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5.Abs. 4: Maßnahmen längstens zulässig bis zum Erlass der Abschlussverfügung

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7Abs. 4 Satz 1 stellt klar, dass Ausdehnung, Beschränkung und Wiedereinbeziehung nur bis zum Erlass der Abschlussverfügung zulässig sind (bei der Abschlussverfügung kann es sich um eine Disziplinarmaßnahme oder auch um eine Einstellungsverfügung handeln). Nach diesem Zeitpunkt ist insbesondere eine Einbeziehung vormals ausgeschiedener Vorwürfe ins gerichtliche Verfahren nicht mehr möglich (anders im Bundesrecht, vgl. § 53 BDG).

8Abs. 4 Satz 2 bestimmt, dass eine einmal nach Abs. 2 Satz 1 aus dem Verfahren ausgeschiedene Handlung, die auch nicht später nach Abs. 2 Satz 2 (spätestens bis zum Erlass der Abschlussverfügung) wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen wurde, nicht mehr zum Gegenstand eines neuen Disziplinarverfahrens gemacht werden kann. In dieser Regelung liegt nicht nur eine Durchbrechung des Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens sondern zugleich auch eine Durchbrechung des Legalitätsgrundsatzes aus § 8 Abs. 1, denn die Handlung bleibt dann endgültig disziplinarrechtlich ungeahndet. Aus Sicht des Gesetzgebers dient diese Regelung der Verfahrensökonomie sowie dem Rechtsschutz des Beamten und ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 41,19 wonach eine Handlung, die (wie hier, vor der Ausscheidung) schon einmal Gegenstand eines Disziplinarverfahrens war, nicht Gegenstand eines anderen, neuen Disziplinarverfahrens sein kann. Das hiernach einmal wirksam eingetretene Verfolgungsverbot wirkt absolut – insbesondere kann auch dann kein Disziplinarverfahren wegen des endgültig ausgeschiedenen Vorwurfs mehr eingeleitet werden, wenn die Behörde nunmehr (etwa aufgrund neuer Tatsachenerkenntnisse) feststellt, dass die ausgeschiedene Handlung einen deutlich höheren Unwertgehalt aufweist als seinerzeit, beim Treffen der Ausscheidungs-Entscheidung angenommen. Anders natürlich, wenn neue Handlungen offenbar werden, die nicht von der seinerzeitigen Ausscheidungs-Entscheidung erfasst sind.

Abs. 4 Satz 2 schließt aber nur eine disziplinarrechtliche Ahndung der endgültig ausgeschiedenen Vorwürfe aus. Dagegen ist es grundsätzlich möglich, den ausgeschiedenen (erweislichen) Vorwurf andernorts zu berücksichtigen – etwa bei der Erstellung dienstlicher Beurteilungen und bei Personalmaßnahmen (insbesondere bei der Vergabe höherwertiger Dienstposten oder Beförderungen). In aller Regel wird aber der im Verfahren verbliebene, gewichtigere Vorwurf zu einer bedeutenden Disziplinarmaßnahme geführt haben, die ebenfalls (ggf. bereits ausreichenden) Einfluss haben kann auf die Erstellung dienstlicher Beurteilungen und auf zu treffende Personalmaßnahmen.

Fraglich ist, ob das Verfolgungsverbot des Abs. 4 Satz 2 analog auch auf solche Handlungen anzuwenden ist, die (bis zur Abschlussentscheidung) nicht einbezogen wurden. Dies scheitert indes am klaren Wortlaut der Vorschrift, die allein ausdrücklich ausgeschiedene und dann „nicht wieder einbezogene“ Handlungen einem Verfolgungsverbot unterwirft. Indes ergibt sich richtigerweise aus Abs. 4 Satz 1, dass „die Maßnahmen“ – und dazu gehört auch eine Erweiterung des Disziplinarverfahrens um zusätzliche Vorwürfe – längstens bis zum Erlass der Abschlussverfügung zulässig sind. Daraus folgt: Entscheidet sich die Disziplinarbehörde bewusst, bestimmte, ihr bekannte Handlungen endgültig nicht in ein Disziplinarverfahren einzubeziehen, weil diese aus ihrer Sicht für die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen, so ergibt sich richtigerweise aus Abs. 4 Satz 1, dass nach Abschluss des Disziplinarverfahrens wegen dieser Handlungen nicht doch noch ein Disziplinarverfahren eröffnen darf. Aus der Wertung, die hinter Abs. 3 Fall 2 i. V. m. Abs. 4 Satz 2 steckt, wird man jedoch schließen müssen, dass die bewusste Nichteinbeziehungs-Entscheidung ausdrücklich aktenkundig gemacht worden sein muss.20 Fehlt es an einer solchen bewussten und niedergelegten Nichteinbeziehungs-Entscheidung, ist der Weg zu einem späteren Disziplinarverfahren noch frei.

Disziplinarrecht Baden-Württemberg

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