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16. Gudrun EnsslinsEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt Hang zur Mythologie

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Im September 1966 hatte Bernward VesperVesper, Bernward, der Verlobte Gudrun EnsslinsEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt, das Angebot bekommen, als Lektor zum Luchterhand Verlag zu gehen. Aus Freude darüber, sagte Gudrun ihrem Vater, hätten sie ganz bewusst ein Kind gezeugt.

Zwei Monate vor der Geburt lehnte Gudrun es plötzlich ab, Bernward VesperVesper, Bernward zu heiraten. »Der spinnt«, erklärte sie ihrem Vater. Helmut EnsslinEnsslin, Helmut hatte Verständnis dafür, auch er hatte Gudruns Verlobten als eine etwas ausgefallene Persönlichkeit kennengelernt: »Bernward war mal schroff, messerscharf, mal liebenswürdig, wie heiß und kalt von einem auf den anderen Moment.«

Für die Aufnahme in die StudienstiftungStudienstiftung hatte Gudrun EnsslinsEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt Geschichts- und Gemeinschaftskundelehrer in seinem Gutachten geschrieben, ihre Urteile seien »von einer rücksichtslosen Offenheit und Unerbittlichkeit, dass mögliche Konflikte mit Autoritäten recht wahrscheinlich sind«. Die Diplompsychologin Annelise Fechter-MahnFechter-Mahn, Annelise schrieb als »Vorprüferin« der StudienstiftungStudienstiftung, Fräulein EnsslinEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt habe sich äußerlich eine »auffallend stilisierte ästhetische Prägung gegeben« und wirke nun »sehr bewusst, apart, mondän«. Dieser Stil verdecke die Lebendigkeit und Vielseitigkeit ihres Wesens. Man könne ein »gewisses Risiko nicht übersehen, das in den extravaganten Vorstellungen und Plänen Fräulein EnsslinsEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt liegt«. Es sei eine lohnende Aufgabe, weitere Kontrollen und Beratungen einzubauen.

Ein Mitglied des Auswahlausschusses schrieb: »Dass es sich um einen eigenwilligen, ja kapriziösen Menschen handelt, geht schon aus den Selbstzeugnissen und den Lichtbildern hervor.« Fräulein EnsslinEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt habe sich zu einer »überschlanken, aparten, fast hypermodernen Erscheinung stilisiert« und bei ihrem zweiten Besuch ihre »Maske« so übertrieben hergerichtet, als sollte sie auf einer Bühne erscheinen.

Gudrun wurde in die StudienstiftungStudienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen, widmete sich ihrem Studium aber nur mit halber Kraft. Im Sommersemester 1961 fand sie eine Wohnung in einem ehemaligen Laden, »dessen Kunden aus dem Osten der Stadt über Nacht ausgeblieben waren«. Sie schrubbte, malte, hämmerte, sägte und ersteigerte auf Auktionen für wenig Geld Tisch, Stuhl, Bett und Bücherregal, wie sie in ihrem Semesterbericht schrieb. »Ich laufe durch Kreuzbergs, Moabits, Schönebergs Straßen; sah Elend und Euphorie, grenzenlose Gleichgültigkeit und fanatischen Einsatz, Verzweiflung und Hoffnung – Millionen sahen es vor mir, und doch waren es meine Augen, hinter denen sich die Bilder sammelten, war es meine Stirn, die oft müde wurde.«

Als Thema für ihre Doktorarbeit hatte Gudrun EnsslinEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt sich den Hamburger Schriftsteller und Orgelbauer Hanns Henny JahnnJahnn, Hanns Henny ausgesucht, der zu Lebzeiten und auch später wegen seiner drastischen literarischen Darstellungen von Sexualität und Gewalt umstritten war. Für ihn war der Mensch ein »Schöpfungsfehler«, dessen Grausamkeit und Destruktivität er immer wieder in seinen Werken beschrieb. Er hing dem Gedanken einer antichristlichen Schöpfungsmythologie an, beeinflusst vom altbabylonischen Gilgamesch-Epos.

Vorchristlich mythologisches Gedankengut war der evangelischen Pastorenfamilie EnsslinEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt durchaus nicht fremd. So sagte Gudruns Mutter am Rande der Trauerfeier nach den SelbstmordenStammheim-Gefangene, Selbstmorde in Stammheim, sie fühle sich schuldig, weil sie das Kind, was man als Christin nicht tue, schon der Sonne ausgesetzt habe, bevor es ein dreiviertel Jahr alt war: »Das darf man nicht tun, da kann der Teufel reinschlüpfen.«

»Der JahnnscheJahnn, Hanns Henny Kosmos«, so schrieb Gudrun EnsslinEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt in ihrem Semesterbericht, sei »nur durch eine dünne Haut getrennt vom Tode, vom Nichts, von der Nacht«. Sie habe sich auf den Weg zu JahnnsJahnn, Hanns Henny Werk begeben, sei aber oft voller Niedergeschlagenheit, weil das mühsam Zusammengetragene so leicht zu entgleiten drohe.

