Читать книгу Seewölfe Paket 5 - Roy Palmer - Страница 42
7.
ОглавлениеHasard war außer sich vor Wut. Er, der „Häuptling der Viracochas“, wie die Amazonen ihn inzwischen getauft hatten, hatte sehr schnell vom Opferplatz in seine Gefängnishütte zurückkehren dürfen. Schaki, Nabona und Marita hatten ihm lediglich versichert, daß sie ihn vor Sonnenaufgang noch einzeln zu sich in ihre Behausungen bringen lassen würden, das alles in holprigem Spanisch.
Er hatte mit den anderen sieben Männern kein Wort wechseln können. Die Frauen hatten ihnen jede gegenseitige Verständigung untersagt. So waren sie zusammengetrieben worden, die verdammten Weiber hatten Fleischbeschau gehalten, und dann hatten sie wieder gehen dürfen: Hasard, Thorfin Njal, Eike, Ferris Tucker, Ed Carberry und Bill.
Nur Matt Davies und Bob Grey durften noch bei den Häuptlingen verweilen.
Matt mußte zeigen, was er mit seiner Eisenhakenprothese alles aufstellen konnte. Bob durfte ein Zielwerfen mit Messern auf einen Baumstumpf veranstalten, weil die Frauen und Mädchen herausgekriegt hatten, wie gut er mit solchen Waffen umzugehen verstand.
Aber zur Flucht hatte Bob dennoch keine Chance. Wenn er eine Amazone mit einem der Messer tötete, würden die anderen über ihn herfallen und ihn eines grausamen Todes sterben lassen.
Hasard hörte die Musik, die das „Auftreten“ seiner beiden Männer begleitete, und vernahm das beifällige Rufen und Jauchzen der Frauen.
Seine Männer als dressierte Tanzbären und Zuchtbullen! Das war der Gipfel. Hasard verspürte Lust, Sarana zu ohrfeigen und ihr den Hintern zu versohlen, aus seinem Schilfmatten-Verlies auszubrechen und sich eine der Anführerinnen dort drüben auf dem Opferplatz zu greifen – oder am besten gleich alle drei.
Aber er wußte, daß er gerissener als sie alle zusammen sein mußte. Die richtige Strategie war alles. Er wartete darauf, daß die Versammlung auf dem Dorfplatz sich verlor und Ruhe eintrat.
Inzwischen streckte er sich auf einer der Grasmatten in der Hütte aus. Matts und Bobs Aufführung anzusehen, war ihm zuwider. Seine Augen richteten sich auf Sarana, die sich stumm niedergekauert hatte.
„Auf was wartest du, Blume des Dschungels?“
Sie lächelte. Langsam erhob sie sich und trat zu ihm. Sie stand aufrecht über ihm, und ihre großen, festen Brüste waren zwei wundervolle Berge in einer phantastischen Landschaft.
„Gefalle ich dir, Hasard?“
„Ich habe mich für die erste Möglichkeit entschieden.“
„Ich verstehe dich nicht.“ Sie setzte sich neben ihn und massierte mit kundigen Fingern seine Brust.
„Ich werde es mit Fassung tragen.“
„Du bist klug, großer Mann.“
Und ich schmiere dir genug Honig um dein entzückendes Mäulchen, dachte er. Alles hing davon ab, ob auch hinter der Hütte Wächterinnen postiert waren. Hasard schickte reihenweise Stoßgebete zum Himmel, daß dem nicht so sei.
Sarana beugte sich über ihn, ihre Haare kitzelten ihn wieder, dann waren ihre vollen, weichen Lippen auf seinem Mund und saugten sich fest. Hasard akzeptierte das Spiel. Er trug mit viel Phantasie dazu bei. Siri-Tong, dachte er immer wieder, wenn du das erleben müßtest, wäre es um deine Beherrschung ein für allemal geschehen.
Auf dem Rondell inmitten der Hütten schien sich eine Wende anzubahnen. Das Wirbeln schlanker Hände auf den Fellen der Trommeln ließ allmählich nach, und auch die Jakui – Flöten und Saiteninstrumente – hatten jetzt einen weniger erregten und aufstachelnden Klang.
Ohne es zu sehen, wußte Hasard, daß Schaki, Nabona und Marita die beiden zurückgebliebenen weißen Gefangenen in ihre Hütten verbannen würden und Schaki dann zum Aufbruch rüsten würde.
