Читать книгу Aroma - Die Kunst des Würzens - Thomas Vierich - Страница 20
ОглавлениеANGELIKA
Angelika oder Engelwurz ist eines der wenigen Küchenkräuter, das ursprünglich aus dem Norden kam. Dort werden Stängel und Blätter auch als Gemüse gegessen. Außerhalb Skandinaviens würzen die jungen gehackten Blätter Salate, Suppen sowie Quark- und Käsezubereitungen. Wurzeln und Samen der bitter-süß schmeckenden Pflanze kommen in diverse bekannte Kräuterliköre wie Bénédictine oder Chartreuse und in Wermut.
Angelica archangelica
Angelika (GETROCKNET)
β-PHELLANDREN würzig-minzig, Terpentin Fett α-PINEN warm-harzig, Piniennadeln Alkohol, Fett CAMPHEN wachsartig, kampferartig, warm Alkohol, Fett β-BISABOLEN Balsam, warm-harzig, tierisch-holzig Alkohol, Fett BISABOLOL weich, floral, sandelholzartig Alkohol β-CARYOPHYLLEN holzig-terpentinartig Fett ANGELICIN bitter Alkohol, Fett 15-PENTADECANOLOLID moschusartig Fett XANTHOTOXIN prickelnd, Alkohol, heißes Wasser
GESCHMACK
Der Geschmack der Wurzel ist bitter und das Kraut bitter und süßlich, ihr Aroma erinnert ein wenig an Anis, Pastinake oder Sellerie.
HARMONIE
AROMENENTFALTUNG
A Balsamisch, sandelholzig, warm, kampferig B Eher terpentinartig, prickelnd, verstärkter Moschusduft
PASST GUT ZU
Früchten, Nüssen, Fisch und Meeresfrüchten, säuerlichen Früchten (etwa Rhabarber)
LÄNDERKÜCHE
Deutschland: kandiert als Dekoration für Torten und Desserts Skandinavien: gekocht als Gemüse
EINKAUF, ANBAU
Getrocknete Angelika bekommt man in der Apotheke, frische gibt es so gut wie nirgends zu kaufen. Man muss die bis zu zwei Meter hohe Pflanze selbst anbauen. Stecklinge oder Samen gibt es in Gärtnereien. Vorsicht: Nicht wild sammeln, denn es besteht Verwechslungsgefahr mit dem sehr giftigen Wasserschierling.
Im ätherischen Öl lassen sich besonders das würzig-minzige β-PHELLANDREN sowie das eher nach Piniennadeln duftende α-PINEN hervorheben, das auch in Myrte, Fichtennadeln, Dill und Koriander vorkommt. Für den oft als moschusartig empfundenen Duft sind Moleküle verantwortlich, die sonst eher im Geruch von Tieren zu finden sind. Über sie können die Angelikasamen als eines von wenigen Gewürzen den Speisen sogar „tierische“ Düfte zufügen. Die dezenten Muskat-Noten und die leichte Bitterkeit sind kaum wahrzunehmen, tragen aber zum Gesamteindruck bei.
Frisch werden vor allem die jungen Blätter als Würzkraut verwendet. Hier sind die flüchtigen, würzig-minzigen, zitrusartigen und balsamartigen Aromen noch erhalten. Blätter, junge Stängel und Blattstiele werden in Skandinavien gekocht und als Gemüse gegessen. Beim Kochen verflüchtigen sich die minzigen und warm-harzigen Aromen, wodurch die schweren, moschusähnlichen Noten deutlicher hervortreten. In getrockneten Blättern ist vor allem die Bitterkeit betont. Da viele der in Angelika enthaltenen Aromen in Alkohol löslich sind, dienen Früchte und Wurzeln auch als Gewürz in verschiedenen Kräuterlikören.
Mit frischer Angelika können Marinaden für Fisch und Meeresfrüchte hergestellt werden. Diese Speisen harmonieren mit den warm-harzigen, sandelholzartigen Aromen. Der süßlich-moschusartige Duft des Krauts ergänzt wiederum sehr gut Kompotte aus säuerlichen Früchten wie Rhabarber, Pflaumen oder Stachelbeeren. Hier kommen auch die leicht bitteren Grundnoten in Angelika zum Tragen, die die Dominanz der Süße und Säure abschwächen, indem zusätzlich die Bitterrezeptoren auf der Zunge angesprochen werden: Das Ergebnis ist ein angenehm voller, süß-saurer Geschmack. Zu Obstkuchen und Desserts passt das Gewürz ebenfalls: Wegen des süßlich-moschusartigen Dufts kann man am Zucker sparen. Außerdem lassen sich Sahne beziehungsweise Milch gut mit Angelika aromatisieren, weil sich die meisten ihrer Aromen in Fett lösen. Die jungen Stängel können kandiert und zur Dekoration von Torten und Desserts verwendet werden. Die getrockneten, eher bitteren Blätter eignen sich vor allem für die Zubereitung wohlschmeckender Kräutertees.
ENGELWURZ IN REINKULTUR
Ganze Engelwurz (Blätter, Stiele, Wurzel) |
Butter |
Salz und Pfeffer |
Avocadoöl |
Zitronensaft |
Geröstete Pinienkerne |
Die Stiele von den Wurzeln schneiden, die jungen Triebe und Blätter aufbewahren und in Eiswasser legen. Die Wurzeln säubern – sie erinnern an Pastinaken. Die Wurzeln in heißer Butter schwenken, salzen und pfeffern. Gleichzeitig die Stiele in Avocadoöl kräftig, aber kurz anbraten, mit Zitronensaft beträufeln und die Pinienkerne darüberstreuen. Wurzeln und Stiele auf Tellern anrichten, die Wurzeln mit den abgetupften frischen Trieben und Blättern bestreuen.