Читать книгу WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT... - Thomas Saile - Страница 32
Kapitel 27 Dr. Schreiber – Rottach Egern
ОглавлениеFast zeitgleich saß Florian in einem Raum mit abgedunkeltem Fenster, auf einem schwarzen Ledersofa und blickte in die milchigen, blauen Augen eines Mannes in den Sechzigern. Ein Schreibtisch trennte die beiden von einander. Der Mann trug einen weißen, langen Arbeitskittel, der nur mit einem Knopf, in Höhe seines Bauches zugeknöpft war und darunter ein weißes Hemd erkennen ließ. In der äußeren Brusttasche des Kittels steckten fünf Kugelschreiber.
Er hatte lichtes, weißes, fast silbernes Haar, das wirr in alle Richtungen zeigte. Auf seinem Nasenrücken trug er eine randlose Lesebrille, durch welche er auf ein paar Blätter starrte, die lose vor ihm auf dem Tisch lagen. Ein Messingschild mit dem Namen „Dr. Schreiber“ stand daneben.
Florian trug Jeans und ein weißes T-Shirt. Er sah blass und abgemagert aus, mit müden Augen und herabhängenden Schultern. Seine Hände lagen kraftlos, zusammengefaltet in seinem Schoß.
Seit gefühlten zehn Minuten hatte er so dagesessen und Dr. Schreiber angestarrt, während dieser die Akten studierte und immer wieder kurz aufblickte, um ein kurzes „mhm“ von sich zu geben und seine Brille zurechtzurücken.
Nun schien er das letzte Blatt gelesen zu haben und lehnte sich langsam zurück. Er legte die Papiere vor sich ab, nahm die Brille von der Nase und begann an einem der Bügel herumzunagen.
Mit ruhiger, tiefer Stimme nahm er das Gespräch auf:
„Nun, mein lieber Herr Schneider, wie fühlen sie sich heute“?
Florian zuckte zusammen.
„Entschuldigung, was sagten sie“?
„Ich erkundigte mich nach ihrem heutigen Befinden“, wiederholte Dr. Schreiber verständnisvoll.
„Ah - ja. Es geht mir besser“.
„Nur besser, Herr Schneider“?
Florian schien sich nun mehr zu konzentrieren, richtete sich auf und korrigierte seine Worte:
„Nein, es geht mir heute viel besser. Danke der Nachfrage. Wie geht es ihnen“?
Dr. Schreiber setzte die Brille zurück auf seine Nase und ließ seinen Blick abermals über die vor ihm liegenden Blätter gleiten.
„Mir geht es auch sehr gut“.
Erneut verging eine ganze Weile, ohne dass einer der beiden etwas sagte.
Florian sah die Urkunden, die hinter Dr. Schreiber an der Wand hingen. Er konnte seinen Fokus nicht scharf stellen, um die Fachgebiete für die sie verliehen wurden genau zu entziffern, dennoch las er auf jedem das Wort „Psycho“, soviel konnte er erkennen.
Hinter ihm hörte er eine Wanduhr monoton ticken.
Er entspannte sich und sein Körper sackte wieder in sich zusammen, während er seinem eigenen Atem lauschte. Als ihm dies bewußt wurde, riss er sich erneut zusammen.
Das waren die Nachwirkungen dieser verfluchten Medikamente. Sie machten ihn immer noch müde.