Hasard hatte keine Zeit mehr zu verlieren.
Sarana hatte ihre Position gewechselt und war über ihn gekrochen. Ausgestreckt lag sie auf ihm, küßte ihn immer leidenschaftlicher und voll Begierde. Es war ihm gelungen, sie in einen Rausch ihrer Triebe zu versetzen. Ihre Hände faßten mal nach seinen Wangen, mal nach seiner Brust, glitten tiefer, bis an seinen Hosenbund.
Hasard hatte eine Hand frei. Er schob sie in die Tasche und tastete sehr, sehr behutsam nach dem Pfeil. Wenn er sich nur nicht selbst an der nadelartigen Spitze verletzte!
Plötzlich durchfuhr ihn ein Gedanke. Er war die ganze Zeit über von der Voraussetzung ausgegangen, es handle sich um einen Betäubungspfeil. Und wenn es sich nicht so verhielt, wenn der Dorn in tödliches Gift getunkt worden war?
Die Amazonen wollten sie umbringen. Dennoch brachte Hasard es nicht fertig, das gleiche an der hübschen Sarana zu verüben.
„Sarana“, sagte er leise.
„Sprich nicht“, hauchte sie ihm ins Ohr.
„Deine Blasrohrpfeile – sind sie tödlich?“
„Nein.“ Ihre Antwort erfolgte reflexartig, ohne daß sie sich des Inhaltes richtig bewußt wurde. „Sie bringen nur den tiefen Schlaf. Saranas Pfeil war es, der dich ins Reich der Träume schickte.“
„Du verflixtes kleines Biest“, murmelte er.
„Küß mich. Friß mich“, gab sie erstickt zurück – und nahm ihn in eine stürmische Umarmung.
Hasard drückte den Blasrohrpfeil ganz sanft in ihr entzückendes Hinterteil. Er hatte ein ruhiges Gewissen dabei. Sarana überhäufte ihn mit brennenden Küssen, regte sich heftig auf ihm und merkte nicht, wie der Dorn in ihr Fleisch drang.
Die Sekunden verstrichen für den Seewolf wie kleine Ewigkeiten. Er glaubte schon, der Pfeil zeige überhaupt keine Wirkung, da wurde Saranas gieriges Bestreben lascher. Ihr Mund löste sich von seinen Lippen. Der Schein des Erkennens glomm kurz in ihren schwarzen Augen auf, dann aber gab sie nur noch einen Seufzer von sich und rollte zur Seite von seinem Körper ab.
Hasard richtete sich auf und gab ihr einen Klaps auf den Po. „Schlaf schön und träume süß, du feurige Geliebte.“ Er kroch zum Hütteneingang, verharrte und las den Ledergurt mit den Blasrohrpfeilen und Saranas Messer auf.
Das war ein langer, doppelschneidiger Dolch mit reichen Griffverzierungen. Bestimmt das Relikt eines naseweisen Spaniers, der den Fängen dieser Höllenweiber nicht wieder entwichen war.
Hasard lauschte. Die Musik war ganz verstummt. Vereinzelt drangen noch Wortfetzen zu ihm herüber. Einmal tuschelten auch die Wächterinnen vor seiner Hütte miteinander.
Dann setzte draußen hastige, huschende Betriebsamkeit ein. Hasard wußte, was das zu bedeuten hatte. Er riskierte keinen Blick zwischen den Grasmatten des Türloches hindurch, aber er konnte auch so gut genug verfolgen, wie die Amazonen zum Aufbruch rüsteten.
Jawohl, sie wollten zu den Schiffen. Sie hatten den Teufel im Leib, waren zu allem fähig, außerdem hatten sie jetzt noch ein paar von Hasard und seinen Männern erbeutete Feuerwaffen. Wahrscheinlich konnten sie damit umgehen.
Hasard glitt zur Rückwand der Hütte. Sarana lag reglos da und sah immer noch hinreißend aus. Man war versucht, an eine pikante, aufreizende Komödie zu glauben, und gerade das war der tragische Irrtum der Männer, der die Amazonen immer wieder siegen ließ.
Hasard zerschnitt die Schilfmatten der hinteren Wand. Das Material erwies sich als härter, als er angenommen hatte. Der Schweiß brach ihm plötzlich aus allen Poren. Wieder eine Verzögerung, wieder kostbare Sekunden, Minuten, die ihm verloren gingen.
