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5. Verfahren
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Relaisfunktion. Die einheitliche Stelle agiert ohne eigene Sachentscheidungsbefugnisse als Kontaktstelle (vgl. Erwägungsgrund Nr. 48 der Dienstleistungsrichtlinie) zwischen der Fachbehörde und dem Antragsteller bzw. Anzeigepflichtigen. Fristen werden mit Eingang der Erklärung und der Unterlagen bei ihr gewahrt (§ 71b Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Die einheitliche Stelle übt nicht nur die bereits beschriebenen Vermittlungsfunktionen gem. § 71b Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwVfG aus, sondern sie gibt auch Verwaltungsakte bekannt, es sei denn, der Adressat verlangt die Bekanntgabe unmittelbar durch die zuständige Fachbehörde (§ 71b Abs. 5 Satz 2 VwVfG). Dieses Verlangen kann ausdrücklich oder konkludent, förmlich oder formlos geäußert werden.[42] § 71b Abs. 5 Satz 2 VwVfG ist lediglich eine Ordnungsvorschrift, so dass die Bekanntmachung auch dann wirksam ist, wenn sie entgegen dem erklärten Willen des Adressaten durch die einheitliche Stelle erfolgt.[43] Nach § 71d Satz 1 VwVfG haben die einheitliche Stelle und die zuständige Fachbehörde auf eine ordnungsgemäße und zügige Verfahrensabwicklung hinzuwirken und sich hierbei zu unterstützen. Diese Unterstützungshandlungen können nicht im Wege der Amtshilfe eingefordert werden, weil es sich dabei um jeweils eigene Aufgaben handelt (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG).[44]
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Pflichten der zuständigen Fachbehörde. Die Pflichten der zuständigen Behörden verdienen vor allem mit Blick auf die Vollständigkeit der Unterlagen (vgl. § 71b Abs. 4 Satz 1 VwVfG) Beachtung. Diese kann z.B. für den Eintritt einer Genehmigungsfiktion ausschlaggebend sein (vgl. § 42a Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Soll durch die Anzeige, den Antrag oder die Willenserklärung eine Frist in Gang gesetzt werden, stellt die zuständige Fachbehörde aus Gründen der Rechtssicherheit eine Empfangsbestätigung aus (§ 71b Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Diese trägt das Datum des Eingangs[45] bei der einheitlichen Stelle (§ 71b Abs. 3 Satz 2 VwVfG). Des Weiteren muss die Empfangsbestätigung auf die Frist, die Voraussetzungen für den Beginn des Fristlaufs und auf eine an den Fristablauf geknüpfte Rechtsfolge sowie auf die verfügbaren Rechtsbehelfe hinweisen (§ 71b Abs. 3 Satz 2 VwVfG). Der Antragsteller bzw. Anzeigepflichtige soll wissen, „wo er mit seinem Verfahren steht und was er weiter zu veranlassen oder zu erwarten hat“[46]. Er soll mit der Empfangsbestätigung über die von der Behörde einzuhaltenden Bearbeitungsfristen sowie die Rechtsfolgen (insb. die Genehmigungsfiktion) und Rechtsschutzoptionen bei deren Überschreitung in Kenntnis gesetzt werden.[47]
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Während § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG für den Regelfall die Vollständigkeitsprüfung lediglich als Soll-Vorschrift anordnet, ist die zuständige Behörde im Verfahren über eine einheitliche Stelle hierzu gem. § 71b Abs. 4 Satz 1 VwVfG verpflichtet. Bei Unvollständigkeit des Antrags oder der Anzeige teilt sie unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), mit, welche Unterlagen nachzureichen sind (§ 71b Abs. 4 Satz 1 VwVfG). Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die behördliche Bearbeitungsfrist des § 71b Abs. 3 VwVfG erst mit Eingang der vollständigen Unterlagen beginnt (§ 71b Abs. 4 Satz 2 VwVfG).
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Diese Pflichten gelten gem. § 71a Abs. 2 VwVfG auch dann, wenn sich der Verfahrensbeteiligte nicht an die einheitliche Stelle, sondern unmittelbar an die zuständige Fachbehörde wendet. Die Globalverweisung des § 71a Abs. 2 VwVfG ist jedoch missglückt und nur modifiziert anwendbar. Denn in den Fällen, in denen die Anzeige, der Antrag oder die Willenserklärung nicht bei der einheitlichen Stelle eingeht, sondern unmittelbar bei der zuständigen Fachbehörde, kann diese nicht gem. § 71b Abs. 3 Satz 2 VwVfG das Datum des Eingangs bei der einheitlichen Stelle mitteilen. Sie muss dann vielmehr analog § 71b Abs. 3 Satz 2 VwVfG das Datum des Eingangs bei ihr auf der Empfangsbestätigung vermerken.[48]
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Fiktionen und Vermutungen. Wegen der zwangsläufigen Verzögerungen bei Einschaltung der einheitlichen Stelle gelten Anzeigen, Anträge, Willenserklärungen und Unterlagen am dritten Tag nach Eingang bei der einheitlichen Stelle als bei der zuständigen Behörde eingegangen (§ 71b Abs. 2 Satz 1 VwVfG).[49] Diese Regelung ist an § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG angelehnt, kann aber anders als diese (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) nicht widerlegt werden und ist daher eine Fiktion.[50] Fristen werden mit Eingang bei der einheitlichen Stelle gewahrt (§ 71b Abs. 2 Satz 2 VwVfG).
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In Anlehnung an § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO gilt ein in das Ausland zu übermittelnder schriftlicher Verwaltungsakt einen Monat nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben (§ 71b Abs. 6 Satz 1 VwVfG).[51] Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, wobei im Zweifel die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen hat (§ 71b Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG). Mithin handelt es sich nicht allein um eine Bekanntgabefiktion,[52] sondern partiell auch um eine Bekanntgabevermutung, gegen die der Einwand des Nichtzugangs oder späteren Zugangs vorgebracht werden kann.[53] Auf elektronisch übermittelte Verwaltungsakte ist § 71b Abs. 6 Satz 1 VwVfG nicht anwendbar; insoweit bleibt es bei der Grundregel des § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG.[54]
C. Besondere Verfahrensarten › II. Das Verfahren über eine einheitliche Stelle › 6. Informationspflichten