Читать книгу Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess - Thomas Elwell Jacob - Страница 162
1. Überblick
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Wesensmerkmale des Planfeststellungsverfahrens. Das Planfeststellungsverfahren (§§ 72 ff. VwVfG)[68] dient der Bewältigung komplexer, raumbezogener Vorhaben wie z.B. der Errichtung von Straßen- oder Schienenwegen. Das Bundesverfassungsgericht beschreibt die Planfeststellung als „einen komplexen Prozeß der Gewinnung, Auswahl und Verarbeitung von Informationen, der Zielsetzung und der Auswahl einzusetzender Mittel. Planung hat mithin finalen und keinen konditionalen Charakter […]“[69]. Zu diesem Zweck haben der Vorhabenträger und nachvollziehend die Planfeststellungsbehörde einen planerischen Gestaltungsspielraum, von dem sie pflichtgemäß Gebrauch machen müssen.[70] Dieser Spielraum wird durch das zwingende Recht (wie z.B. das Artenschutzrecht gem. § 44 BNatSchG) zum einen[71] und das allgemeine Abwägungsgebot zum anderen (vgl. § 75 Abs. 1a VwVfG)[72] begrenzt. Durch den Planfeststellungsbeschluss, der ein Verwaltungsakt ist,[73] werden sämtliche öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vorhabenträger und den Planbetroffenen in einer einzigen Entscheidung rechtsgestaltend geregelt (§ 75 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, Gestaltungswirkung). Zusätzliche behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen sind für das jeweilige Vorhaben grundsätzlich nicht erforderlich (§ 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwVfG, Konzentrationswirkung). Planfeststellungsverfahren sind in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht komplex. Die rechtsstaatliche Bewältigung der mit einem planfeststellungsbedürftigen Vorhaben einhergehenden Konflikte setzt deshalb nicht nur eine hinreichende Information und Äußerungsberechtigung der Planbetroffenen voraus, sondern auch ein Mindestmaß an Rechts- und damit Planungssicherheit des Vorhabenträgers. Mithin sind sowohl die Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. § 73 VwVfG) als auch die Präklusion von Einwendungen gegen das Vorhaben (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) ein wesentliches Element des Planfeststellungsverfahrens.
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Planungsvereinheitlichungsgesetz. Das Recht der Planfeststellung ist in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach novelliert und dabei u.a. an die Bedürfnisse wiedervereinigungsbedingter Aufgaben (insbesondere zügiger Auf- und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur) angepasst worden.[74] Die jüngsten Änderungen nahm der Gesetzgeber mit Wirkung vom 7.6.2013 durch das Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren (Planungsvereinheitlichungsgesetz) vom 31.5.2013[75] vor. Im Zuge dessen wurden verallgemeinerungsfähige, der Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren dienende Regelungen, die durch das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz vom 9.12.2006 in sechs Fachplanungsgesetze aufgenommen worden waren, zentral in das Verwaltungsverfahrensgesetz überführt und dort zugleich Vorschriften zur Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung aufgenommen.[76]
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Planfeststellung durch Gesetz. Im Regelfall trifft die Exekutive die Entscheidung über eine konkrete Fachplanung. Allerdings darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in besonders gelagerten Fällen auch der Gesetzgeber fachplanerische Detailpläne regeln.[77]
C. Besondere Verfahrensarten › III. Das Planfeststellungsverfahren › 2. Anwendungsbereich