art Schneise auf. Ohne zu zögern, stürmte er hinein. Leichtfüßig bewegte er sich voran. Täuschte er sich, oder war da wieder dieses Kichern?

Jählings verharrte er. Da – da war die Hübsche ja wieder! Das vierte Mädchen. Es stand am Ende der Schneise, dort, wo der Dschungel wieder ganz zuwucherte und eine Barriere bildete. Kokett schwenkte sie die Hüften, lächelte und bedeutete Bill durch Gebärden, sich doch zu nähern.

„He“, sagte er. „Verstehst du spanisch?“

Sie antwortete etwas, das er nicht verstand.

„Egal“, entgegnete er grinsend. „Wir werden uns auch so gut verstehen.“

Er wollte weitergehen, aber etwas raschelte und knackte hinter seinem Rücken. Jemand hielt ihn am Arm fest. Carberrys Stimme grollte neben seinem Ohr.

„Das könnte dir so passen, du Würstchen. Der Vortritt gebührt mir.“

„Laß mich los!“ zischte Bill.

Matt und Bob waren ebenfalls zur Stelle und verhielten neben ihnen. Ihre Blicke waren auf das nackte Mädchen geheftet. Inzwischen hatte sie sich darauf verlegt, ihren Körper provozierend mit den Händen zu massieren. Als die Finger bei den hochsitzenden, straffen Brüsten angelangt waren, verschluckte sich Bob Grey.

Er hustete. Matt Davies sagte: „Hör mal, Ed, wer hat die Weiber eigentlich als erster entdeckt?“

„Du, aber ich bin der Profos.“

„Hölle und Teufel“, keuchte Bob Grey. „Wer sind wir eigentlich? Geier, die sich gegenseitig zerfleischen? Bisher haben wir uns wegen eines Weiberhinterns noch nicht in die Wolle gekriegt, und dabei soll’s auch bleiben. Wir marschieren jetzt alle vier zu ihr. Und dann fragen wir sie nach ihren Freundinnen. Es sind genug Mädchen für alle da.“

„Das ist ein Wort“, sagte Carberry, ohne den Blick von der Urwaldschönen zu nehmen. „Also los.“

Sie strebten gemeinsam auf das Mädchen zu – und alle zusammen spürten sie, wie der Boden plötzlich unter ihren Füßen nachgab. Bill ruderte mit den Armen, Carberry suchte nach Halt, Matt und Bob kippten im Sturz vornüber und verkeilten sich in Carberry.

Und zu alledem lachte das Mädchen. Es klang leise und verächtlich.

Der Untergrund tat sich prasselnd auf und verschlang die vier Männer. Sie landeten hart, sackten hin, stießen sich die Knie und die Köpfe. Laub und eine Menge Zweige prasselten auf sie nieder.

Matt stieß plötzlich einen gurgelnden Laut aus. Seine Finger hatten einen glatten, langen Leib zu fassen bekommen, der sich seinem Griff zu entwinden suchte.

„Eine Schlange“, raunte Bill voll Entsetzen.

Matt besaß den Nerv, das Reptil mit der gesunden Linken festzuhalten und ihm den Eisenhaken auf die Schädelplatte zu hauen. Er traf. Es gab einen häßlichen Laut, dann verendete das Tier mit heftigem Zukken.

„War die giftig?“ fragte Bob Grey.

„Frag jetzt nicht“, erwiderte Carberry erzürnt. „Mann, wir sind wie die Tölpel, wie die blutigen Anfänger in eine Fallgrube gestürzt. Sehen wir zu, daß wir uns schleunigst wieder herausarbeiten.“

Er blickte nach oben. Die Öffnung der schätzungsweise vier Yards tiefen, geschickt angelegten Fallgrube war ein Rechteck über ihren Köpfen. Weiter oben lag das Grün des Blätterdaches, das das Licht des zur Neige gehenden Tages filterte.

In dieses Bild schob sich der Mädchenkopf. Das Mädchen lächelte, ihre schwarzen Haare hingen zottig in ihr Gesicht.

„He“, sagte Carberry. „Hilf uns hier ’raus. Ruf die anderen. Verstehst du mich?“

Sie sagte etwas, das er nicht begriff, dann steckte sie ihm die Zunge heraus.

„Ich soll dir wohl den Arsch versohlen!“ brüllte er nach oben.

„Ed, sprich spanisch mit ihr“, sagte Matt Davies. „Vielleicht versteht sie dich dann besser.“

Carberry versuchte es. Sein Spanisch war holprig, aber jeder Don war, wie sich mehrfach erwiesen hatte, in der Lage, es zu verstehen. Anders das Eingeborenenmädchen. Es kicherte nur, dann zog es den Kopf wieder weg.

