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19. Ein Attentat

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Am 11. April 1968, morgens um 9.10 Uhr, kam der 24-jährige Anstreicher Josef BachmannBachmann, Josef mit dem Interzonenzug aus München auf dem Westberliner Bahnhof Zoo an. Er hatte ein blasses Gesicht, kurzgeschnittene, sorgfältig gescheitelte Haare, und unter der hellbraunen Wildlederjacke trug er im Schulterhalfter eine Pistole. In seiner blaugrünen Tasche hatte er Munition und eine zweite Waffe. Daneben steckte in einem braunen Pappumschlag ein Ausschnitt aus der rechtsradikalen »Deutschen Nationalzeitung«. Unter dem Datum des 22. März 1968 stand da zu lesen:

»Stoppt Dutschke jetzt!

Sonst gibt es Bürgerkrieg.

Die Forderung des Tages heißt: Stoppt die linksradikale Revolution jetzt! Deutschland wird sonst das Mekka der Unzufriedenen aus aller Welt.«

Unter der Schlagzeile waren fünf Fotos von Rudi DutschkeDutschke, Rudi zu sehen, aufgereiht wie Fahndungsbilder.

Josef BachmannBachmann, Josef verließ den Bahnhof, versetzte in einem Geschäft für An- und Verkauf sein mitgebrachtes Kofferradio, erhielt dafür 32 Mark, kaufte sich Schrippen und Wurst und setzte sich zum Frühstück auf eine Bank.

Dann ging er zum Einwohnermeldeamt und erhielt dort die Auskunft, Dutschke sei in Berlin 31, Kurfürstendamm 140, gemeldet. Es war die Adresse des SDSSDS-ZentrumsSozialistischer Deutscher Studentenbund SDS. Mit dem Autobus fuhr BachmannBachmann, Josef zurück zum Bahnhof Zoologischer Garten, aß dort einen Teller Linsensuppe, danach noch zwei Buletten und machte sich zu Fuß auf den Weg.

Etwa zur selben Zeit unterbrach Rudi Dutschke die Arbeit an seinem Artikel für »konkret«,konkret schwang sich auf sein rostrotes Fahrrad und fuhr in die Innenstadt zum SDS-Zentrum, um, wie verabredet, das Material für den Artikel zu holen. Er parkte sein Fahrrad am Kantstein und lief die zwei Treppen hinauf zum SDSSDS-Zentrum.

»RudiDutschke, Rudi, da hat eben jemand nach dir gefragt«, sagte ein SDSSDS-Genosse, den er auf der Treppe traf. »Okay, soll unten warten«, antwortete DutschkeDutschke, Rudi. Dann rannte er weiter nach oben, erledigte noch etwas, packte wohl auch die Unterlagen für seinen Artikel ein und stieg nach einer halben Stunde wieder auf sein Fahrrad, um zu einer Apotheke zu fahren. Er wollte noch Nasentropfen für Hosea-Che, seinen zwölf Wochen alten Sohn, holen. »Ho-Che« war erkältet. Er schnappte sich sein Fahrrad und wollte in Richtung Gedächtniskirche fahren. Es war jetzt 16.30 Uhr.

BachmannBachmann, Josef sah Rudi DutschkeDutschke, Rudi aus dem Haus Kurfürstendamm 140 kommen. Er lief auf ihn zu, stellte sich vor ihn und fragte: »Sind Sie Rudi Dutschke?«

»Ja.«

»Du dreckiges Kommunistenschwein«, sagte BachmannBachmann, Josef. Dann zog er seine Pistole.

Der erste Schuss traf Rudi DutschkeDutschke, Rudi in die rechte Wange.

Ein paar Passanten drehten sich erstaunt um. Andere gingen weiter, weil sie den Schuss für die Fehlzündung eines Autos hielten. Der Unbekannte zog DutschkeDutschke, Rudi vom Fahrrad. Erbittert wehrte der sich. Eng umklammert taumelten Attentäter und Opfer auf die Mitte der Fahrbahn zu. Obschon verletzt, gelang es DutschkeDutschke, Rudi, den Attentäter auf den Boden zu werfen. Da schoss dieser noch zweimal. Einen Schuss in der Schulter, einen im Hinterkopf und einen im Gesicht, brach DutschkeDutschke, Rudi zusammen. Blutüberströmt richtete er sich noch einmal auf und schwankte in Richtung Bürgersteig.