Endlich hatte er ein Schlupfloch in die Wand gearbeitet. Er ließ sich auf alle Viere nieder, streckte den Kopf vorsichtig zur Öffnung hinaus und schaute nach beiden Seiten.
Er durfte aufatmen. Wenn auch die Hinterfront der Behausung von Wächterinnen beschützt gewesen wäre, dann hätten sie ihn in diesem Augenblick unweigerlich entdeckt.
Hasard zögerte nicht. Er kroch ins Freie, so schnell er konnte, richtete sich auf und lief, das Messer in der rechten Hand, an der düsteren Fassade entlang nach rechts, zur nächsten Hütte.
Sein Plan war ebenso einfach wie riskant. Er wollte die Freunde einen nach dem anderen aus ihren Gefängnissen holen. Gemeinsam würden sie die Wächterinnen überwältigen können. Sie mußten sie als Faustpfand benutzen, den kürzesten Weg zu den Schiffen suchen und Schaki und die anderen stoppen, bevor es zu spät war.
Hasard wußte, daß dies alles auf wackligen Beinen stand. Aber wie sollte er sonst vorgehen? Einfach weglaufen und die Männer im Stich lassen? Wachte Sarana auf, wurde man seiner Flucht gewahr, so war es um die sieben möglicherweise schon jetzt geschehen.
Hasard sagte sich: wenn er zunächst nur Carberry und Ferris Tukker oder Thorfin Njal herauspaukte und wenn sie dann sofort die im Dorf verbliebenen Anführerinnen Nabona und Marita in ihre Gewalt bringen konnten, war schon fast alles gewonnen.
Aber daraus wurde nichts.
Er huschte von seiner Hütte zur Nachbarhütte, und in diesem Moment wurde er bereits entdeckt. Zwei Amazonen rückten von rechts auf ihn zu. Sie hatten sich offenbar entschlossen, den Gang zwischen den beiden Bauten zu kontrollieren. Jetzt schrien sie beide gleichzeitig auf.
Hasard duckte sich, hetzte weiter, aber sie schnitten ihm den Weg ab. Der einen raffte er durch einen von unten geführten Hieb den Speer aus der Hand. Sie kreischte. Sie alarmierte das gesamte Dorf. Überall wurden Stimmen laut.
Die zweite Angreiferin war eine füllige Person, eine richtige Walküre, wie die Wikinger gesagt hätten. Sie richtete ihr Blasrohr auf Hasard. Er riß das Bein hoch, traf mit dem Fuß ihre Waffe, ließ sie hochzucken. Der todbringende Pfeil zischte in die Nacht, ohne Schaden anzurichten.
Hasard sprang vor, packte mit beiden Händen zu und entriß ihr das Blasrohr. Die Amazone stieß einen zornigen Laut aus. Hasard schleuderte das Rohr hinter sich. Das dicke Weib zückte ein Messer und ging damit auf ihn los.
Die andere hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt. Sie griff nicht mehr in den Kampf ein. Sie gab Fersengeld und rannte durch den Gang zwischen den beiden Hütten davon, als säßen ihr sämtliche Dämonen der Hölle im Nacken.
Die Walküre führte einen schwungvollen Messerhieb gegen Hasards Unterleib. Hasard sah rot. Fair play war ein Begriff, den die Lords in England geprägt hatten, und der selbst dort nicht immer eingehalten wurde. Aber Hasard hatte eine tiefe Abneigung gegen hinterhältige, unzulässige Kampfmethoden.
Er ließ sich fallen und rollte auf die Dicke zu. Blitzschnell hatte er ihre stämmigen Fußknöchel gepackt und riß daran. Sie verlor den Boden unter den Füßen, weil er ihr glatt die Beine wegzog, kippte vornüber und landete auf der Nase.
Dabei verlor sie das Messer. Hasard stieß es mit dem Fuß noch ein Stück weiter weg. Die Walküre wollte sich aufraffen, sich auf ihn werfen und ihn mit ihrem Körpergewicht zerquetschen, aber soweit ließ er es nicht kommen.
Zwei schallende Ohrfeigen schüttelten ihren Kopf, als sie sich hochstemmte. Benommen ließ sie sich wieder sinken.
