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Diachrone Analyse

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Diese Textpassage ist eine Komposition DtrHs, die auf die DtrH zugänglichen Quellen und Traditionen zurückgeht. In V. 8 lässt sich Quellenmaterial erkennen, worunter etwas in der Art der kombinierten Königsliste zu verstehen ist, möglicherweise mit noch weiteren Einzelheiten. Es geht dabei um die Könige Israels und Judas. Damit werden die Könige eines der Reiche bereits durch die Herrschaftszeit ihres Amtskollegen im anderen Reich datiert.

16,8: Keine Bewertung Vielleicht war man bereits mit Baschas Politik unzufrieden, und als Ela sich anschickte, in dessen Fußstapfen zu treten, führte die Unzufriedenheit zum Komplott.37 Die übliche Negativbewertung, die nach V. 8 zu erwarten wäre, fehlt bei Ela – allerdings nicht, weil er rechtschaffen gewesen wäre, denn aus V. 13 geht eindeutig hervor, dass er wie sein Vater und alle anderen Könige Israels als Übeltäter galt –, sondern vielleicht als Möglichkeit, auf die generelle Bedeutungslosigkeit Elas hinzuweisen: Er ist derart nebensächlich, dass er noch nicht einmal ein Wort der Beurteilung verdient. Selbst Simri erhält trotz seiner nur siebentägigen Regierungszeit eine umfassende Beurteilung. Eventuell möchte DtrH dadurch suggerieren, dass Ela lediglich eine Verlängerung seines Vaters gewesen und keine eigene Beurteilung erforderlich ist. Das Fehlen einer Beurteilung könnte auch auf ein Versehen oder auf unbeabsichtigten Ausfall zurückzuführen sein.

16,9–10: Simris Komplott Der Bericht über Simris Staatsstreich in Vv. 9–10 folgt einem Muster, das für solche Episoden verwendet wird. Es umfasst (1) die Mitteilung eines Komplotts (קשר), in der der Verschwörer genannt wird (V. 9); (2) eine Aussage darüber, dass der Verschwörer den König niedergeschlagen (נכה) und getötet (מות) hat (V. 10a); sowie (3) die Erklärung, dass der Verschwörer anstelle des ehemaligen Königs herrscht (V. 10b). Variationen finden sich dabei vor allem beim ersten Element (15,27–28; 2 Kön 15,14.25.30). Ein Motiv für Simris Komplott wird nicht genannt. Womöglich lag es in Elas (und Baschas?) militärischer Erfolglosigkeit gegen die Philister und gegen Juda.38 Elas Heer belagerte die Philisterstadt Gibbeton (V. 15), wo sein Vater Nadab ermordet hatte (15,27), was bedeutet, dass Israel unter Ela Gebietsverluste zu verzeichnen hatte. Natürlich darf man Simris persönliche Ambitionen nicht außer Acht lassen. Das Komplott scheint ein recht begrenztes Geschehen gewesen zu sein. Als Beteiligter wird niemand außer Simri genannt, auch wenn Arza, in dessen Haus Ela getötet wurde, dafür infrage käme. Arzas genau Stellung (der dem Haus vorstand) lässt sich schwer bestimmen, was teilweise an der Mehrdeutigkeit des Begriffs „Haus“ liegt. Die Aufgaben könnten auf den Palast beschränkt gewesen sein oder sich auf alle königlichen Güter in Tirza und vielleicht darüber hinaus erstreckt haben. In beiden Fällen ist diese Stellung am ehesten als die eines „obersten Verwalters“ zu betrachten.39 Simri könnte seinen Posten in Gibbeton verlassen haben, um nach Tirza zurückzugehen, oder sein Teil der Streitwagen könnte bei Tirza stationiert gewesen sein.40 Er hätte sich dann die Tatsache zunutze gemacht, dass der Rest des Heeres nicht dort war, sowie auch seine militärische Stellung, um Zugang zum König zu bekommen,41 der aufgrund seines Rausches ungeschützt war und den er dann ermordete. Welche Rolle Arza dabei gespielt haben mag, wird nicht genau beschrieben.

