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bb) Absolute Nichtigkeitsgründe

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§ 44 Abs. 2 VwVfG enthält einen abschließenden[585] Katalog von Rechtswidrigkeitsgründen, die zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts führen, ohne dass die wertenden Kriterien des § 44 Abs. 1 VwVfG heranzuziehen wären.

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Mangelnde Erkennbarkeit der erlassenden Behörde (Nr. 1). Die Vorschrift des § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG kommt nur bei schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakten, nicht aber bei mündlich oder in anderer Weise erlassenen Verwaltungsakten zur Anwendung. Sie korrespondiert mit § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG, wonach ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt u.a. die erlassende Behörde erkennen lassen muss. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sich die Behörde ohne größeren Aufwand weder anhand des Schriftstücks selbst noch anhand z.B. des Briefumschlages hinreichend verlässlich ermitteln lässt.[586] Das Fehlen der ebenfalls von § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG geforderten Unterschrift oder der Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten wird in § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG nicht erwähnt und hat deshalb nicht die Nichtigkeit des Verwaltungsakts zur Folge.[587]

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Hinter dem absoluten Nichtigkeitsgrund des § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG steht die Erwägung, dass die fehlende Erkennbarkeit der Behörde den Rechtsschutz vereiteln kann, weil für den Betroffenen nicht ersichtlich ist, mit welchem Träger öffentlicher Gewalt ein Rechtsverhältnis begründet, aufgehoben oder verändert wird und bei wem bzw. gegen wen er einen Rechtsbehelf gegen den Verwaltungsakt einlegen müsste.[588]

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Fehlende Aushändigung einer Urkunde (Nr. 2). Voraussetzung des absoluten Nichtigkeitsgrunds des § 44 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ist, dass die Urkunde für den Eintritt der im Verwaltungsakt vorgesehenen Rechtsfolge eine konstituierende Wirkung hat; es genügt nicht, wenn sie lediglich der Beweiserleichterung dient.[589]

Beispiele:

Nichtig ist eine ohne Aushändigung der Einbürgerungsurkunde ausgesprochene Einbürgerung (vgl. § 16 Satz 1 StAG), nicht hingegen die Erteilung einer Fahrerlaubnis ohne Aushändigung der amtlichen Bescheinigung hierüber, also des Führerscheins (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 StVG).[590]

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Schriftformbedürftige Verwaltungsakte fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 44 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG. Allerdings können sie nach § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig sein, wenn die Schriftform nicht lediglich eine Ordnungs-, sondern eine Schutzfunktion hat.[591]

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Erlass durch eine örtlich unzuständige Behörde (Nr. 3). Dieser Nichtigkeitsgrund ist auf eine Verletzung der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG über die örtliche Behördenzuständigkeit nach der Belegenheit der Sache beschränkt. Auf die Verletzung anderer Bestimmungen über die örtliche, sachliche oder instanzielle Zuständigkeit ist § 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG weder unmittelbar noch analog anwendbar.[592]

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Tatsächliche Unmöglichkeit der Ausführung (Nr. 4). Nach § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn ihn aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann. Erfasst sind nur Fälle objektiver Unmöglichkeit (wie z.B. die technische Unmöglichkeit), wohingegen die subjektive Unmöglichkeit (Unvermögen) nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts führt.[593]

Beispiel:

Einer hochbetagten, auf den Rollstuhl angewiesenen Person könnte der Abriss eines in ihrem Eigentum stehenden, einsturzgefährdeten Hauses zwar physisch oder finanziell und damit subjektiv unmöglich sein; objektiv unmöglich ist dies jedoch nicht.

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Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausführung des Verwaltungsakts führt nicht nach § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG zu dessen Nichtigkeit, unter Umständen aber nach § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG.[594]

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Verlangen auf Verwirklichung eines Straf- oder Bußgeldtatbestandes (Nr. 5). Nach § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn dem durch den Verwaltungsakt Verpflichteten die Begehung einer rechtswidrigen Tat abverlangt wird, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht. Der Verstoß gegen irgendein gesetzliches Verbot (vgl. § 134 BGB) genügt nicht.[595] Eine rechtswidrige, straf- oder bußgeldbewehrte Tat ist eine solche i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB bzw. § 1 OWiG;[596] sie muss aber weder vorsätzlich noch schuldhaft begangen werden[597]. Mithin kommt es auch nicht darauf an, ob der den Bescheid erlassende Amtswalter einen Vorsatz auf Verwirklichung der rechtswidrigen Tat hat, sondern allein darauf, dass der Regelungsadressat bei Erfüllung der mit dem Verwaltungsakt auferlegten Handlungspflicht objektiv rechtswidrig einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde.

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Verlangt i.S.d. § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG wird die Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit nur, wenn der Verwaltungsakt dem Regelungsadressaten eine Verhaltenspflicht auferlegt, zu deren Befolgung er eine rechtswidrige Tat begehen müsste. Die Legalisierung einer solchen rechtswidrigen Tat ist mithin kein absoluter Nichtigkeitsgrund, sie kann aber nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 VwVfG zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts führen.[598]

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Verstoß gegen die guten Sitten (Nr. 6). § 44 Abs. 2 Nr. 6 VwVfG ist an § 138 Abs. 1 BGB angelehnt.[599] Die „guten Sitten“ sind ein unbestimmter Rechtsbegriff. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verweist er „auf die dem geschichtlichen Wandel unterworfenen sozialethischen Wertvorstellungen, die in der Rechtsgemeinschaft als Ordnungsvoraussetzungen anerkannt sind. Abzuheben ist also nicht auf das Empfinden von kleinen Minderheiten. Andererseits ist nicht erforderlich – und praktisch auch so gut wie ausgeschlossen –, dass die Wertvorstellung von sämtlichen Mitgliedern der Rechtsgemeinschaft getragen wird. Maßgeblich ist vielmehr die vorherrschende sozialethische Überzeugung.“[600] Wenngleich der Begriff der „guten Sitten“ deutungsoffen ist und im Einzelfall beachtliche Anwendungsunsicherheiten aufwerfen kann, verstößt er nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot.[601]

Beispiele:

Wegen Verletzung der Menschenwürde als sittenwidrig angesehen wurden u.a. ein Wettbewerb im „Zwergenweitwurf“[602] und das Betreiben von Peep-Shows[603].

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