Der Geschäftsführer des gegenüberliegenden Hotels Thober hatte den Vorfall beobachtet. Erregt telefonierte er nach der Polizei, lief dann über die Straße auf den Verletzten zu.

BachmannBachmann, Josef rannte weg, flüchtete sich ein paar hundert Meter weiter in den Keller eines Rohbaues.

Rudi DutschkeDutschke, Rudi bewegte sich auf das SDSSozialistischer Deutscher Studentenbund SDS-Zentrum zu, rief laut nach Vater und Mutter und: »Ich muss zum Friseur, muss zum Friseur.« Nach einigen Metern brach er zusammen und sagte noch: »Soldaten, Soldaten.«

Josef BachmannBachmann, Josef wurde nach wenigen Minuten von der Polizei festgenommen. In seinem Kellerversteck hatte er zwanzig Schlaftabletten geschluckt. Im Krankenhaus konnte er gerettet werden.

Währenddessen war ich nichtsahnend zum Flughafen Tempelhof unterwegs, um die nächste Pan-Am-Maschine nach Hamburg zu nehmen.

Als ich am Abflugschalter stand, dröhnte plötzlich mein Name durch den Lautsprecher: »Bitte sofort zur Information …« Dort reichte man mir einen Telefonhörer. Am anderen Ende der Leitung war Clemens KubyKuby, Clemens: »Etwas Fürchterliches ist passiert. Jemand hat RudiDutschke, Rudi niedergeschossen. Er ist im Krankenhaus. Wir wissen nicht, ob er noch lebt. Komm sofort zum SDSSDS-Zentrum. Ich kümmere mich inzwischen um GretchenDutschke, Gretchen.«

Ich nahm das nächste Taxi.

Am Kurfürstendamm 140 stand eine Menschenmenge, die aufgeregt diskutierte, Fernsehkameras liefen. Die Polizei sicherte Spuren. Auf dem Asphalt nahe am Bordstein zwei weiße Kreidekreise, in denen zwei Wildlederschuhe lagen, DutschkesDutschke, Rudi Schuhe. Daneben große dunkelrote Blutflecken.

Ich ging die Treppe zum SDSSDS-Zentrum hinauf und stieß dort auf Ulrike MeinhofMeinhof, Ulrike Marie durchgängig erwähnt bis Seite. Wir gingen in den großen Versammlungsraum. Dort saßen ein paar Dutzend ratlose Genossen, einige Mädchen weinten. Leise, aufgeregte Stimmen. Was tun? Jemand berichtete über eine Nachricht im Radio: DutschkeDutschke, Rudi ist tot. Verzweiflung breitete sich auf den Gesichtern aus, alle waren wie gelähmt. Jemand rief im Albrecht-Achilles-Krankenhaus an, in das man den Verletzten gebracht hatte.

Inzwischen war es etwa 18.00 Uhr. Im Krankenhaus konnte man keine Auskunft über DutschkesDutschke, Rudi Zustand geben. Vor ein paar Minuten sei er im Krankenwagen weiter ins Westend-Krankenhaus gebracht worden, zur Gehirnchirurgie. Dort: Keine Auskunft.

APO-Genosse Christian SemlerSemmler, Christian stand an der Fensterbank und kritzelte eine Presse-Information auf einen Zettel: Wenn auch der Täter noch nicht identifiziert sei, so stehe doch fest, dass der Hauptschuldige für diesen Mordanschlag Springer sei, denn dessen Zeitungen schafften erst die atmosphärischen Voraussetzungen für eine solche Tat.

Um 18.30 Uhr kam die Nachricht, dass Rudi DutschkeDutschke, Rudi lebte, seine Chancen stünden 50 zu 50, die Atmosphäre entkrampfte sich. Die fertig formulierte Pressemitteilung wurde an alle Nachrichtenagenturen gegeben. Laufend klingelte das Telefon. Journalisten fragten an, Mitglieder der Außerparlamentarischen OppositionAPO Außerparlamentarische Opposition erkundigten sich nach RudisDutschke, Rudi Befinden. Ein Flugblatt wurde gedruckt.