16,11–13: Simris Putsch Mit den Soldaten, die in Tirza seinem Befehl unterstanden, vernichtet Simri die genealogische Linie Baschas, was seine erste Tat als König ist – zumindest in der Darstellung des DtrH (Vv. 11–13). Der Ausdruck sobald er auf dem Thron saß in V. 11 wird manchmal als Glosse angesehen, weil er überflüssig ist – insbesondere im Vergleich zu 15,29, wo als er zu herrschen begann (במלכו) alleine steht.42 Andererseits ergibt die Betonung von Simris raschem Handeln hier doch einen Sinn. Jhwhs Wort durch Jehu in Vv. 1–4 hat sich trotz Simris sehr kurzer Regierungszeit erfüllt, was im Einklang mit den DtrH-Motiven von Verheißung und Erfüllung sowie der Strafe für die Sünde Jerobeams steht. Die Auslöschung des vorherigen Königshauses sorgte dafür, dass der Ursurpator den Thron eher erlangen und halten konnte. In diesem Fall allerdings schiebt sich das ideologische Motiv vor die historischen Fakten; Simri war anderweitig beschäftigt und hatte weder die Zeit noch die Ressourcen, alle Verwandten und Freunde Elas aufzuspüren und zu ermorden.43 In den anti-dynastischen Prophetensprüchen und Erfüllungsworten kommt dieses Begriffspaar nur hier vor. Umgebracht wurden die männlichen Mitglieder des Königshofes, die als potenzielle Herrscher und Rächer des ermordeten Königs zur Bedrohung werden konnten. Während es dabei in erster Linie um die direkten Nachkommen des Königs ging, die seine Nachfolger werden konnten, wurden andere Familienmitglieder und Unterstützer, die dem Usurpator gefährlich werden konnten, zweifellos ebenfalls ermordet. Dies gilt vor allem für den „Löser“ (gō’ēl), dessen Pflicht es war, Vergeltung für den Tod von Familienmitgliedern zu üben.44 Deshalb könnten die Verwandten und Freunde vielleicht auch עצור ועזוב entsprechen, was der gängigere Ausdruck in den anti-dynastischen Prophetensprüchen (1 Kön 14,10; 21,21; 2 Kön 9,8; vgl. 14,26) ist und sich wohl auf Führungspersonen bezieht.45 Die Begriffe Verwandte und Freunde bringen die Zugehörigkeit zum Königshof zum Ausdruck und bezeichnen also einerseits durch Blutsbande verbundene Menschen und andererseits Würdenträger oder Unterstützer. Was eine gängige Maßnahme politischer Zweckdienlichkeit zum Machterhalt ist, wird in der Darstellung DtrHs zum prophetischen Wort Jhwhs, das Realität wird. Es gehört zu einem größeren, tragischen Muster in Israel, das durch einen Mann in Gang gesetzt wird, dessen Sünde sein Volk vom rechten Weg abbringt; dieses Muster wiederholt sich, bis es zum Untergang der Nation führt. Zwar wird Jerobeam nicht namentlich genannt, doch die Wortwahl und das wiederholte Schema von Verheißung und Erfüllung verweisen ständig auf ihn.

Dass Simri nicht mit dem gesamten Heer in Kontakt steht, wird anhand der Reaktion des Heeres auf die Nachricht deutlich, dass er einen Putsch inszeniert hat (V. 16). Es kommt ihm nicht zu Hilfe, sondern ruft stattdessen seinen eigenen Befehlshaber Omri zum König aus. Darin könnte sich auch eine Spaltung zwischen der Streitwagentruppe, dem kleineren und elitäreren, aus Berufssoldaten bestehenden, Teil des Militärs, und dem größeren Teil des nicht berufsmäßigen עם zeigen. Hier findet sich die erste von drei Erwähnungen, dass Omri zum König ausgerufen wurde (Vv. 22.23). Die Wiederholung liegt in den ungewöhnlichen historischen Umständen begründet, unter denen Omri erst durch einen langwierigen Bürgerkrieg an die Macht gelangt ist.

