Читать книгу Goschamarie Alte Geschichten - neue Freunde - Stefan Mitrenga - Страница 17
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Walter verschlug es die Sprache. Wie in Gottes Namen hätte Pfarrer Sailer fünfundzwanzig Tassen Kaffee trinken sollen? Er wusste doch, dass so viel Koffein für sein angeschlagenes Herz nicht gut war. Manni sah, wie die Gedanken in Walters Kopf kreisten.
„Ja, so ging es mir auch“, bestätigte er Walters Grübeln. „Ich hab dann mal nachgefragt, ob das denn nicht auf Fremdeinwirkung hindeutet, aber sie meinten nein. Das käme schon mal vor.“
Walter hatte gar nicht recht hingehört und musste nachfragen. „Fremdeinwirkung? Was soll das denn sein?“ Manni rutschte noch etwas näher und erklärte in verschwörerischem Flüsterton:
„Na, Fremdeinwirkung halt. Jemand anders war dran schuld. Jetzt stell dich nicht so blöd! Ich mein, vielleicht hat ja jemand Pfarrer Sailer das Zeug irgendwie untergejubelt und damit den Herzinfarkt ausgelöst!“
Walter begriff immer noch nicht. „Aber wenn ihm das jemand anders absichtlich angetan hätte, dann wäre das ja … also, ja … äh … das wäre … Mord?“ Das letzte Wort war Walter deutlich lauter über die Lippen gekommen als beabsichtig und Manni legte sofort einen Finger auf die Lippen.
„Pscht! Das muss ja nicht jeder mitkriegen!“ Besorgt schaute er sich um, doch alle Gäste in der Nähe waren in Gespräche vertieft und hatten nichts mit bekommen. Ohnehin war der Lärmpegel so hoch, dass man Arien hätte furzen können ohne aufzufallen.
„Ich dachte mir, vielleicht weiß einer von euch hier irgendwas. Hatte der Pfarrer Feinde? Hatte er Probleme? War er in irgendwas verwickelt? Fällt dir irgendwas ein?“
Walters Gedanken schwirrten in seinem Kopf wie ein Schwarm Bienen. Die neue Sicht auf Pfarrer Sailers Tod überforderte ihn. Er hatte das Gesicht des Mannes vor Augen, wie er lächelnd auf der Kanzel stand und seinen Segen gab. Er erinnerte sich an so viele Begebenheiten, bei denen er in der Gemeinde geholfen hatte oder einfach auch nur gesellig mit am Stammtisch gesessen hatte. Niemand konnte ernsthaft seinen Tod gewollt haben.
„Nein, da fällt mir nichts ein. Er war mit Sicherheit einer der beliebtesten Menschen in der Gemeinde.“
Manni schüttelte resigniert den Kopf. „Das dachte ich mir schon, aber irgendwie glaube ich nicht an einen einfachen Herzinfarkt.“
Walter war überrascht. „Gibt es denn keine weitere Untersuchung? Ermittlungen oder so?“
„Nein. Wie gesagt, die halten den Koffeinwert für nicht so wichtig. Der Pfarrer hätte das ja auch selber hinbekommen können. Mit viel Kaffee oder mehreren von diesen neumodischen Energydrinks. Außerdem kommt es wohl bei Menschen in seinem Alter gern mal zu irgendwelchen unnormalen Werten. Da spielt der Körper hin und wieder verrückt. Hinzu kommt, dass er schon einen schweren Infarkt hatte und deshalb schon angeschlagen war. Und wenn wir ehrlich sind, Walter, ist das auch das Wahrscheinlichste. Es gibt ja nicht das geringste Motiv und das ist das eigentlich Wichtige. Jeder mochte ihn, keine Streitereien oder irgendwas … kann sein, ich verrenne mich da in irgendwas, aber ich habe mit ein paar Kollegen darüber geredet und die waren auch skeptisch.“
Manni lehnte sich zurück und leerte sein Bier. Walters Gefühle gingen in zwei Richtungen. Zum einen war er schockiert über Mannis Idee, jemand könnte Pfarrer Sailer ermordet haben, zum anderen war er erleichtert, dass dem wohl nicht so war. Kein Motiv. Nur ein erhöhter Wert. Also ist an allem nichts dran?
„Was sind denn das für Kollegen mit denen du darüber geredet hast?“
Manni überlegte kurz. „Wir sind Freunde, treffen uns immer mal auf einen Kaffee oder ein Bier. Hans da hinten“, Manni zeigte auf seinen Kollegen, „gehört auch dazu. Einer von der Kripo ist dabei und auch ein Mädel aus der Pathologie. Eigentlich eine buntgewürfelte Truppe. Wir treffen uns, weil wir unseren Job mögen und auch gerne darüber reden, aber das kannst du ja mit den meisten Leuten nicht. Und da kam uns die Idee, ob wir nicht selber ein bisschen ermitteln sollen. Ist ja das, was wir gelernt haben. Nur kennen wir niemanden von hier … außer dir. Könntest du dir vorstellen bei uns mitzumachen?“
Manni sah Walters überraschtes Gesicht und ruderte sofort zurück. „Ich weiß, das klingt verrückt, aber denk doch einfach mal drüber nach. Schlaf eine Nacht drüber und dann triff dich mit uns. Wir sind samstags immer auf dem Markt an Francescos Kaffeewagen. Wird dir gefallen!“ Manni trank seinen letzten Schluck Bier.
„So Walter“, raffte er sich auf, „ich geh noch zu Marie bezahlen und dann fahre ich heim. Der Kollege will auch nach Hause.“
Als hätte Marie seine Absicht erraten, stand sie plötzlich neben ihm und er beglich die Rechnung für sich und seinen Kollegen. „Jeder muss bloß oi Bier zahla. S’andre gaht aufs Haus. Aber sinder mir blos vorsichtig am Hoim fahra – it dass r blosa missat und d’Deckel isch futt!!“
Alle, die in der Nähe saßen, lachten herzhaft und verabschiedeten die zwei Ordnungshüter lautstark. Manni machte kurz vor der Tür kehrt und kam noch einmal zurück.
„Ich verlasse mich auf dich! Bis morgen!“ Manni klopfte Walter freundschaftlich auf die Schulter und verließ die Gaststube.
Walter schaute sich nach seinen Freunden um. Da Max sich immer noch mit der Blonden unterhielt (die jetzt, dank der vier Bier die Max getrunken hatte, fast gar nichts mehr verstand) und Elmar friedlich auf dem Tisch schlief, beglich Walter seine Rechnung und machte sich mit Balu auf den Heimweg. Ja, er würde morgen früh auf den Ravensburger Markt gehen.