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a) Entscheidungen des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der WEG
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Die Frage, ob für die Vertretung einer WEG eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG anfällt, hängt eng mit der Frage zusammen, ob es sich bei der Vertretung einer WEG um die Vertretung einer Rechtspersönlichkeit oder mehrerer Auftraggeber handelt. Mit Beschluss vom 2.6.2005 und Urteil vom 24.6.2005 stellte der BGH (ähnlich wie bereits am 29.1.2001 für die GbR) eine Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft fest.[40] Die Rechtsfähigkeit der WEG ist nach Ansicht des BGH gegeben, soweit die WEG bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt.
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Eine Klärung, inwieweit die WEG als insoweit rechts- und parteifähiger Verband befugt ist, Rechte der Wohnungseigentümer wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums geltend zu machen, ist erst mit Urteil des BGH vom 12.4.2007 erfolgt.[41]
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In den Beschlussgründen zur Entscheidung vom 2.6.2005 heißt es unter anderem (BGH a.a.O.):
„12. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht umfassend, sondern auf Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen. Das ist insbesondere bei Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen im Außenverhältnis der Fall, kann aber auch, wie z.B. bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- oder Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer im Innenverhältnis vorliegen. Dagegen betrifft die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung die Willensbildung innerhalb der Gemeinschaft und nicht den Rechtsverkehr des Verbandes. Sie bleibt eine Angelegenheit der Wohnungseigentümer als Einzelperson mit der Folge, dass der Anfechtungsantrag sich im vorliegenden Verfahren zu Recht – wie bisher – gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet …“
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Soweit der BGH die WEG partiell für teilrechtsfähig erklärt hat, dürfte sie auch parteifähig sein.[42] Wird der Rechtsanwalt daher von einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Rechtsdurchsetzung bzw. -verteidigung von Rechten bzw. Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, steht im eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG nicht mehr zu.[43]
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Vertritt der Rechtsanwalt die Wohnungseigentümergemeinschaft z.B.:
• | bei der Geltendmachung rückständigen Wohngeldes gegen einzelne Wohnungseigentümer, |
• | bei der Geltendmachung rückständiger Umlagen gegen einzelne Wohnungseigentümer, |
• | bei der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen aus Werkverträgen mit Bauunternehmen, Handwerkern oder Architekten, |
• | bei Streitigkeiten aus Lieferungsverträgen mit Versorgungsunternehmen (Gas, Strom, Wasser), |
• | bei Streitigkeiten aus Wartungsverträgen, |
so handelt es sich hierbei um Angelegenheiten, die die WEG im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreibt. Der BGH bejaht insoweit bei derartigen Rechtsangelegenheiten eine Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Erhöhung wird damit in derartigen Verfahren nicht anfallen.[44] Während das OLG Koblenz[45] den Anfall einer Erhöhung für die Vertretung der WEG komplett verneint (ohne zeitliche Differenzierung), lässt das OLG Köln eine Erstattungsfähigkeit jedenfalls dann zu, wenn die Klage vor dem Zeitpunkt der Verkündung der BGH-Entscheidung eingereicht wurde, vgl. hierzu auch Rn. 91 ff. und die entsprechende Auffassung des BGH.[46]
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Soweit ein Wohnungseigentümer einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung anficht und ein Rechtsanwalt in einer derartigen Angelegenheit die übrigen Wohnungseigentümer auf der Passivseite vertritt, fällt ein derartiges Rechtsgeschäft nicht unter die vom BGH konstatierte Teilrechtsfähigkeit. Damit kann eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG anfallen, die dann auch erstattungsfähig sein muss.
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Tipp
Nicht jede WEG-Angelegenheit bleibt ohne Erhöhung.
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Vertritt beispielsweise der Rechtsanwalt die Eheleute Anton und Erna Huber als Wohnungseigentümer in einem von der WEG gegen diese angestrengten Prozess, kann er gleichwohl eine Erhöhung fordern. Die Erhöhung berechnet sich nach jedem weiteren vertretenen Wohnungseigentümer um 0,3 bis maximal 2,0.
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Soweit ein Wohnungseigentümer einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung anficht und ein Rechtsanwalt in einer derartigen Angelegenheit die übrigen Wohnungseigentümer auf der Passivseite vertritt, fällt ein derartiges Rechtsgeschäft nicht unter die vom BGH konstatierte Teilrechtsfähigkeit. Damit kann eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG anfallen, die dann auch erstattungsfähig sein muss.