„Ganz Israel“ in 16,16–17 Die Kommentatoren rätseln über die Bemerkung in V. 16 MT, wonach „ganz Israel“ Omri zum König ausersehen hat. Auch wenn die textkritische Analyse nahelegt, dass „ganz Israel“ hier nicht die beste Lesart ist, kommt die Wendung in V. 17 tatsächlich vor. Verschiedene Erklärungen werden angeboten: Es ist ein Begriff für Israels Kampfstärke;46 es bezeichnet wie in Kap. 12 die Versammlung der Stämme;47 es weist darauf hin, dass Omri als erster König seit Jerobeam Rückhalt in der Bevölkerung hat und der erste ist, der eine echte Dynastie gründet;48 oder es bezieht sich auf die Einmütigkeit der Truppen in Gibbeton im Gegensatz zur Spaltung, die in Israel als Ganzem herrscht (V. 21).49 In jeder dieser Erklärungen steckt etwas Wahres. „Ganz Israel“ bezieht sich tatsächlich auf die Einmütigkeit der von Omri befehligten Streitkräfte, die auch als עם, „Volk“, bezeichnet werden. Es ist der Begriff für das „Heer“ oder die „Truppen“ aus dem Volk im Kontrast zu den Berufssoldaten im Streitwagencorps, das teilweise von Simri befehligt wird. Das עם besteht vermutlich aus landbesitzenden Bürgern, die zum Militärdienst verpflichtet waren und politisch mitreden konnten.50 In diesem Sinne bildet es die Volksversammlung und vertritt die Nation als Ganze. Indem es sich weigert, Simri als König anzuerkennen und sich hinter ihm – und nicht hinter seinem eigenen General Omri – zu versammeln, knüpfte das „Volk“ vielleicht an eine Tradition an, nach der es selbst das Recht zur Wahl des Königs besessen hat (2 Sam 2,4; 5,3; 1 Könige 12). Jedenfalls wird Simris Herrschaft nur in Tirza anerkannt, und auch dort offensichtlich nur halbherzig.

Gibbeton (V. 17) wird meist mit Tell el-Melat identifiziert, das knapp fünf Kilometer westlich von Geser an der Grenze zwischen israelitischem und philistäischem Gebiet liegt. Bascha hat vermutlich die Philister zu Beginn seiner Regierungszeit geschlagen (1 Kön 15,27), und als er starb, erhoben sie sich und zwangen Ela zu einer erneuten Belagerung.51 Omris Herkunft Über Omris Herkunft wird nichts mitgeteilt, außer dass er „Befehlshaber des Heeres“ in Gibbeton war. Die möglicherweise ausländische Herkunft des Namens (siehe die Anmerkung zu V. 16) hat Anlass zu Spekulationen über seine ethnische Zugehörigkeit gegeben. Gray und Würthwein diskutieren die Möglichkeit, dass Omri ein ausländischer Söldner war, auch wenn beide einräumen, dass es für das Heer ungewöhnlich gewesen wäre, sich einen Nichtisraeliten zum König zu erwählen.52 Würthwein schlägt vor, dass Omris Volkszugehörigkeit im Hintergrund des Krieges mit Tibni stand, und dass Omri diesen Makel durch seine starke Persönlichkeit ausgleichen konnte. Gray entwirft die These, dass Omris Familie kanaanäisch, aber in Israel integriert war. Er schlägt auch vor, dass die Familie aus Jesreel kam, worauf Ahabs Interesse an dieser Stadt zurückging.53 Kuan spricht sich für eine Herkunft aus Phönizien aus.54 Diese Hypothesen messen dem Namen Omri allerdings zu viel Bedeutung bei. Wenn, wie Gray postuliert, Omri ein verkürzter Jhwh-haltiger Name ist, dann ist er womöglich überhaupt nicht ausländisch. Auch könnten 1 Chronik 7,1–3 mit Bezug auf Schimron als einen der Hauptclans des Stammes Issachar sowie 1 Chr 27,18, wo ein Omri von Issachar erwähnt wird, darauf hindeuten, dass König Omri aus diesem Stamm kam,55 und dies wiederum könnte ein Beleg für das Interesse der Omriden sowohl an Samaria als auch an Jesreel sein.56

16,18: Simris Tod Simris nur siebentägige Königsherrschaft bedeutet, dass er praktisch keine militärische Unterstützung in Tirza besitzt, das fast sofort erobert wird (V. 18). Er flieht in die Zitadelle, den am besten befestigten Teil der Stadt und vermutlich den Ort, an dem sich die Residenz des Königs befand. Möglicherweise ist die Zitadelle im Zuge des Angriffs auf die Stadt in Brand gesteckt worden. In der Erzählung wird das Feuer Simri zugeschrieben, doch da er dort allein war, scheint es keine Augenzeugen gegeben zu haben. Dieses Ende Simris wird schwerlich als ein heroisches zu gelten haben.57 Simri wird kaum wie ein Held behandelt. Vermutlich war sein Motiv, Gefangennahme und Folter vor der Hinrichtung zu entgehen.

