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Outcome-orientierte Planung bei der Feuerwehr

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Auf die Feuerwehr übertragen bedeutet das für ausnahmebedürftige Situationen in Kommunen mit ausgedehntem und dünn besiedeltem Gemeindegebiet, in denen nicht alle Wohnlagen mit der erforderlichen Personalstärke innerhalb der gewünschten Eintreffzeit durch die Feuerwehr erreicht werden können, dass auch hier Lösungen gefunden werden müssen, mit denen auf anderen »gleichwertigen« Wegen das Schutzziel17 »Schutz des Lebens und körperliche Unversehrtheit des Menschen« erreicht werden kann. In diesem Fall sind geeignete »Kompensationsmaßnahmen« zu treffen, um der Brandentstehung und -ausbreitung in besonderem Maße vorzubeugen bzw. im Brandfall Personenschäden zu vermeiden und Sachschäden zu begrenzen. Wie in Bild 10 dargestellt, gibt es im Sinne einer outcome-orientierten Betrachtung mehrere Möglichkeiten dieses Schutzziel im Brandfall18 zu erreichen, von denen die Rettung durch die Feuerwehr nur eine von vielen Möglichkeiten ist.


Bild 10: Möglichkeiten zum Erreichen des Schutzziels »Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit des Menschen«

So kann zum Beispiel die Selbsthilfe und - rettung im Brandfall (in Bild 10 als erste Möglichkeit dargestellt) mit zahlreichen Maßnahmen sichergestellt werden: Beispielsweise durch die konsequente Umsetzung der Pflicht zur Installation von Rauchwarnmeldern im privaten Wohnbereich, die mit In-Kraft-Treten der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) zum 1. Januar 2017 für Neubauten und Umbauten nunmehr ohnehin bundesweit in allen Ländern gesetzlich gefordert ist. Das beinhaltet aber auch die Sicherstellung der regelmäßigen Wartung und der Funktionsüberprüfung dieser. Durch die Rauchwarnmelder können Bewohner im Brandfall nicht nur frühzeitig gewarnt und ihnen dadurch eine rechtzeitige Flucht ermöglicht werden. Durch die potenziell verkürzte Brandentdeckungszeit (gegenüber dem Zustand ohne Rauchwarnmelder) erfolgt auch eine frühere Brandmeldung bei der Feuerwehr, die wiederum in einer früheren Ausrückzeit sowie einer früheren Eintreffzeit der Einsatzkräfte an der Einsatzstelle resultiert.

Ferner ist eine intensive Brandschutz- und Selbsthilfeaufklärung zu betreiben, in der Grundkenntnisse und -fertigkeiten zur Selbsthilfe vermittelt werden. Betroffene Bürger sollten sich (ggf. in persönlichen Beratungsgesprächen mit der Feuerwehr vor Ort) mit ihrer häuslichen Flucht- und Rettungswegsituation vertraut machen und aktiv im Vorfeld planen, wie sie sich im Brandfall auch ohne die Feuerwehr rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Wie in Kapitel 2.3 bereits genannt, ist ohnehin die Stärkung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung eine gesetzliche Pflichtaufgabe der Kommunen, auf die die öffentlichen Brandschutzmaßnahmen wie etwa die Vorhaltung einer Feuerwehr ergänzend aufbauen. Darüber hinaus kann die Vorhaltung von Kleinlöschgeräten (z. B. Feuerlöscher) zielführend sein, um Klein- und Entstehungsbrände bereits vor Eintreffen der Feuerwehr zu bekämpfen und den Einsatzverlauf günstig zu beeinflussen. Ebenso sind ggf. weitere Hilfsmittel zur Flucht zweckdienlich (z. B. Notleitern oder Brandfluchthauben, mit denen sich Personen aus (verrauchten) Bereichen retten können). Neue Bauanträge in den »kritischen Gebieten« sind besonders genau zu prüfen. Bei Bedarf sind verschärfte Brandschutzmaßnahmen aufzuerlegen, zum Beispiel in Form von zweiten baulichen Rettungswegen oder über Rauchwarnmelder hinausgehende Brandmeldetechnik auch in Wohngebäuden geringer Gebäudeklassen. In Extremfällen ist gar eine Baugenehmigung oder -nutzung zu ver- bzw. untersagen, wenn keine schutzzielerfüllende Umsetzung möglich erscheint.

Wenn also durch die beispielhaft in Bild 10 dargestellten Maßnahmen der »Selbsthilfe und -rettung« sichergestellt ist, dass die Nutzer einer Wohneinheit frühzeitig noch in der Entstehungsphase eines Brandes durch Rauchwarnmelder gewarnt werden (und damit auch gar nicht von einem vollentwickelten Brand mit entsprechend toxischer Rauchentwicklung überrascht werden können), die Nutzer dann wissen, wie sie sich korrekt zu verhalten haben, gegebenenfalls mit bereitstehenden Löschmitteln initiale Löschversuche unternehmen, aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit den vorgehaltenen Fluchtmitteln oder über einen der beiden baulichen Rettungswege das Gebäude sicher verlassen können, ist das Schutzziel »Körperliche Unversehrtheit« vollumfänglich erreicht – und zwar unter Umständen sogar effektiver als durch einen Rettungseinsatz der Feuerwehr (in Bild 10 als zweite Möglichkeit dargestellt).

Vor diesem Hintergrund zeigt sich die verwendete Bezeichnung als »Kompensationsmaßnahmen« als inkorrekt, da die hierunter subsummierten Maßnahmen keine konkrete Kompensation für Defizite im Versorgungsniveau der Feuerwehr darstellen, sondern effektive und legitime, gleichwertige Maßnahmen zur Schutzzielerfüllung.

Eine weitere (oder ergänzende) Möglichkeit ist die Stärkung der gegenseitigen Nachbarschaftshilfe (in Bild 10 als dritte Möglichkeit dargestellt). Im Rahmen derer sind unter Beachtung des Eigenschutzes und Ausschluss einer Selbstgefährdung sowohl einfache Maßnahmen zur Brandbekämpfung und Hilfeleistung19 , als auch medizinische Erste Hilfe denkbar, um das therapiefreie Zeitintervall zwischen Eintritt des Notfalls und Übernahme der Hilfsmaßnahmen durch die Rettungskräfte nach ihrem Eintreffen am Notfallort zu überbrücken.

Feuerwehrbedarfsplanung

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