Carberry begann in allen Tonlagen zu fluchen. Er zog alle Register, aber das nutzte nichts, damit war die Schlappe auch nicht auszubügeln.

„Die Waffen ’raus“, sagte er. „Wir geben Schüsse ab, damit Hasard und die anderen uns finden. Männer, es ist eine Schande, aber wir haben keine Wahl.“

Er wollte seine Pistole zücken, aber in diesem Augenblick war über ihm eine huschende Bewegung. Etwas sauste auf ihn nieder. Es traf seinen Kopf. Er hörte einen Paukenschlag, der seine Trommelfelle platzen ließ und seinen Schädel zersprengte. Dann schwanden ihm die Sinne, und er fühlte nicht mehr, wie er hinsank.

Bill, Bob und Matt sahen die vier Mädchenköpfe, die oben am Rand der Grube erschienen waren. Schlanke Hände zuckten vor und warfen Steine in das feuchte Erdgefängnis. Unter dem Hagel streckte sich auch Matt aus, nach ihm Bob, und beide brachten es nicht mehr fertig, ihre Pistolenhähne zu spannen und die Waffen abzufeuern.

Bill blieb als letzter bei vollem Bewußtsein. Und er begriff, welchem Trick sie aufgesessen waren. Mit einem Schlag war ihm alles klar, bis in die letzte Einzelheit.

„Ihr Hexen“, sagte er. „Das wolltet ihr also wirklich. Es war kein Zufall, daß wir in die Fallgrube getappt sind. O, wir hirnverbrannten Narren, wir …“

Weiter gelangte er nicht. Er hatte keine Schußwaffe, die er betätigen konnte. In einem jähen Aufwallen kalter Wut schleuderte er sein Messer nach oben, um sie zu erschrecken, aber es prallte an den niederregnenden Steinen ab.

Bill brach unter einem Brocken zusammen, der seine Schläfe traf. Im Fallen drehte er sich um die Körperlängsachse und gewahrte hoch über sich noch einen karmesinroten Farbfleck. Er wußte aber nicht, ob das wirklich Sir John war oder nur eine Sinnestäuschung.

Alles versank in tiefster Finsternis.

Hasard hielt kurz inne, als er hinter sich ein sirrendes Geräusch vernahm. Er wandte sich um und blickte durch die soeben gehauene Bresche im Dikkicht auf den Fluß.

Ferris stand dicht hinter ihm und hatte sich ebenfalls umgedreht. Die drei Wikinger Thorfin Njal, Eike und Oleg befanden sich noch in der Nähe des Bootes und richteten gerade ihre Musketen auf die Wasserfläche.

Aber einer der Bogenschützen der „Isabella“ hatte bereits ganze Arbeit geleistet. Ein Schwarzalligator hatte sich dreist von hinten an die Gruppe herangepirscht. Den Rachen hatte er schon aufgeklappt, um einem der Wikinger ins Bein zu beißen. Aber jetzt erstarrte er in der Bewegung.

Der langschäftige Pfeil ragte aus seinem Panzer auf. Der Alligator bäumte sich auf. Sein Schwanz peitschte das Wasser, hoch spritzte die lehmgelbe Brühe auf. Er drehte sich auf den Rücken, aber damit trieb er sich den Pfeil nur noch tiefer in den Leib.

Langsam verendete er. Drüben auf Hasards Galeone hob jemand triumphierend den Arm. Batuti. Er hatte den Pfeil abgeschossen.

Das Ende des Schwarzalligators war seinen Artgenossen Abschrekkung genug. Sie hielten sich zurück. Blinzelnd trieben sie im Wasser.

Hasard winkte Batuti und den anderen auf der „Isabella“ zu. Ferris und den Wikingern sagte er: „Wenn es irgend möglich ist, gebraucht ihr die Schußwaffen nicht, verstanden? Ich will hier nicht sämtliche Pferde scheu machen oder schlafende Löwen wecken.“

„Was meinst du denn genau?“ erkundigte sich Ferris.

Hasard gab keine Antwort. Er drehte sich wieder um und fuhr fort, erbittert auf die Schlingpflanzen einzuhauen. Die Wut trieb ihn voran. Carberry würde was zu hören kriegen, wenn er ihn erst gefunden hatte.

Gut, Hasard konnte ja begreifen, daß das verdammte Klima den Gehorsam und den kritischen Verstand seiner Männer beeinträchtigt hatte. Trotzdem. Er wollte und konnte nicht billigen, daß die vier Kerle einfach einer Handvoll Urwaldmädchen nachliefen, die wie aus heiterem Himmel aufgetaucht waren. Zumal er Carberry schon mehrmals nahegelegt hatte, auf Bill aufzupassen und Sorge dafür zu tragen, daß dem Jungen nichts geschah. Immerhin war Bill erst fünfzehn.

