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aa) Nichtigkeit des Vertrages (§ 59 VwVfG)

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Die Vorschrift des § 59 VwVfG „ist das Ergebnis einer Abwägung zwischen den Grundsätzen der unbedingten Vertragsverbindlichkeit und der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns“[959]. Sie regelt die Nichtigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge abschließend.[960] § 59 VwVfG zeigt, dass auch rechtswidrige Verwaltungsverträge wirksam und verbindlich sind, sofern keine Nichtigkeitsgründe gegeben sind.[961]

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Bindungswirkung rechtswidriger Verträge. Von rechtswidrigen, aber wirksamen Verwaltungsverträgen geht insoweit eine stärkere Bindungswirkung aus als von rechtswidrigen, aber wirksamen Verwaltungsakten als sie nicht nach Maßgabe des § 48 VwVfG aufgehoben werden können.[962] Die Bindungswirkung kann aber z.B. durch die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Rücktrittsrechts (vgl. § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB) oder durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages, durch Anpassung oder Kündigung des Vertrages nach Maßgabe des § 60 Abs. 1 VwVfG oder durch Anfechtung von Willenserklärungen gem. § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 142 Abs. 1 BGB durchbrochen werden.[963]

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Nichtigkeit nach § 59 Abs. 1 VwVfG. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nach § 59 Abs. 1 VwVfG nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt. § 59 Abs. 1 BGB gilt sowohl für subordinationsrechtliche als auch für koordinationsrechtliche Verträge und nimmt Bezug sowohl auf diejenigen Vorschriften, die die Nichtigkeit von Willenserklärungen anordnen (z.B. §§ 105, 116 Satz 2 BGB), als auch auf diejenigen über die Nichtigkeit des Vertrages (z.B. §§ 125, 138, 142 Abs. 1 BGB).[964] Anknüpfungspunkt der Nichtigkeit sind nur die vertraglich getroffenen Vereinbarungen; ob ein an sich rechtmäßiger Vertrag fehlerhaft, also unter Missachtung der vertraglichen Bestimmungen „vollzogen“ wird, ist grundsätzlich nicht entscheidend.[965]

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Die bedeutendste Nichtigkeitsnorm ist § 134 BGB, der die Nichtigkeit eines gegen ein gesetzliches Verbot verstoßenden Rechtsgeschäfts vorsieht. Ein Verbotsgesetz in diesem Sinne liegt vor, wenn es „sich nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg“[966]. Bei der entsprechenden Anwendung auf öffentlich-rechtliche Verträge gem. § 59 Abs. 1 VwVfG sind sowohl die fehlende Privatautonomie der gesetzesgebundenen Verwaltung als auch der ausdifferenzierte Katalog der Nichtigkeitsgründe des § 59 VwVfG zu berücksichtigen.[967] Deshalb führt nicht jedweder Verstoß gegen formelles oder materielles Recht und damit gegen die allgemeine Gesetzesgebundenheit der Verwaltung zur Nichtigkeit gem. § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB, sondern nur ein qualifizierter Rechtsverstoß.[968] Dazu muss die jeweilige Vorschrift den Vertragsinhalt eindeutig und unbedingt verbieten und müssen die hinter dieser Norm stehenden öffentlichen Belange von solchem Gewicht sein, dass der Grundsatz der Vertragsverbindlichkeit zurücktreten muss.[969]

Beispiel:

Eine von abgabenrechtlichen Vorschriften abweichende Vereinbarung zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner (gesetzesinkongruenter Abgabenvertrag) ist, wenn sie ohne gesetzliche Ermächtigung getroffen wurde, gem. § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig.[970]

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Nicht nur nationale Vorschriften können ein Verbotsgesetz i.S.d. § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB enthalten, sondern auch unionsrechtliche Normen.[971]

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Nichtigkeit nach § 59 Abs. 2 VwVfG. Der Katalog der Nichtigkeitsgründe des § 59 Abs. 2 VwVfG[972] gilt unmittelbar nur für subordinationsrechtliche Verträge i.S.d. § 54 Satz 2 VwVfG[973] und tritt ergänzend neben den Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 1 VwVfG[974].

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Teilnichtigkeit. Die Nichtigkeit nur eines Teils des Vertrages hat nach § 59 Abs. 3 VwVfG im Zweifel seine Gesamtnichtigkeit zur Folge.[975] Darin unterscheidet sich der Verwaltungsvertrag vom Verwaltungsakt, der gem. § 44 Abs. 4 VwVfG im Zweifel nur teilnichtig ist.[976] Ob gem. § 59 Abs. 3 VwVfG anzunehmen ist, dass der Verwaltungsvertrag auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre und er deshalb nur teilnichtig ist, hängt von der Teilbarkeit des Vertrages und dem aus Sicht eines objektiven Dritten zu mutmaßenden Willen der Vertragsparteien ab.[977]

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Vorsorgeklauseln. Die Bestimmungen des § 59 VwVfG stehen nicht zur Disposition der Vertragsparteien. Gleichwohl können sie für den Fall des Eingreifens von Nichtigkeitsgründen (in beschränktem Umfang) Vorsorge durch Vereinbarung salvatorischer Ersetzungs- bzw. Erhaltungsklauseln[978] treffen.[979] Eine Ersetzungsklausel bietet sich für den Fall an, dass sich z.B. in einem späteren gerichtlichen Verfahren die Unangemessenheit der in einem Austauschvertrag vereinbarten Gegenleistung herausstellt (vgl. § 59 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG).[980] In einer Erhaltungsklausel können die Vertragsparteien zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten die Gültigkeit des verbleibenden, abtrennbaren Vertragsteils für den Fall vereinbaren, dass ein anderer Teil nichtig ist (vgl. § 59 Abs. 3 VwVfG).[981]

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Rückabwicklung. Nichtige öffentlich-rechtliche Verträge sind nach den Grundsätzen des öffentlichen-rechtlichen Erstattungsanspruchs rückabzuwickeln,[982] der im Wesentlichen den Anspruchsvoraussetzungen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs entspricht[983]. Im Einzelfall kann der Rückabwicklung das Gebot von Treu und Glauben entgegenstehen.[984]

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