Читать книгу WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT... - Thomas Saile - Страница 30
Kapitel 25 Jobdetails - Tessin
ОглавлениеEr trug eine weiße Hose und ein hellblaues Baumwollhemd, dazu einen braunen Ledergürtel und leichte, braune Schuhe, sowie seine Sonnenbrille, als er die Straße betrat. Von den Nachbarhäusern reflektierte die Wärme der Morgensonne und es wehte ein leichter Wind. Tom beschloss zu Fuß zu gehen.
Bereits beim Durchschreiten des gemauerten Torbogens, der zur Terrasse des Albergo Ronco führte, erblickte er Pepe, der es sich in einer Lounge an der Hauswand bequem gemacht hatte.
An einem der Tische saß ein verliebtes Pärchen, das sich einen riesigen Eisbecher teilte.
Weinreben überdeckten die Terrasse und tauchten sie in ein Chiaroscuro aus Schatten und Licht.
„Da hast du dir ja echt Zeit gelassen“. Pepe sah genervt auf seine Uhr.
„Ich kann auch wieder gehen, Pepe. Wieso kommst du auch ohne Anmeldung vorbei“?
Tom hatte keine Lust auf Diskussionen. Er wollte einfach das Geschäftliche bereden und dann schnell wieder zurück zu Gianna.
„Also, erzähl. Worum genau geht es bei dem Job?“
Pepe schien sich zu beruhigen und seine Miene entspannte sich. Sein Haar war, wie immer, streng nach hinten gegeelt und er trug Anzug, Krawatte und schwarze Lackschuhe. An einem Handgelenk blitzte ein dickes Goldkettchen unter der Manschette hervor, am anderen eine schwere goldene Uhr, deren Lynette mit Brillanten besetzt war.
Typisch Pepe, dachte Tom.
Bevor Pepe zu erzählen begann, nahm er seine dünne, schwarze Aktentasche vom Sitz und holte deren Inhalt heraus. Es waren Dokumente und Prospekte des Uhrenherstellers KS-Uhren, wie Tom sofort am Logo erkannte.
In dicken Lettern stand darauf geschrieben:
„LIFE ORBITER ONE“
Tom konnte mit dem Namen nichts anfangen.
„KS-Uhren haben eine Neuentwicklung, ja geradezu eine Sensation, die auf den Markt gebracht werden soll. Eine Uhr, von der seit Jahrzehnten geredet und geträumt wird, die aber bisher noch keiner in der Lage war, herzustellen. Nun, wie es scheint ist KS-Uhren dieser Schritt als Erstes gelungen“.
Tom´s Interesse war geweckt.
„Was dieses Wunderwerk der Technik alles zu leisten vermag, kann ich dir im Einzelnen nicht erklären. Dafür bin ich der Falsche. Außerdem halten die mit den Details noch ziemlich hinterm Berg. Es soll ja schließlich ein Event mit Pauken und Trompeten, ach was sag ich, mit Kanonen und Raketen werden.
Der Job beinhaltet den Dreh eines sehr aufwändigen Werbespots, sowie dazugehörige Fotoshoots, öffentliche Präsentationen in zweiundzwanzig Ländern rund um den Globus, sowie, last but not least, die Teilnahme an diversen Festivitäten einflussreicher Persönlichkeiten“.
Pepe´s Augen leuchteten.
Auf dem Treppenpodest erschien eine junge Bedienung. Als sie Tom sah, kam sie heraus und begrüßte ihn.
„Hallo Tom. Entschuldige, ich hab dich gar nicht kommen sehen“.
Tom, der Lucinda bereits seit Jahren kannte, grüßte mit einem herzlichen Lächeln und bestellte sich einen Espresso und ein Glas Wasser dazu.
Lucinda verschwand wieder und Pepe fuhr fort:
„Die Anforderungen an den Kandidaten der das Rennen um den Job machen wird, sind sehr hoch. Nebst Aussehen, Figur und schauspielerischem Talent, muss er super sportlich und schwindelfrei sein, Tauchen, Ski und Motorrad fahren können und sich bester Gesundheit erfreuen. Solltest du den Job bekommen, wirst du dafür unterzeichnen, dass du dir über sämtliche Risiken und Gefahren im Klaren bist und darüber, dass KS-Uhren keinerlei Haftung übernehmen wird“.
Er hielt kurz inne und ergänzte mit fragendem Blick:
„Bist du eigentlich gut versichert“?
Tom musste gar nicht erst überlegen. Seit Jahren hatte er so ziemlich alles versichert, was man versichern konnte. Er war sich im Klaren darüber, dass sein Job von seiner körperlichen Verfassung und seinem äußeren Erscheinungsbild abhing. Da seine Hobbies nicht gerade Lesen und Sonnenbaden waren, sondern eher das Steuern schneller Fortbewegungsmittel jeder Art, sowie Klettern, Tauchen und Fallschirmspringen, hatte er bereits vor langer Zeit die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen getroffen.
