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8. Der Protest
ОглавлениеEnde der fünfziger Jahre wurden in der bundesdeutschen Wohlstandsgesellschaft absonderliche Figuren gesichtet: junge Männer mit langen Haaren und in abgewetzter Kleidung, die trampend durch Westeuropa fuhren und in Paris, Amsterdam, München, Hamburg, Kopenhagen oder Stockholm Freunde gleicher Gesinnung an Treffpunkten fanden, die der normale Bürger mied. Die Mädchen, die mit ihnen zogen, lehnten ab, was der Markt an Mode und Kosmetik anpries. Die jugendlichen Abweichler arbeiteten nicht, sie kümmerten sich nicht um offizielle Politik, sie schliefen tagsüber und waren nachts unterwegs. In ihrem Handgepäck waren die ersten Haschischpäckchen, die nach Tramptouren durch Nordafrika auch den Norden Westeuropas erreichten.
Mit dem »American Way of Life« war auch sein Widerspruch in Westeuropa angekommen: der ProtestProtestbewegung gegen Wohlstand, Überfluss und Konformismus. »On the Road« – »Unterwegs« – war der Titel eines Romans von Jack KerouacKerouac, Jack, der erst in den USA und bald auch in Westeuropa zum Kultbuch wurde.
Die wesentlichen Grundzüge der späteren Jugendrevolte, der Protestbewegung, der StudentenrebellionStudentenbewegung, der neuen sozialen Bewegungen klangen in den Manifesten der Beat-Generation an. Im Mittelpunkt der Ablehnung standen die bedrohliche Möglichkeit der atomaren Selbstzerstörung, die antikommunistischeAntikommunismus Hexenjagd der McCarthy-Ära, die Konsumideologie, Profitgier und Eigennutz: »wo Millionen einander auf der Jagd nach Dollars drängen und stoßen: raffend, grabschend, gebend, seufzend, sterbend, in einem verrückten Traum«.
Der Konsens der Nachkriegsgesellschaft leuchtete ihnen nicht mehr ein, »dass man Produziertes verbrauchen soll und daher arbeiten muss, um überhaupt konsumieren zu dürfen, das ganze Zeug, das sie eigentlich nicht haben wollten … alle gefangen in einem System von Arbeit, Produktion, Verbrauch, Arbeit, Produktion, Verbrauch« (KerouacKerouac, Jack).
Anfang der sechziger Jahre empörte sich die deutsche Öffentlichkeit über die Nachfolger der amerikanischen Beatniks, die sichtbar und provozierend in den Citys der Großstädte auftauchten. Langhaarig, mit ungewaschenen und angefetzten Klamotten. Auch Kanzler Ludwig ErhardErhard, Ludwig meldete sich dazu: »Solange ich regiere, werde ich alles tun, um dieses Unwesen zu zerstören.«
Im Sommer 1962 sollten zwei Gitarrenspieler auf der Münchner Leopoldstraße wegen ruhestörenden Lärms festgenommen werden. Jugendliche versuchten, die Festnahme zu verhindern. Die Polizei rückte mit einer Hundertschaft an und prügelte los. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht vom Einsatz der Polizei in der Stadt. Tausende von Jugendlichen zogen in Richtung Schwabing. Immer neue Hundertschaften von Polizisten wurden aus den Kasernen zum Kampfplatz abkommandiert. Vier heiße Juninächte tobte die Schlacht mit der Polizei; sie ging als »Schwabinger Krawalle«Schwabinger Krawalle in die Geschichte ein.
Andreas BaaderBaader, Andreas durchgängig erwähnt hatte sich an den Prügeleien in München beteiligt.