Aber das Schlimmste an der Sache war, daß Hasard ahnte, wer diese Mädchen waren. Hatte er nicht aus Montanellis Mund vernommen, daß Amazonien existierte, daß von der Zitadelle aus gesehen weiter stromauf weibliche Krieger auf Männer Jagd machten?

Auch von Hutten hatte ihm seinerzeit über diese Frauen berichtet. Männermordende Kanaillen. Sogar als Kopfjäger sollten sie sich betätigen, und es existierten schaurige Schilderungen, wie sie diese Trophäen zum Schrumpfen brachten und dann in ihren Hütten aufhängten.

So ahnte er es nicht, er wußte, daß das ganze Getue der braunhäutigen Mädchen nur auf ein Ziel ausgerichtet war. Es war ein Manöver gewesen, einige von den Schiffen wegzulocken, in den Urwald – in den Tod!

Hasard hatte trotz der Hitze das Gefühl, als liefe ihm eiskaltes Wasser über den Rücken.

Wen der Wald verschlang, den gab er nicht mehr frei. Ein paar Yards genügten, und man verlor jegliche Orientierung. Hasard rief sich dies alles in Erinnerung – und schlug immer wilder mit seinem Cutlass in das Gestrüpp.

Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen.

Ferris rückte auf. Instinktiv verharrte auch er und verhielt sich mucksmäuschenstill.

„Ich habe einen Laut gehört“, raunte Hasard ihm zu. „Einen Schrei. Unterdrückt, aber garantiert von einem Mann ausgestoßen. Er kam aus der Richtung dort.“ Er wies mit dem Schiffshauer in die Richtung, dann arbeitete er sich weiter vor.

Irgendwann einmal, während er den ersten Wutstau an dem Dickicht abreagierte, glaubte er das Mädchenkichern wie aus weiter Ferne zu vernehmen. Er blieb nicht stehen und achtete nicht darauf, sondern trieb die Bresche weiter voran.

Etwas berührte seine Schulter. In einer Schutzreaktion wollte Hasard sich zur Wehr setzen und es blitzschnell abstreifen. Aber dann stellte er fest, wer da zu ihm gefunden hatte.

„Sir John“, sagte er.

Der Ara hüpfte aufgeregt hin und her. Er schien Hasard etwas mitteilen zu wollen. Wie ausgeprägt seine Instinkte waren, hatten die Seewölfe ja bereits erlebt, als sie sich zur Zitadelle geschlichen hatten, um sie zu erobern.

„Führ mich zu Carberry“, sagte Hasard. „Los, bring mich zu ihm, damit ich ihm die Haut in Streifen von seinem verdammten Affenhintern abziehen kann.“

Sir John hob wieder von seiner Schulter ab und flatterte ein Stück in die Höhe. Leicht taumelnd bewegte er sich durch das Ast-, Blatt- und Lianenlabyrinth über den Köpfen der Männer.

Seine Flugstrecke verriet Hasard, daß er auf der rechten Fährte war. Er intensivierte seine Anstrengungen noch. Der Cutlass zuckte und tanzte im Dickicht. Hasards Wut wich seinem Bangen um das Leben der vier Vermißten.

Sir John gab einen krächzenden Laut von sich. Hasard wertete das Zeichen sofort richtig. Er schlich geduckt, hielt den Cutlass weiterhin in der Rechten; und mit der Linken zückte er die doppelläufige Reiterpistole.

Eine Schneise öffnete sich vor ihm. Schon von weitem sah er das gähnende Loch im Boden. Er pirschte darauf zu.

Etwa eine halbe Stunde, nachdem Carberry, Matt Davies, Bob Grey und der Schiffsjunge Bill geradezu fluchtartig die „Isabella“ verlassen hatten, blieb Hasard betroffen am Rand der Fallgrube stehen.

„Teufel“, sagte er. „Wie sauber diese Hexen gearbeitet haben. Alles akkurat mit einem Geflecht aus Ästen, Zweigen und Blättern abgedeckt. Die Resttarnung hält ja noch, man kann ganz genau sehen, wo Carberry und die drei anderen eingebrochen sind.“

„Du meinst, sie waren es wirklich?“ fragte Ferris Tucker. „Ich meine, ist ein Irrtum ausgeschlossen?“

Hasard wies nur auf Sir John. Der Papagei flatterte auf einem fixen Punkt in der Luft und gackerte aufgebracht.

Hasard ließ sich auf die Knie sinken, beugte sich so weit wie möglich vor und blickte in die Grube.

„Da unten liegt ein Schlangenkadaver, das ist alles“, sagte er.

