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bb) Aktivprozess – Klage einer GbR
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Der BGH hat in seiner oben dargestellten Entscheidung vom 29.1.2001 klargestellt, dass die GbR „als solche“ klagen kann. Es müssen also somit nicht mehr alle Gesellschafter der GbR, was gerade bei Gesellschaften mit vielen Gesellschaftern auch zu einem ausufernden Rubrum führen könnte, genannt werden.
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Beispiel Klage für eine BGB-Gesellschaft/GbR
Rechtsanwalt M möchte im Auftrag des Mandanten H die Müller, Maier, Schmitz GbR verklagen. Er kann nun Namens und im Auftrag der GbR seine Klage einreichen:
Klage | |
Müller Maier Schmitz GbR, vertreten durch den/die geschäftsführenden Gesellschafter, Adresse … Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M, Adresse | – Klägerin – |
./. Josef Schneider, Adresse Prozessbevollmächtigter: . . . . . wegen Forderung usw. | – Beklagter– |
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Tipp
Im Aktivprozess empfiehlt es sich in der Regel, nur die GbR auftreten zu lassen.
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Hier wäre es nachteilig, die Gesellschafter als weitere Kläger mit aufzuführen. Würde Rechtsanwalt M. dies aus gebührenrechtlichen Gesichtspunkten, um die Erhöhung (die wohl nicht erstattungsfähig wäre) entstehen zu lassen, tun, setzte er damit seine Auftraggeber einem unnötigen hohen Haftungsrisiko aus. Wird der Prozess nämlich verloren, könnte die Gegenseite einen Kostenfestsetzungsbeschluss auch gegen die Gesellschafter erwirken mit der Folge, dass diese in das Privatvermögen vollstrecken könnte.
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Wurde im Auftrag der GbR geklagt, ist es nicht möglich, die Kosten nach § 11 RVG gegen die einzelnen Gesellschafter festsetzen zu lassen.[33]
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Tipp
Sofern der Rechtsanwalt sich daher zusammen mit seinem Mandanten (GbR) dafür entscheidet, nur im Namen der GbR zu klagen bzw. in den – wohl seltenen – Fällen, in denen allein die GbR verklagt wurde, sollte er eine persönliche Haftungs-(mit-)übernahme betreffend seiner Kosten durch die Gesellschafter in Erwägung ziehen, da auch eine Festsetzung nach § 11 RVG nur die GbR träfe.
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Es wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass bei Vertretung nur der GbR „als solcher“ eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG nicht entsteht (und folglich eine solche auch nicht erstattungsfähig sein kann). [34]
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Die Frage ist m.E. nicht allein danach zu beantworten, „wieviele Kläger“ sichtbar sind, sondern vielmehr auch danach, ob nur die GbR „als solche“ den Anwalt im Streitfall in die Haftung nehmen könnte oder aber nicht doch jeder Gesellschafter unabhängig von dem, was die Gesellschaft „als solche“ entscheidet.
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Den Leser möchte ich gleich zu Beginn meiner Ausführungen darauf verweisen, dass in Praxis mit dieser Frage insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren regelmäßig „kurzen Prozess“ gemacht wird und die Entstehung einer Erhöhung bei Vertretung der GbR „als solcher“ abgelehnt wird. Dennoch bin ich der Meinung, dass diese Frage eine genauere Betrachtung verdient, sei es auch nur, um im Ergebnis dazu zu kommen, eine Vergütungsvereinbarung wegen des besonderen Haftungsrisikos in Erwägung zu ziehen.
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Um sich der Antwort auf die Frage, ob nach RVG eine Erhöhung für Vertretung einer GbR im Aktivprozess in Frage kommt, nähern zu können, ist ein Blick auf die Intention des Gesetzgebers hilfreich. Der Gesetzgeber stellt für die Anwendung der Nr. 1008 VV insbesondere auf ein erhöhtes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts ab (Selbst wenn eine Personenmehrheit eine Person bevollmächtigt, gegenüber dem Anwalt aufzutreten, kann dies für den Anwalt zu einem erhöhten Haftungsrisiko führen.[35]). Es stellt sich also die Frage, ob der Rechtsanwalt, der auf der Aktivseite die GbR „als solche“ vertritt, ein erhöhtes Haftungsrisiko hat. Nach Ansicht der Verfasserin hat er dies. Denn jeder einzelne Gesellschafter kann den Rechtsanwalt für eine etwaige Schädigung seines Privatvermögens (Gesellschaftsvermögen ist bei der GbR immer auch Privatvermögen; nicht jedes Privatvermögen des Gesellschafters ist aber Gesellschaftsvermögen) in Regress nehmen. Nur soweit es um Regress wegen einer Schädigung des Gesellschaftsvermögens geht, ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich, § 709 Abs. 1 BGB, somit eine Entscheidung der GbR. Damit wäre es sachlich gerechtfertigt, dem Rechtsanwalt auch dann die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG zuzubilligen, wenn er nur im Namen der GbR „als solcher“ klagt ohne die Gesellschafter als weitere Kläger mit einzubeziehen. Denn hinter der GbR stehen die Gesellschafter, die ihrerseits das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts hinsichtlich einer tatsächlichen Inanspruchnahme erhöhen. Unter diesem Gedanken machen auch die Ausführungen in der Gesetzesbegründung Sinn. Dem Gesetzgeber ist darüber hinaus der Gedanke, ein erhöhtes Haftungsrisiko gebührenmäßig zu berücksichtigen auch nicht fremd. Dieser Gedanke findet sich in § 14 Abs. 1 RVG genauso wieder wie auch in der Regelung zur Haftpflichtversicherungsprämie in Nr. 7007 VV RVG.
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Wenn man im Hinblick auf den – zwar nicht ganz klar geäußerten aber doch in diese Richtung auslegungsfähigen – Willen des Gesetzgebers die Entstehung einer Erhöhung im Aktivprozess für die GbR „als solche“ bejaht, muss sie nach Ansicht der Verfasserin auch erstattungsfähig sein, da sie sich nicht vermeiden ließe und damit zu den notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 ZPO gehörte.
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Wird aber die Entstehung einer Erhöhung für die Vertretung der „GbR als solche“ verneint, kann eine Erhöhung bei Vertretung der GbR als solcher und ihrer Gesellschafter im Aktivprozess mangels Notwendigkeit nicht zu einer Erstattungsfähigkeit führen.
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Die Verfasserin gibt zudem folgende Problematik zu bedenken: Wird ein Beklagter von einer GbR als solcher verklagt, so erhält er im Falle des Unterliegens der GbR als Klägerin auch den Kostenfestsetzungsbeschluss nur gegen die GbR mit der Folge, dass er aus diesem Kostenfestsetzungsbeschluss nur in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken kann (§ 736 ZPO). Zeichnet sich während des Prozesses ab, dass die GbR diesen verlieren wird und fürchtet ein Beklagter, dass die GbR über nicht ausreichendes Gesellschaftsvermögen zur Deckung der ihm entstandenen Kosten verfügt, ist zu erwägen, gegen die Gesellschafter eine Drittwiderklage zu erheben, damit sich ein ggf. ergehender Kostenfestsetzungsbeschluss auch auf die Gesellschafter erstreckt und somit auch in das Privatvermögen der Gesellschafter vollstreckt werden kann. Dies ist insbesondere bei hohen Kostenforderungen anzudenken.
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Tipp
Im Hinblick auf das erhöhte Haftungsrisiko und die fragliche Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG sollte bei Vertretung einer GbR „als solcher“ über den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nachgedacht werden.