Die führenden Genossen des Berliner SDSSDS tagten in einem geschlossenen Raum, Ulrike MeinhofMeinhof, Ulrike Marie durchgängig erwähnt bis Seite und ich gingen mit hinein. Dann wurden Aktionen diskutiert, wieder verworfen. Soll man auf die Straße gehen? Die Auslieferung der Springer-Zeitungen verhindern? Den gesamten Straßenverkehr in Berlin lahmlegen? Die Zufahrtsstraßen an der Grenze zu Westberlin blockieren? Auf keinen Fall, dann sei Bürgerkrieg! Das Rathaus besetzen? Sollte man zum aktiven Widerstand aufrufen? Gar nichts tun?

Man beschloss als Erstes, um 19 Uhr eine Pressekonferenz im »Republikanischen Club«Republikanischen Club anzusetzen. Aber um 19 Uhr diskutierte man noch immer. Eine um 20.00 Uhr im Auditorium Maximum der Technischen Universität geplante Veranstaltung wurde »umfunktioniert« und zum Diskussionsforum über die nächsten Aktionen gemacht.

Clemens KubyKuby, Clemens war inzwischen auf dem schnellsten Weg zu Gretchen DutschkeDutschke, Gretchen gefahren, die schon von einem Journalisten bruchstückhaft über die Geschehnisse unterrichtet worden war. Gemeinsam fuhren sie ins Krankenhaus; dort war das Gelände bereits von der Polizei umstellt. In einem kargen Wartesaal harrten sie der Nachricht über Leben und Tod. Kurz vor der Operation teilte ihnen der Oberarzt mit, es sehe hoffnungslos aus.

Eine halbe Stunde später kam dann die Nachricht, die erste Phase der Operation sei positiv verlaufen. Das Ärzteteam wurde gewechselt, die Operation ging weiter. Nach einer weiteren Dreiviertelstunde war auch die Kugel aus dem rechten Unterkiefer entfernt. Die Überlebenschancen verbesserten sich. Der Oberarzt kam und sagte Gretchen, sie solle jetzt nach Hause fahren, um das Kind zu stillen. Am nächsten Morgen um zehn Uhr könne sie wieder in die Klinik kommen. Clemens KubyKuby, Clemens und Rudis chilenischer Freund Gaston SalvatoreSalvatore, Gaston brachten GretchenDutschke, Gretchen zu einer Freundin, wo sie sicher vor Journalisten war.

Ich verbrachte den Abend mit Ulrike MeinhofMeinhof, Ulrike Marie durchgängig erwähnt bis Seite. Wir fuhren zur Technischen Universität, der Saal war überfüllt mit zweitausend ratlosen, bedrückten, verzweifelten Menschen. Einige weinten.

Mit Rudi DutschkeDutschke, Rudi war eine Symbolfigur niedergeschossen worden, einer, den alle, über die verschiedenen Fraktionen hinweg, verehrt, geliebt hatten. Es war ein Anschlag auf sie selbst, auf alle, auf die gesamte außerparlamentarische Bewegung.

Jemand gab bekannt, dass Springers PressehausSpringer-Pressehaus an der Mauer in diesen Minuten mit Stacheldraht abgesichert werde. Gelächter brandete auf.

Bernd RabehlRabehl, Bernd vom SDS ging ans Mikrofon: »Das Springer-Haus ist jetzt schon mit Stacheldraht umgeben. Springer erwartet also unseren Angriff. Was wird uns dort erwarten? Wir werden auf Polizeiketten stoßen. Die Polizei wird sich aber heute zurückhalten, weil sie ein sehr schlechtes Gewissen hat …«

Der Wortlaut aller Redebeiträge auf dieser Veranstaltung blieb erhalten; die Berliner Sicherheitsbehörden schnitten jedes Wort auf Tonband mit und verwendeten es für Anklagen gegen die »Rädelsführer« der Springer-DemonstrationSpringer-Demonstration. Weitere Einzelheiten erhielt die Staatsanwaltschaft später von einer ganzen Reihe Journalisten, die bereitwillig belastende Aussagen gegen Sprecher der Studenten machten.

Vor allem Rechtsanwalt Horst MahlerMahler, Horst wurde bevorzugtes Ziel der staatsanwaltschaftlichen Aktivitäten. Obwohl er auf der Veranstaltung in der TU nicht gesprochen hatte und bei der Demonstration in der Kochstraße lediglich mitgelaufen war, ohne Steine zu werfen oder andere Gewalttaten zu verüben, wurde er später wegen schweren Aufruhrs in Tateinheit mit Landfriedensbruch und Hausfriedensbruch zu einer Gefängnisstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Prozesskosten hatte er zu tragen.