Je gefährlicher, desto besser. Vor zwei Jahren hatte er noch eine Ausbildung in einer Stuntschule absolviert und daraufhin seine Versicherungen angepasst.
„Ja, natürlich bin ich gut versichert. Mach dir darüber mal keine Sorgen“.
„Also gut. Das Shooting soll irgendwo im Mittelmeer stattfinden. Das heißt, die erste Etappe. Von dort geht es, wie ich diesen Unterlagen entnehme, in die Berge. Aber auch darüber bin ich nicht weiter informiert. Jedenfalls haben die ein ordentliches Paket zusammengestellt, das Körper und Geist stark beanspruchen wird. Wenn ich richtig informiert bin, führen die auch ärztliche Untersuchungen direkt in Zürich durch. Zumindest bei den interessanten Kandidaten“.
Lucinda brachte die Getränke und stellte sie, mit einem Lächeln auf den niedrigen Glastisch.
Tom bedankte sich bei ihr, während Pepe lediglich nickte, um gleichzeitig mit seinem Vortrag fortzufahren:
„Die suchen einen männlichen und einen weiblichen Hauptdarsteller, sowie je eine Ersatzperson für die Zweitbesetzung, falls etwas schiefgeht. Diese werden mitreisen und Kosten und Logis, sowie ein Tagessalair, das hier nirgends mit Zahlen hinterlegt ist, erhalten“.
Während er das sagte, blätterte er die Unterlagen nochmals durch, um sicherzustellen, dass er die Zahlen nicht doch noch irgendwo finden würde.
„Ist ja aber auch nicht so wichtig, denn du gehst da ja nicht hin wegen dem zweiten Platz. Richtig“?
Pepe lachte schallend.
Tom war tatsächlich motiviert und spürte die Erregung.
Es stimmte schon, dass er natürlich nach Zürich fuhr, um den Job zu bekommen, aber taten das nicht alle die eine Einladung zum Casting hatten?
Er stimmte in das Lachen ein und hielt Pepe die Hand hin, die dieser ergriff und kräftig schüttelte.
„Denk an unsere Vereinbarung“, mahnte Tom.
Pepe´s Lachen verebbte.
„Du bringst mich noch ins Grab“.
Er griff in seine Aktentasche und holte ein paar weitere, bedruckte Blätter heraus.
Tom kannte diese bereits von früheren Jobs. Pepe hatte bei jeder Besprechung dieser Art die Vereinbarungen bereits vorformuliert dabei.
Bisher waren es jedoch immer Pepe´s Zahlen gewesen, die eingesetzt waren. Nicht so, dieses Mal.
Tom forderte achtzig Prozent für sich und gewährte Pepe zwanzig, als Vermittlerhonorar.
Das waren im Erfolgsfall immerhin zweihunderttausend Schweizer Franken.
Tom nahm die Formulare entgegen und ließ seinen Blick darüber schweifen. Als er alles gelesen hatte, entspannten sich seine Gesichtszüge und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen.
„Pepe, Pepe, es geschehen noch Zeichen und Wunder“.
Dieser ballte seine rechte Hand zur Faust und drohte Tom, halb scherzhaft und dennoch mit schmerzverzerrtem Gesicht.
Tom war sich sicher, dass Pepe dieser Schritt nicht leicht gefallen war. Er hatte tatsächlich alles so eingetragen, wie Tom ihm am Telefon vorgegeben hatte, also nahm er den Füller und setzte seine Unterschrift darunter.
Zufrieden rührte er in seinem Espresso und trank ihn in einem Schluck.
„Wann muss ich dort sein“?
„Um neun geht’s los. Ich weiß nicht, wie viele Kandidaten eingeladen sind, jedoch solltest du dich darauf einstellen, dass es ein langer Tag wird“.
Tom, der nicht zum ersten Mal zu einem solchen Casting ging, wusste im Grunde wie es ablief.
„Ok, das dürfte kein Problem sein.“
Mit diesen Worten packte er die Unterlagen zusammen, erhob sich, schüttelte Pepe´s Hand und drehte sich zum Gehen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du auf den Deal eingehen würdest“. Er winkte Lucinda, die wieder am Eingang stand, zeigte auf Pepe, während er Daumen und Zeigefinger zusammen rieb, und ging entspannt über die Terrasse, durch den Torbogen hinaus auf die Straße, die ihn nach Hause zu Gianna, seiner Gianna, führte.
Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, ein leichter Wind wehte von Süden das Tal herauf. Er war zufrieden mit sich und der Welt. Alles schien in die richtige Richtung zu laufen.
Noch ahnte er nicht, was die nahe Zukunft für ihn bereithielt.