Hasard federte zurück und wollte sich der Nachbarhütte zuwenden. Aber inzwischen hatten sich die Amazonen zusammengerottet. Sie rückten an. Von drei Seiten drangen sie auf ihn ein – von links, von rechts, und von vorn aus dem Gang zwischen den beiden Schilfmattenhütten.
Sie waren eine ohrenbetäubend kreischende Einheit, die ihn unterzugraben und zu zerfleischen drohte. Schon wurden Blasrohre gehoben und angesetzt, Pfeile an Bogensehnen gespannt.
Hasard hatte keine Wahl.
Er mußte fliehen.
So weh es ihm tat, die sieben Freunde in der Gewalt der Amazonen zu belassen – er mußte fort, wenn er überhaupt noch etwas ausrichten wollte. Um ihren Pfeilen zu entgehen, mußte er ohnehin schon alles auf eine Karte setzen.
Hasard lief und hielt auf die finstere Mauer des Dschungels zu. Es zischte und surrte in seinem Rücken. Er ließ sich fallen, rollte sich wie ein Panther auf dem Boden ab, kam auf beiden Beinen wieder hoch und hetzte weiter.
Er lief um sein Leben.
Nebelschwaden zogen dicht über die Wasserfläche des großen Stromes dahin. Aus ihrer wattigen Schicht ragten die Rümpfe und Mastwerke der beiden großen Schiffe auf.
Die „Isabella VIII.“ und das schwarze Schiff lagen jetzt näher beieinander. Ben Brighton hatte auf Olegs Nachricht hin Siri-Tong gebeten, dichter neben ihm zu ankern.
Ben hatte wegen Hasards Abwesenheit das Kommando über die „Isabella“ übernommen. Und er hatte Siri-Tong auch untersagt, sich mit einem Trupp zu allem entschlossener Männer auf den Weg in den Dschungel zu begeben.
Siri-Tong war kein kleines Mädchen und brauchte keine überflüssigen Ratschläge. Ebensowenig schätzte sie es, wenn man ihr Befehle gab. Aber in diesem Fall war Ben Brighton rigoros und ließ sich auf nichts ein.
Hasard hatte keine Order gegeben, ihm nachzustoßen. Hätte er es gewollt, so hätte er Oleg diese ausdrückliche Anweisung mit auf den Weg gegeben.
Schmollend war Siri-Tong also auf ihrem Schiff geblieben. Nach Einbruch der Dunkelheit war es ihr einmal so gewesen, als sei ein Schuß gefallen, nördlich der Schiffe, irgendwo im undurchdringlichen Busch.
Etwas später war Sir John zurückgekehrt und hatte sich auf ihrer Schulter niedergelassen. Er hatte zunächst noch aufgeregt geschnattert, sich dann aber beruhigt.
„Mein Gott, wenn du doch sprechen könntest“, hatte Siri-Tong zu ihm gesagt. „Dann würdest du uns bestimmt den Weg zu Hasard, Carberry und den anderen zeigen, nicht wahr?“
Sir John hatte nur gekrächzt.
Kurze Zeit darauf war Unruhe an Bord der „Isabella“ entstanden. Die Rote Korsarin hatte hinübergerufen, was los sei, dann war sie in einem Beiboot übergesetzt. Als sie das Oberdeck der „Isabella“ betrat, herrschte dort Grabesstille und dumpfes Brüten. Sogar Arwenack hatte aufgehört, mit seiner Wolläffin zu spielen. Er hatte sie weggescheucht und hockte traurig bei Batuti, der sich auf dem Rand der Kuhlgräting niedergelassen hatte.
„Was ist denn hier passiert?“ fragte Siri-Tong.
Batuti sah zu ihr auf. „Kleines Dan O’Flynn.“ So hatte er Dan schon lange nicht mehr genannt – seit dieser aus seiner Rolle als Schiffsjunge herausgewachsen war. „Böser großer Geist in kleines O’Flynn gefahren. Tobt. Brüllt. O, Batuti nicht mehr leben will.“
Eine richtige Krokodilsträne löste sich aus dem Augenwinkel des Gambia-Negers und kullerte die Wange hinunter. Arwenack begann zu wimmern. Sir John hüpfte voll Mitgefühl von Siri-Tongs Schulter auf den Nacken des Schimpansen, und diesesmal ließ Arwenack, der sonst immer eifersüchtig auf den Ara war, alles mit sich geschehen. Er war sogar bereit, Freundschaft mit dem Papagei zu schließen.