Jetzt stehe sie, fünfundzwanzig Jahre alt, an einem Ort, der durch Erlebnisse aus der periodisch katastrophenreichen Familiengeschichte unsicher gemacht werde. »Berlin ist die Stadt der Bundesrepublik, deren Klima am deutlichsten bestimmt wird von der realen politischen Situation.« Fünfzehn Monate habe sie sondiert, jetzt sei sie müde vom Sehen: »Der Weg durch die Stadt hat zu mir selbst geführt, denke ich, zur endlich disziplinierten Arbeit.«

Gudrun EnsslinEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt blieb ein Sorgenkind der Stiftung, sie lieferte ihre Semesterberichte regelmäßig zu spät ab, sodass die StudienstiftungStudienstiftung zeitweilig sogar die Zahlung der Stipendienrate aussetzte.

Am 13. Mai 1967 wurde ihr Sohn Felix geboren. »Ein wenig zu früh, also sehr klein und zart«, schrieb sie an die StudienstiftungStudienstiftung. »Jetzt, nach sieben Monaten, ist er ein Riese, dick und stark, größer als Gleichaltrige und schwerer. Außer von Felix waren die Monate seit Juni völlig von den politischen Ereignissen an der Universität und in West-Berlin beansprucht.« Sie habe aktiv an zahlreichen Aktionen, deren Vorbereitung und Auswertung teilgenommen und fügte selbstbewusst hinzu: »Ich sollte das auch weiterhin tun.«

Während der politisch heißen Wochen und Monate vor und nach dem Schahbesuch war Andreas BaaderBaader, Andreas durchgängig erwähnt nicht in Berlin. Er saß in Traunstein eine Jugendstrafe wegen Fahrens ohne Führerschein und Motorraddiebstahls ab. Im Sommer 1967 tauchte er plötzlich wieder auf.

Der Kreis, der das Buchstabenballett »AlbertzAlbertz, Heinrich! Abtreten« aufgeführt hatte, traf sich in der Wohnung Bernward Vespers, der damals noch mit Gudrun EnsslinEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt zusammenlebte.

Es wurde Haschisch geraucht. Andreas BaaderBaader, Andreas durchgängig erwähnt war an diesem Abend dabei und lernte Gudrun EnsslinEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt kennen. Es war ihre erste Begegnung.

Man überlegte sich, welche Aktion für die nächste Zeit in Angriff genommen werden könnte. Jemand kam auf die Idee, ein riesiges Transparent mit der Aufschrift »Enteignet Springer« vom Turm der Gedächtniskirche herabzulassen, Schlag 12.00 Uhr mittags. BaaderBaader, Andreas durchgängig erwähnt war das nicht genug, und er regte eine etwas revolutionärere Aktion an. Nach seinen Vorstellungen sollte gleich der ganze Turm der Gedächtniskirche gesprengt werden. Das wiederum erschien den anderen ein wenig zu radikal. Schließlich einigte man sich darauf, den Turm »symbolisch« zu sprengen, indem Rauchkerzen gezündet wurden. Die waren auch ziemlich einfach zu besorgen – ein gewisser Peter UrbachUrbach, Peter hatte schier unerschöpfliche Vorräte.

BaaderBaader, Andreas durchgängig erwähnt lud seine Freundin ElloM., Ellinor ein, pünktlich um 14.00 Uhr mit ihren Kindern zur Gedächtniskirche zu kommen. »Ich wollte das erst gar nicht«, sagte die Malerin. Aber aus Neugier schaute sie dann doch vorbei. Aus sicherer Entfernung beobachtete sie, wie es »aus dem Kirchturm dampfte«. BaaderBaader, Andreas durchgängig erwähnt, so erinnerte sich später ein Mitglied der Kommune IKommune I, habe die Rauchbombe mit elektrischem Zünder und Zeituhr konstruiert. Bei der Aktion selbst habe BaaderBaader, Andreas durchgängig erwähnt gemeinsam mit Gudrun EnsslinEnsslin, Gudrun durchgängig erwähnt im Eingangsbereich Schmiere gestanden und ein Liebespaar gespielt. Es war ihre erste gemeinsame Aktion.

Der Baader-Meinhof-Komplex

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