Читать книгу Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess - Thomas Elwell Jacob - Страница 324
c) Rechtswidrigkeitsgründe
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Formelle Rechtswidrigkeit. Ein Verwaltungsakt ist formell rechtswidrig, wenn er unter Verstoß gegen die Vorschriften über die Zuständigkeit, das Verfahren oder die Form zustande gekommen ist.
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Materielle Rechtswidrigkeit. Ein Verwaltungsakt ist materiell rechtswidrig, wenn er jeder Ermächtigungsgrundlage entbehrt oder die Ermächtigungsgrundlage fehlerhaft angewendet worden ist. Im Einzelnen können sich materielle Fehler ergeben,
– | wenn von vornherein keine Ermächtigungsgrundlage (Gesetz, Verordnung oder Satzung) die im Verwaltungsakt angeordnete Regelung tragen kann; |
– | wenn die einschlägige Ermächtigungsgrundlage ihrerseits mit höherrangigem Recht unvereinbar und deshalb nichtig ist;[572] |
– | wenn die materiellen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage nicht vorliegen; dies kann der Fall sein, weil die Behörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder bei der Auslegung und Anwendung der Tatbestandsmerkmale der Ermächtigungsgrundlage einen Rechtsanwendungsfehler begangen hat; |
– | bei einem Überschreitung des der Behörde eingeräumten Beurteilungsspielraums; |
– | bei einem Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG); |
– | bei Ermessensfehlern; hier ist die gerichtliche Prüfung gem. § 114 Satz 1 VwGO darauf beschränkt, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums[573] überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (vgl. § 40 VwVfG);[574] |
– | bei einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; dieser verlangt, dass der Verwaltungsakt einem legitimen Zweck dient, zur Zweckerreichung tauglich ist (Geeignetheit), kein milderes, aber gleich geeignetes Mittel gegeben ist (Erforderlichkeit) und die getroffene Regelung dem Betroffenen bei Abwägung aller widerstreitenden legitimen Interessen zumutbar ist (Angemessenheit);[575] er ist als Verfassungsgrundsatz Element des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG), findet sich vielfach aber auch in Einzelgesetzen, z.B. in § 4 UZwG, § 15 BPolG, in den Polizeigesetzen der Länder und in den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes (§ 9 Abs. 2 VwVG) und der Länder. |
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Unzweckmäßige Verwaltungsakte. Der unzweckmäßige Verwaltungsakt ist nicht rechtswidrig (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Widerspruchsbehörde teilt lediglich die fehlerfrei getroffene Ermessensentscheidung der Ausgangsbehörde nicht und kommt im Rahmen ihrer eigenen Ermessensausübung zu einem abweichenden Ergebnis.[576]