Von der Technischen Universität aus bewegte sich der DemonstrationSpringer-Demonstrationszug in Richtung Kochstraße. »Mörder! Springer – Mörder! Springer raus aus Westberlin! Bild hat mitgeschossen!«Foto: Springer-Demo

Die Demonstranten hatten sich untergehakt, marschierten in breiter Front nebeneinander, trugen rote Fahnen und Fackeln.

Ulrike MeinhofMeinhof, Ulrike Marie durchgängig erwähnt bis Seite und ich fuhren mit ihrem kleinen blauen R4 zur Kochstraße. Vierzig bis fünfzig Demonstranten hatten sich dort schon versammelt und warteten auf das Eintreffen des großen Zuges. Einzelne parkten ihre Autos so, dass sie die Ausfahrt der Zeitungslastwagen blockierten.

Die Studenten hatten die Parole ausgegeben: Heute darf keine Springer-Zeitung die Druckerei verlassen. Als wir an einem der Tore zum Verlagsgelände hielten, kam ein Student auf uns zu. »Wir brauchen noch Autos«, sagte er und zeigte auf das Straßenstück vor dem Portal. »Wenn wir eine Reihe von Wagen dicht an dicht nebeneinanderstellen, kommt hier kein Springer-Auto mehr durch.« Er drehte sich um und sprach andere Autobesitzer an. Ulrike blickte mich irritiert an: »Mein Auto? Mensch, das brauch ich doch. Nachher geht das kaputt.«

»Pass auf, ich hab eine Idee«, antwortete ich. »Stell das Auto da hinten hin, auf den Fußweg, ganz dicht an die Hauswand. Dann gehört es irgendwie zur Barrikade, aber es blockiert die Ausfahrt nicht direkt.«

Ulrike nickte. Sie stieg in den blauen R4, rumpelte über die Kante des Gehweges und parkte das Auto an der Wand. Sorgfältig schloss sie die Tür ab und kam wieder zu mir herüber. Gemeinsam beobachteten wir, wie die Barrikade langsam geschlossen wurde. Immer mehr Fahrzeuge wurden nebeneinandergestellt. Die Polizeibeamten, die an der Torausfahrt Posten bezogen hatten, griffen nicht ein.

Diskutierend standen Studenten herum und wunderten sich, dass die Beamten seelenruhig dem Barrikadenbau zusahen. Plötzlich näherte sich von der Springer-Druckerei her ein AuslieferungsfahrzeugSpringer-Verlag:Auslieferungsfahrzeuge. Blitzschnell rannten die Polizisten nach vorn, packten zu zehnt jeweils einen der Blockadewagen, kippten ihn um, zerbeulten ihn mit Fußtritten und Schlagstockhieben und schoben ihn über Kopf beiseite. Als die Straße freigeräumt war, jagte das Springer-Auto durch die Lücke. Ulrikes Auto blieb unversehrt stehen.

Später erhielt auch sie eine Strafanzeige wegen Nötigung. Im Prozess erklärte MeinhofMeinhof, Ulrike Marie durchgängig erwähnt bis Seite 73, dass ihr Wagen zwar falsch geparkt, nicht aber Teil der Barrikade gewesen sei. Ich bestätigte das als Zeuge, doch ihr Verteidiger begründete in einer flammenden Rede die Notwendigkeit der Blockade. Dennoch plädierte der Staatsanwalt auf Freispruch. Das Gericht schloss sich dem an.

Gegen 22.30 Uhr traf der DemonstrationSpringer-Demonstrationszug in der Kochstraße ein. Das Verlagsgebäude war von starken Polizeikräften umringt. Die DemonstranteDemonstrationn, inzwischen weit über tausend, drängten auf das Eingangsportal zu. Steine flogen, Glasscheiben splitterten. Ulrike MeinhofMeinhof, Ulrike Marie durchgängig erwähnt bis Seite 73 und ich standen weit hinten in der Menschenmenge. Pflastersteine wurden nach vorn durchgereicht. Ulrike und ich nahmen Steine in die Hand und gaben sie weiter.

