Читать книгу Strafprozessrecht - Sabine Swoboda - Страница 119

1. Der unterlassene Hinweis auf das Aussageverweigerungs- und Verteidigerkonsultationsrecht nach § 136 I 2 StPO

Оглавление

179

Wird der Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht nach § 136 I 2 StPO unterlassen (absichtlich oder versehentlich), so war lange Zeit streitig, ob die Aussage anschließend verwertet werden kann.

Der BGH[28] sah früher in § 136 StPO eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Missachtung die spätere Verwertung der ohne vorherige Belehrung gemachten Aussage des Beschuldigten nicht hinderte. Lediglich bei Verletzung der Belehrungspflicht in der Hauptverhandlung (§ 243 V 1 StPO) bejahte er ein Beweisverwertungsverbot[29].

Nach ganz herrschender, zutreffender und inzwischen auch vom BGH geteilter Ansicht ist hingegen die ohne Belehrung zu Stande gekommene Einlassung des Beschuldigten zumindest so lange unverwertbar, als nicht von einer Kenntnis des Beschuldigten von dem Aussageverweigerungsrecht auszugehen ist[30].

Nach Ansicht des BGH steht einer Verwertung des Vernehmungsinhalts insbes. dann nichts im Wege, wenn

sich nicht klären lässt, ob der Hinweis gegeben worden ist oder nicht[31] (problematisch; s. auch u. Rn 218).
der Beschuldigte seine Rechte gekannt hat[32] (was die Belehrungspflicht jedoch nicht entfallen lässt[33]). Im Zweifel ist vom Fehlen der Kenntnis auszugehen.
dem Beschuldigten ein Verteidiger zur Seite steht und dieser in der Hauptverhandlung[34] der Verwertung ausdrücklich zustimmt oder zumindest bis zum Abschluss der Vernehmung des Angeklagten (§ 257 StPO) nicht spezifiziert begründet widerspricht, sog. Widerspruchslösung (str.[35]; s. auch Rn 227, 708).

▸ Beispielsfall bei Beulke, Klausurenkurs III, Rn 151a.

Wie beim Unterlassen des Hinweises auf das Schweigerecht des Beschuldigten greift auch bei Nichtbelehrung über das Verteidigerkonsultationsrecht ein Verwertungsverbot ein[36] (s. Rn 40 und Rn 237, 718).

Konsequenterweise bleibt deshalb eine Aussage des Beschuldigten auch dann unverwertbar, wenn ihm willkürlich die Beschuldigteneigenschaft vorenthalten, er aber als Zeuge darauf hingewiesen worden ist, dass er sich nicht selbst belasten müsse, § 55 StPO (s.u. Rn 301). Da bei dieser Belehrung immer noch der Hinweis auf das Verteidigerkonsultationsrecht sowie die Möglichkeit der Bestellung eines Pflichtverteidigers fehlt, kann sie die eigentliche Beschuldigtenbelehrung iSv § 136 StPO nicht ersetzen[37] (zur speziellen V-Mann-Problematik u. Rn 734 ff).

Das Schweigerecht des Beschuldigten und das Recht, einen Verteidiger zu konsultieren, hängen eng zusammen und sichern seine verfahrensmäßige Stellung als Beteiligter und nicht als Objekt des Verfahrens in ihren Grundlagen. Wenn der Beschuldigte nach entsprechender Belehrung den Wunsch nach einer Verteidigerkonsultation zum Ausdruck bringt und sich entscheidet, jedenfalls bis zum Erscheinen eines Verteidigers von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen, so ist die Vernehmung sofort zu unterbrechen. Wenn er dennoch zur Sache befragt wird, sind seine Angaben im Regelfall unverwertbar – nur ausnahmsweise kann von einer Sinnesänderung und einer nunmehr gewollten Aussage ohne Beistand durch einen Verteidiger ausgegangen werden[38].

Dasselbe sollte gelten, wenn gegenüber dem Beschuldigten, der einen Verteidiger wünscht, aber zunächst noch keinen Verteidiger benennt, der von § 136 I 4 StPO geforderte Hinweis auf den Verteidigernotdienst unterbleibt[39].

Ob ein Beweisverwertungsverbot eingreift, wenn der Beschuldigte entgegen § 136 I 5 HS. 1 StPO nicht darüber belehrt wird, dass er in den gesetzlich aufgelisteten Fällen einen Pflichtverteidiger beantragen kann, wird derzeit lebhaft diskutiert. Inzwischen verneint der BGH ein solches Verwertungsverbot[40]. Das erscheint jedoch nicht sachgerecht, denn das Verteidigerkonsultationsrecht ist für den mittellosen Beschuldigten nach deutschem Recht nur über den Pflichtverteidiger zu verwirklichen. Die einschlägige Belehrung ist für die Subjektstellung des Beschuldigten genauso bedeutsam wie der Hinweis auf das Recht der Hinzuziehung eines Verteidigers und die Ermöglichung der Verteidigerkonsultation[41].

Ein Verwertungsverbot greift hingegen nicht ein, wenn der Beschuldigte entgegen § 136 I 5 HS. 2 StPO nicht darüber informiert wird, dass er im Falle der Verurteilung die Kosten für einen Pflichtverteidiger selbst zu tragen hat[42] (dazu Rn 237).

§ 7 Der Beschuldigte, seine Vernehmung (Grundzüge) und seine Rechte und Pflichten › III. Die unterlassene Belehrung nach § 136 StPO › 2. Hinweis über Ausmaß der Beschuldigung, § 136 I 1 StPO

Strafprozessrecht

Подняться наверх