16,19: Simris Schuld in der Programmatik des DtrH Vor dem Hintergrund der Kürze von Simris Regierungszeit erscheint die Erklärung merkwürdig, dass er wegen seiner Sünden und der Sünde Jerobeams (V. 19) starb. Dies ist keine Beurteilung seines ganzen Lebens, sondern wird im Rahmen der Formel verwendet, die seine Regierungszeit beurteilt.58 Gelegentlich wird es in der Forschung als spätere Hinzufügung angesehen.59 Das bedeutet allerdings nicht, dass es DtrH abgesprochen werden sollte, denn es passt zu seiner Thematik. Aus streng historischer Sicht war die siebentägige Herrschaft Simris nicht lang genug, um viel Böses zu tun. Wir haben aber bereits gesehen, wie sich DtrH über historische Erwägungen zugunsten seines Programms und der Programmatik von Verheißung und Erfüllung hinwegsetzt (Vv. 11–12). L’automatisme des formules l’emporte sur la vraisemblance historique!60 Die Heiligtümer in Dan und Bet-El wurden während Simris Herrschaft weiterbetrieben, so dass er als schuldig gilt, Jerobeam nachgefolgt zu sein, was auch auf alle anderen israelitischen Könige zutrifft.

16,20: Fehlende Bestattungsnotiz Das Fehlen einer Bestattungsnotiz erfüllt in der Darstellung von Simris Regierungszeit eine doppelte Funktion. Das Feuer hinterließ nichts, was sich noch bestatten ließe, und das passt gut zum Fluch der Nicht-Bestattung, der gegen jedes Königshaus gerichtet ist, auch wenn gegen Simris Haus wegen der Kürze seiner Regierungszeit kein eigenes Prophetenwort ergangen ist. Auch das Fehlen einer Bestattungsnotiz zeigt Respektlosigkeit. Es gibt weder eine Gedenkstätte für Simri noch ein Grab, an dem man sich seiner erinnern könnte. In dieser Hinsicht ähnelt er Nadab und Ela. Die Geschichte, die sie alle in Verruf bringt, ist ironischerweise das Einzige, was an sie erinnert.

16,21–22: Tibnis InterregnumDie Verse 21–22 bilden eine eigenständige Einheit, wie ihre Einleitung durch ’az mit Imperfekt, ihre Rahmung durch pĕtûḥôt sowie ihre Positionierung zwischen den Rahmenformularen für Simri (V. 20) und Omri (V. 23) zeigen.61 Das letztgenannte Merkmal bedeutet, dass sie außerhalb des strukturellen Rahmens von DtrH stehen. Trotzdem zeigt die Diskrepanz zwischen dem siebenundzwanzigsten und einunddreißigsten Jahr Asas in V. 15 und V. 23, dass DtrH sich der durch Tibnis Aufstand entstandenen Lücke bewusst war und die Episode über ihn aufgenommen haben muss. Deshalb präsentiert DtrH den Aufstand Tibnis als echtes Interregnum. Es hat zu unterschiedlichen Deutungen der Chronologie der Omri-Dynastie geführt.62 Weitere Hintergrundinformationen über Tibni als den Namen seines Vaters gibt es nicht, und ebensowenig sind Einzelheiten über seinen Tod überliefert. Selbst über Simris siebentägige Herrschaft wird mehr berichtet als über Tibnis fünf Jahre währenden Kampf um die Macht. Dass es nur so wenige Informationen gibt, hat zu einer ganzen Reihe von Spekulationen über die näheren Umstände dieser Ereignisse geführt. Gelegentlich wird vermutet, dass Tibni ein Verbündeter oder Unterstützer Simris gewesen sein könnte.63 Abgesehen davon, dass Tibni der Darstellung zufolge mehr Unterstützung genossen hat als Simri, lässt sich dieser Vorschlag aufgrund der Konstruktion von אז mit Imperfekt in V. 21 ausschließen; die Verbindung zeigt an, dass Tibnis Krieg gegen Omri vor dem Aufstieg Simris stattgefunden hat.64 Der wirkmächtigsten Theorie zufolge ist Tibni der letzte König, der von der Volksversammlung gewählt wurde, während Omri von der Berufsarmee und den Söldnern unterstützt wurde, was ein Wendepunkt in der gesellschaftspolitischen Geschichte Israels gewesen wäre.65 Allerdings sind die Aussagen in Vv. 21–22 weder im Hinblick auf die genaue Zusammensetzung der Anhängerschaft Omris und Tibnis eindeutig, noch darüber, auf welche Weise Letzterer gewählt wurde. Das עם, mit dem vermutlich das Volksheer bezeichnet wird, ist gespalten. Schwerer wiegt noch, dass die Zuschreibung der Berufsarmee zu Omri und der Volksmiliz zu Tibni die vermeintliche Lage von V. 16 zu konterkarieren scheint. Dort genießt Omri im Unterschied zu Simri, zu dem das Streitwagencorps hält, die Unterstützung des עם . Ebenso wäre es möglich, dass die Spaltung zwischen Omri und Tibni in Stammesstreitigkeiten, einem persönlichen Konkurrenzkampf oder Ähnlichem begründet liegt.66 Dass das Rahmenformular bei Tibni fehlt, deutet darauf hin, dass er von DtrH nicht als König angesehen wird, sondern als Eindringling, der am Ende gescheitert ist. Doch die Lücke von fünf Jahren zwischen V. 15 und V. 23 beantwort nicht die Frage nach Tibnis Stellung. In der griechischen Chronologie, in der Tibni als König gilt (nach Tibni, V. 22), spiegelt sich der Versuch, hier korrigierend und klärend einzugreifen.67