Thorfin Njal und die beiden anderen Wikinger waren gleichfalls an der Unglücksstätte eingetroffen. „Beim Odin“, sagte Eike. „Mir läuft es kalt über den Rücken.“

„Wem wohl noch?“ murmelte Oleg.

„Wo sind die Männer?“ sagte Thorfin Njal.

Hasard drehte sich zu ihm um. „Du bist ein Witzbold, weißt du das? Ich wäre um einiges erleichtert, wenn ich eine Ahnung hätte, wo sie abgeblieben sind. Ferris, ich sehe, du hast ein Stück aufgerolltes Tau am Gürtel hängen. Ich seile mich in die Grube ab und untersuche sie genau.“

„Paß auf“, warnte Thorfin. „Es könnten noch andere Schlangen in dem verfluchten Loch lauern.“

Wenig später hangelte Hasard an dem Tau in die Grube hinunter. Er kehrte zurück und wies einen länglichen Gegenstand vor.

„Bills Messer“, sagte Ferris.

„Ja, und der Grund der Grube ist mit Steinen bedeckt. Könnt ihr euch den Rest ausmalen? Sie haben unsere vier Leute betäubt und dann weggeschleppt.“

„Sie? Wer sie?“ fragte Oleg begriffsstutzig.

Eike sah ihn strafend an. „Die Weiber natürlich, du Holzkopf.“

„Aber – wieviele waren es denn eigentlich?“

„Vier“, sagte Hasard.

Oleg leckte sich die Lippen, es war eine nervöse Geste. „Moment mal. Da stimmt was nicht. Vier Mädchen können mit aller Kraft gerade einen Brocken wie Carberry anheben, aber ob sie ihn aus der Grube wuchten können, bezweifle ich. Und dann, Matt, Bob und Bill. Mir kann doch keiner erzählen, daß die Weiber unsere Freunde in so kurzer Zeit einfach aus der Grube hieven können.“

„Hört sich logisch an“, sagte Hasard. „Ist es aber nicht. Denn ich befürchte, es wimmelt hier im Busch nur so von Amazonen.“

Thorfin Njal riß die Augen weit auf. „Amazonen?“

„Hast du einen anderen Ausdruck für diese Frauen?“

„Ich dachte …“

„Daß sie harmlos wie die Assurini-Mädchen sind, nicht wahr?“ vervollständigte Hasard den Satz. „Nun, das haben sich Carberry und seine drei Helden wohl auch gesagt. Und jetzt stecken sie dick im Schlamassel. Wir müssen sie heraushauen, diese Idioten. Irgendwie.“

Sir John ließ sich wieder auf der Schulter des Seewolfs nieder. Er zupfte ihn mit dem Schnabel am Ohr.

„Der will was“, sagte Eike. „Der weiß noch mehr.“

„Vielleicht kann er uns führen.“ Hasard streichelte dem klugen Ara den Kopf. „Sir John, ich glaube allmählich, daß du nicht mit Gold aufzuwiegen bist. Dieser verdammte Profos weiß gar nicht, was er an dir hat.“

Er wandte sich an Oleg. „Oleg, du läufst zum Boot zurück. Falls dir unterwegs was passiert, schießt du sofort. Auf Waffenlärm nehme ich jetzt keine Rücksicht mehr. Du pullst zu unseren Schiffen, erklärst, was los ist, und sagst Ben Brighton und Siri-Tong, sie sollen gefechtsklar machen lassen.“

„In Ordnung. Und ihr?“

„Wir folgen den Spuren der Amazonen, ohne Zeit zu verlieren“, antwortete Thorfin Njal. „Hasard, Siri-Tong wird uns begleiten wollen.“

„Das hat mir noch gefehlt.“ Hasard sagte es nicht, aber er kehrte absichtlich nicht selbst zu der „Isabella“ und dem schwarzen Segler zurück. So konnte sich die Rote Korsarin nicht – halsstarrig, wie sie manchmal war – an ihn hängen und ihm in den Dschungel folgen.

Zu Oleg sagte er noch einmal eindringlich: „Bleibt alle auf den Schiffen und wartet die Entwicklung der Dinge ab. Keiner rührt sich vom Fleck.“

„Klar“, erwiderte Oleg.

„Hau schon ab“, sagte Thorfin Njal, und Oleg fuhr herum und lief durch die Schneise und die Bresche, die Hasard geschaffen hatte, zum Amazonas zurück.

Hasard ließ Sir John auf seinen ausgestreckten Zeigefinger klettern und hielt ihn sich vors Gesicht. „Also, du komischer Vogel, nun zeig uns mal, wo es lang geht.“

„Himmel, Arsch und Zwirn“, sagte der Papagei. Er hob ab und flog in kurvenreicher Bahn durch den dunkler werdenden Regenwald davon.

Seewölfe Paket 5

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