Am Rande der Schlacht hatte ein Übertragungswagen des Rundfunks Stellung bezogen. Der Reporter berichtete live: »Wasserwerfer wurden eingesetzt, und ein Demonstrant versuchte, auf einen Wasserwerfer zu klettern. Es gelang ihm sogar, die Kanone des Wasserwerfers auf die Polizeigruppe zu lenken. Auch jetzt sind wieder Wasserwerfer im Einsatz. Die Situation hier ist, nachdem sie sich zunächst einmal beruhigt hatte, etwas unübersichtlich insofern geworden, als sich einige Gruppen zurückgezogen haben in die Nebenstraßen und dort offenbar auch den, wie ich glaube, teuflischen Plan ausgeheckt haben, hier etwas in Brand zu stecken, nämlich die Wagenhalle des Verlagshauses …«

Der »teuflische Plan«, von dem der Rundfunkreporter sprach, war nicht von den Anti-Springer-Demonstranten erdacht worden. Er stammte von ganz anderer, höherer Stelle.

An diesem 11. April 1968 hatte der VerfassungsschutVerfassungsschutzzagent Peter UrbachUrbach, Peter einen großen geflochtenen Weidenkorb dabei, vollgepackt mit zündfertigen MolotowcocktailsVerfassungsschutz:Molotowcocktails. Er fand unter den Demonstranten bereitwillige Abnehmer für seine heiße Ware.

Wenig später brannten die AuslieferungsfahrzeugeSpringer-Verlag:Auslieferungsfahrzeuge des Springer-VerlagSpringer-Verlages, angesteckt mit Peter Urbachs Molotowcocktails. Die Fotos der lodernden Lastwagen gingen als Beleg für die Gewalttätigkeit der Berliner Studenten durch die Zeitungen.

Ulrike MeinhofMeinhof, Ulrike Marie durchgängig erwähnt bis Seite erklärte einen Tag später auf einem Teach-inTeach-in im Audimax der Technischen Universität:

»Wirft man einen Stein, so ist das eine strafbare Handlung. Werden tausend Steine geworfen, ist das eine politische Aktion.

Zündet man ein Auto an, ist das eine strafbare Handlung, werden Hunderte Autos angezündet, ist das eine politische Aktion.«

Die politische Aktion an jenem Osterwochenende in München kostete zwei Menschen das Leben, den Pressefotografen Klaus FringsFrings, Klaus und den Studenten Rüdiger SchreckSchreck, Rüdiger. Beide waren bei einer Straßenschlacht schwer verletzt worden und starben kurz darauf im Krankenhaus. Was und wer für ihren Tod verantwortlich war, konnte nie zweifelsfrei geklärt werden.

Auf einer Pressekonferenz in Berlin sagte Horst MahlerMahler, Horst, wenn man RevolutionRevolution mache, müsse man auch mit Opfern rechnen. Er verdeutlichte das mit einem Beispiel: »Wenn ich mich an das Steuer meines Wagens setze, muss ich damit rechnen, dass der Reifen mir platzen kann.«

Ulrike MeinhofMeinhof, Ulrike Marie durchgängig erwähnt bis Seite überschrieb ihre Kolumne in »konkret«konkret nach dem Dutschke-AttentatDutschke-Attentat: »Vom ProtestProtestbewegung zum Widerstand«.

»Protest ist, wenn ich sage, das und das passt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, dass das, was mir nicht passt, nicht länger geschieht. GegengewaltGegengewalt 73, wie sie in diesen Ostertagen praktiziert worden ist, ist nicht geeignet, Sympathien zu wecken, nicht, erschrockene Liberale auf die Seite der Außerparlamentarischen Opposition zu ziehen.« Und nachdenklich ergänzte sie: »Gegengewalt läuft Gefahr, zu Gewalt zu werden, wo die Brutalität der Polizei das Gesetz des Handelns bestimmt, wo ohnmächtige Wut überlegene Rationalität ablöst, wo der paramilitärische Einsatz der Polizei mit paramilitärischen Mitteln beantwortet wird …«

Wie Leitmotive begleiteten in diesen Monaten die Begriffe »Kampf« und »Gewalt« die Kolumnen von Ulrike MeinhofMeinhof, Ulrike Marie durchgängig erwähnt bis Seite 73 in »konkret«:

»Gegen-GewaltGegengewalt« (Februar), »Der Kampf in den Metropolen« (März), »Vom ProtestProtestbewegung zum Widerstand« (Mai), »Notstand-Klassenkampf« (Juni).

Der Baader-Meinhof-Komplex

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