Omris historische Bedeutung Omri war wohl der wichtigste König in der Geschichte Israels. Seine Bedeutung erschließt sich aus archäologischen Hinweisen auf umfangreiche Baumaßnahmen an großen öffentlichen Gebäuden vor allem in Samaria, Jesreel, Megiddo und Hazor.68 Darüber hinaus wird sie aus Verweisen auf Omri und seine Dynastie in zeitgleichen altorientalischen Texten deutlich. Israel wird, solange es als Königreich existiert, in neuassyrischen Inschriften als „Haus Omris“ bezeichnet.69 Darüber hinaus hat Omri ausweislich der Mescha-Stele auch Moab unterworfen (ANET 320–321; COS 2,23). Er oder Ahab scheinen auch Juda unterworfen zu haben.70 Ebenso eroberten sie Gebiete zurück, die zuvor an Aram-Damaskus verlorengegangen waren,71 bevor sie sich mit Aram gegen die Assyrer verbündeten. Zusammen mit der Regierungszeit Ahabs markiert Omris Herrschaft den Zenit des Königreichs Israel.72

16,23–28: Omris Herrschaft Angesichts von Omris historischer Bedeutung ist der Bericht über seine Regierungszeit erstaunlich kurz. Die ihr gewidmeten sechs Verse (Vv. 23–28) bestehen, von zwei Ausnahmen abgesehen, aus dem Rahmenformular. Diese zwei Ausnahmen sind die Notiz über den Erwerb und die Bautätigkeit von bzw. in Samaria (V. 24) sowie die Ausweitung der Beurteilung Omris des Inhalts, dass er mehr Böses getan hat als alle seine Vorgänger (V. 25b). Warum Omri schlechter als seine Vorgänger war und deshalb verurteilt wird (V. 25b), bleibt unklar, weil die erwähnten Vergehen (V. 26) mit denen Baschas und Elas identisch sind (15,33; 16,2b.13). Vielleicht liegt der Grund hierfür darin, dass Omri der Gründer der Dynastie war, der Ahab angehörte. Da Ahab der schlimmste König Israels war, muss Omri als Gründer der Dynastie fast ebenso schlecht gewesen sein. Darin liegt ein zweifelhaftes Kompliment. Omri und Ahab setzten die Maßstäbe für Israels Ansehen und Macht auf der internationalen Bühne; israelitische Könige mit so vielen Verbindungen zu anderen Ländern müssen irgendwie böse gewesen sein. Die Beurteilung verrät auch ein politisches Programm. Wenn der Reichtum, die Macht und das internationale Prestige der wichtigsten Könige des Nordreichs aus theologischen Gründen angeprangert werden, ist das kleinere, schwächere Juda eher auf Augenhöhe mit Israel.73

16,24: Die Positionierung der Notiz über Samaria Die Notiz über Samaria in V. 24 stellt eine Unterbrechung der üblichen Anordnung des Rahmenformulars dar, bei der die Beurteilung eines Königs direkt auf die chronologischen Angaben zu ihm folgt. Normalerweise werden zusätzliche Information erst am Ende der Einleitung des Rahmenformulars angefügt (V. 26). Doch die Bestattungsnotiz in V. 28 setzt den Erwerb Samarias durch Omri voraus, was die Möglichkeit ausschließt, dass V. 24 post-dtr ist. Der Deuteronomist sah V. 24 offensichtlich als Fortsetzung der in V. 23 behandelten Frage an, also der Lage der Hauptstadt, und hielt den Erwerb nicht per se für eine neue Information, sondern nur für eine Ausweitung der Notiz darüber, wo Omris Regierungssitz sich befand.