Kopfschüttelnd wandte sich die Rote Korsarin dem Achterkastell zu. Blakky trat ihr entgegen.
„Eigentlich darf ich keinen ’reinlassen, Madame“, sagte er.
„Blacky, bist du verrückt?“ fuhr sie ihn an. „Was wird hier gespielt? Was ist mit dem jungen O’Flynn los?“
„Er ist krank. Hat hohes Fieber. Und der Kutscher hat eine Qua … eine Quaran … Teufel, ich weiß auch nicht, wie das richtig heißt. Verzeihung, Madame. Jedenfalls soll keiner Dans Kammer betreten – außer ein paar Auserwählten. Wegen der Ansteckungsgefahr.“
„Blacky“, sagte Siri-Tong leise. „Laß mich sofort vorbei, oder ich kratze dir die Augen aus.“
Kurz darauf trat die Rote Korsarin in die halb offenstehende Tür des Achterkastellraumes, aus dem ihr Licht entgegenschimmerte. Ben Brighton, Old O’Flynn, Shane und der Kutscher standen über Dans Koje gebeugt. Ihre Mienen als besorgt zu beschreiben, war noch milde ausgedrückt.
Ben blickte zu Siri-Tong. „Ich hatte mir eigentlich verbeten, daß irgend jemand außer uns diese Kammer betritt.“
Siri-Tong trat dicht neben ihn und flüsterte: „Jetzt mach aber mal einen Punkt, Mister Brighton. Ich allein bin für mich und meine Gesundheit verantwortlich. Hör auf, mich herumzukommandieren.“
Ben zuckte mit den Schultern. Alle schauten sie wieder auf Dan O’Flynn, der zuckend und schweißgebadet auf seinem Lager lag. Totenbleich war er, und fast unaufhörlich bewegten sich seine Lippen in unverständlichen, vom hohen Fieber hervorgebrachten Monologen.
Der Kutscher sah zu Siri-Tong. „Wissen Sie, was das für eine Krankheit ist, Madame?“
„Ich fürchte – Malaria.“
„Ja.“ Er erwähnte mit keinem Wort, daß er den Seewolf vor diesen und anderen Konsequenzen ihrer beschwerlichen Amazonas-Reise gewarnt hatte. Er sagte nur: „Ich bin am Ende meiner Weisheit. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Meine Heilmittel taugen nichts gegen diese tükkische Krankheit. Keine Salben, keine Schröpfköpfe, kein Aderlaß, keine Pferdekur kann hier noch etwas ausrichten.“
Siri-Tong legte die Hand auf Dans Stirn. Sie erschrak. Die Frontpartie war fast sengend heiß.
„Kutscher“, hauchte sie. „Ist denn kein Kraut gegen diese verdammte Malaria gewachsen?“
„Ich habe keine Ahnung“, gestand der Kutscher.
„Auch ich weiß keinen Rat“, sagte Siri-Tong.
Old O’Flynn, Ben Brighton und Big Old Shane bedeuteten durch Gebärden, daß auch sie mit ihrem Latein am Ende waren.
„Vielleicht kennen die Indianer irgendwelche Arzneien gegen diese Krankheit“, sagte der Kutscher. „Ich glaube, sie wird von einer eigenartigen Fliege der Tropengebiete übertragen, aber Genaues ist noch nicht bekannt. Nur: Die Eingeborenen sind Meister im Zubereiten von Mixturen und Essenzen, die sie aus den Pflanzen des Dschungels gewinnen.“
Ben schaute auf. „Dann gibt es nur eins. Wir müssen Dan zur Zitadelle schaffen. Die Assurini werden ihn behandeln. Es ist unsere einzige Chance, sonst …“
Er wagte nicht weiterzusprechen, aber Old Donegal Daniel O’Flynn sagte es: „Sonst stirbt er uns unter den Händen weg. Junge, was für Kummer du uns bloß bereitest.“
„Ben“, sagte die Rote Korsarin eindringlich. „Gehen wir. Stellen wir die Mannschaft zusammen, die eins unserer Boote nimmt und mit dem kranken Jungen aufbricht. Am besten wählen wir das größte Beiboot.“
Ben schloß sich ihr an. Sie verließen die Kammer und schritten den Gang entlang, der aus dem Achterkastell auf das Quarterdeck führte.