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Fülle des Lebens

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Man muss den Tod der Tiere, ihr Sterben nicht „aushalten“: Es geht nicht um die fragwürdige Geste, dem Nichts heroenhaft ins Auge blicken, ihm standhalten zu können, besser zu sein als ein Kurtz. Ich möchte bezweifeln, dass ein heldenhaftes Sich-Ausliefern an das Absurde einen realen Mehrwert produziert. Es wäre vielleicht abzuwägen, ob eine solche Haltung, die den von Reinhold Schneider beschriebenen Glaspanzer voraussetzt, der verbreiteten Ignoranz und dem Wegsehen vorzuziehen wäre. Zu verstehen, dass das Sterben ein Hineinsterben in die Welt bedeuten kann, erlaubt aber eine andere Zugangsweise zum Sterben der Tiere. Der auch theologisch zu verantwortende Versuch, die eigene Lebendigkeit noch in den Dimensionen der Ewigkeit dadurch retten zu wollen, dass anderes Leben dagegen als unbedeutend deklassiert wurde, muss als gescheitert angesehen werden. Die Fülle des Lebens – ein wesentlich schönerer Ausdruck für das, was theologisch meist „Vollendung“ genannt wird – ist nicht um den Preis zu haben, dass sie anderen grundsätzlich aberkannt wird, ganz im Gegenteil. Die großen metaphysischen Rechnungen gehorchen nicht der Logik der Mathematik, sondern müssen als theologische „Rechnungen“ verstanden werden: Die eigene Lebendigkeit wächst – mathematisch paradox – mit der Lebendigkeit der anderen. Diese andere Sicht ist uns bereits jetzt in den Momenten unseres Lebens nahe und oft auch selbstverständlich, in denen wir voller Freude angesichts einer mit anderen geteilten Lebendigkeit und der überbordenden Euphorie des Lebendigseins die Entdeckung machen: In eben dieser Überfülle des als geteilt erfahrenen Lebens fiele das Sterben gar nicht mehr so schwer.

Was fehlt, wenn uns die Tiere fehlen?

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