Alts Theorie der Personalunion Der Erwerb Samarias durch Omri (V. 24) ist von zentraler Bedeutung für die Debatte über die Staatswerdung Israels und über die Deutung der archäologischen Funde der Grabungen in Samaria. Alt hat vorgeschlagen, dass Samaria – wie das Jerusalem Davids – sich im Besitz der Krone befand, nicht an einen Stamm angegliedert und politisch neutral war.74 Dies war Teil einer größeren Agenda, zu der aus Alts Sicht auch die Staatswerdung in Syrien und Palästina gehört. Ihm zufolge hat Omri Samaria nach dem Vorbild Davids als Privatbesitz erworben, um eine dynastische Monarchie zu gründen, was sich von der charismatischen Tradition unterschied, die es vor ihm in Israel gab. Danach hielt er den Stadtstaat Samaria und das Königreich Israel durch eine „Personalunion“ zusammen, wie David es mit Jerusalem, Juda und zuvor auch Israel getan hatte. Diese These Alts wurde von Buccellati bestritten, der unter anderem auf Hinweise im biblischen Bericht über das Prinzip der dynastischen Nachfolge hingewiesen hat, das wohl vor Omri gegolten hat.75 Trotzdem wird auch in neueren Kommentaren weiterhin behauptet, dass Omri Samaria als politisch neutralen Privatbesitz erworben habe.76 Solange sich jedoch nicht theoretisch untermauern lässt, dass Israels Königtum nicht dynastisch war, gibt es keinen Grund dazu, Samaria als etwas anderes zu betrachten als die Hauptstadt des Reiches.

Die Vorzüge Samarias Samaria war als Hauptstadt aus politischen und militärstrategischen Gründen eine gute Wahl. Es war zentral gelegen und ließ sich aufgrund seiner isolierten Lage gegenüber dem umliegenden Gebiet sehr gut verteidigen,77 es lag relativ dicht an der Mittelmeerküste und auch an der Haupthandelsroute von Ägypten nach Phönizien. Es lag sowohl an der günstigsten Ost-West-Verbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Landesinneren als auch an der besten Nord-Süd-Route, die Sichem mit der Jesreel-Ebene und dem Zugang zum Ostjordanland, nach Damaskus und in weitere Regionen, verband. Der Wechsel von Tirza nach Samaria bedeutete für Omri und seine Dynastie eine Neuorientierung. Die durch Samaria gegebenen Handelsvorteile und Samarias stärkere Orientierung zum Mittelmeer und nach Phönizien wurden von Omri und Ahab genutzt und trugen zum Wohlstand ihrer Herrschaftszeit bei. Phönizischer Einfluss zeigt sich in den archäologischen Funden aus Samaria, insbesondere beim Stil der behauenen Quadersteine und bei den Motiven auf den Elfenbeinplaketten.

Omris Erwerb von Samaria In Samaria wurden von 1908 bis 1910 und in den frühen 1930er Jahren größere Ausgrabungen vorgenommen. Vor allem auf der Basis der letztgenannten Ausgrabungen ist Kenyon zu dem Schluss gekommen, dass es zwischen der frühen Bronzezeit und der Siedlung aus der Eisenzeit II unter Omri eine Besiedlungslücke gab.78 Sie hat 16,24 dahingehend gedeutet, dass das von Omri erworbene Gelände zuvor unbebaut gewesen war. Doch die Funde sind jüngst neu interpretiert worden. Demzufolge gab es eine bedeutende Ölpresse aus der Eisenzeit I, die einer Großfamilie oder einem Clan gehört haben muss.79 Den Wert dieses Areals belegt der hohe Preis, den Omri dafür gezahlt hat.80 Eine andere und vermutlich ältere Form des Namens Samaria ist vielleicht von einem Clan abzuleiten, der „Schimrîn“ oder so ähnlich geheißen hat (siehe oben die Anmerkung zu Text und Übersetzung). Deshalb könnte der Bericht in V. 24, demzufolge Omri den Hügel von „Samaria“ erworben hat, etwas Wahres enthalten, auch wenn der Name Schemer eine sekundäre Ätiologie ist. Da Omri das Areal erworben hat und nicht von dort stammte, wären seine Vorfahren dort nicht bestattet. Daraus lässt sich schließen, dass legte sich zu seinen Vorfahren (V. 28) kein Euphemismus für die Bestattung ist.

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