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GÄNGIGE ZUBEREITUNGSARTEN – WIRKUNG AUF GESCHMACK UND AROMA

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Ob man scharf anbrät, unter Verschluss bei Niedrigtemperatur dämpft oder kalt mariniert: Die Zubereitungsart hat entscheidenden Einfluss auf die jeweils verwendeten Gewürze.


DÄMPFEN UM 100°C

METHODE: Die Speisen haben keinen direkten Wasserkontakt, die Hitze wird durch Dampf übertragen. Wasserlösliche Vitamine werden kaum ausgeschwemmt. Kombidämpfer funktionieren auch bei höheren und niedrigeren Temperaturen. Die Methode eignet sich für alle Lebensmittel.

WIRKUNG: Gemüse: Nur langsame Freisetzung der ätherischen Öle aus den Pflanzenzellen. Tierische Lebensmittel: Der Eigengeschmack bleibt erhalten. Es bilden sich keine Röststoffe.

GEWÜRZE: Stark aromatische Kräuter und Gewürze: Thymian, Liebstöckel, Ajowan. Stark harzige Kräuter und Gewürze: Schafsgarbe, Pfeffer, Rosa Beeren, Zitrusschalen. Trigeminal-scharfe Gewürze: Pfeffer. Säure: Zitronensaft, Orangensaft, Verjus, feine Essige. Umami: Sojasauce, Fischsauce, Glutamat, Tomaten, Zwiebel.

SIEDEN 80–98°C

METHODE: Das Gargut wird teilweise mit Sud oder einem Fond bedeckt. Fleisch: Zubereitung ohne vorheriges Anbraten (Sauerbraten). Fisch, Wurzelgemüse und Hülsenfrüchte: Wasserlösliche Stoffe gehen in Sud bzw. Fond über. Er muss stark gewürzt und evtl. gesäuert sein: Wein, Essig, Zitronensaft.

WIRKUNG: Zersetzung von Fetten, Phospholipiden und Aminosäuren: Bildung von „Kocharomen“, aber keine Röststoffe. Zersetzung von Proteinen: Bildung von umami-Geschmack und kokumi-Effekt (bei langen Kochzeiten).

GEWÜRZE: Zitrusartige Noten: Zitronenverbene, Curryblätter, Liebstöckel, Selleriewurzel, Petersilienwurzel. Harzige Noten: Pfeffer, Wacholder. Grundgeschmack: Salz.

SOUS VIDE 45–85°C

METHODE: Beim Vakuumgaren wird das Fleisch in einem luftdicht verschlossenen Plastikbeutel in einem Wasserbad bei relativ niedrigen Temperaturen gegart. Die Garzeit beträgt meist mehrere Stunden, die Temperatur muss exakt eingehalten werden.

WIRKUNG: Der Eigengeschmack wird stark betont. Gleichzeitig kann das Gargut schon durch dezent zugegebene Kräuter und Gewürze intensiv gewürzt werden, da die Aromen nicht entweichen können. Wichtig: Nicht vorher salzen.

GEWÜRZE: In aller Regel nur zaghaft würzen, um den Eigengeschmack und die besondere, bei dieser Methode erhalten gebliebene Textur in den Vordergrund zu stellen. Sauce: Als kleine intensive Tupfer auf den Teller geben.

MARINIEREN / EINLEGEN 0–40°C

METHODE: Kochen durch Säure, Zucker und Salz (Osmose). Fisch (Ceviche): Säure über Limette, Zitrone, Fruchtessige. Fleisch (Carpaccio): Säure über Essig, Zitrone. Alle Lebensmittel: Pökeln mit Salz, Zucker oder einer Mischung von beiden.

WIRKUNG: Säure: Denaturierung der säureempfindlichen Proteine. Zucker und Salz: Saft- und Wasserentzug. Marinieren, Einlegen: Während des langen Prozesses bilden sich neue Aromen aus Fettoxidation unter Einwirken von Säuren.

GEWÜRZE: Ceviche: Frische Kräuter wie Koriander, Borretsch, Zitronenverbene, Fenchelkraut, Dill, Melisse, Minze, Olivenöl. Carpaccio: Grüne Noten durch Olivenöl, Oliven. Nussige Aromen aus Kernöl, Nüssen. Süß-saure Noten durch Trockenfrüchte, Berberitze, Pfefferarten. Gezuckertes Obst: Zimt.

160 –220°C BACKEN / ÜBERBACKEN / GRATINIEREN

METHODE: Eignet sich für kohlenhydratreiche Lebensmittel, etwa Gratins, Pizza, Süßwaren, Backwaren, Kuchen.

WIRKUNG: Es bilden sich immer Röst- und Backaromen. Ihre genaue Zusammensetzung wird durch das zu Backende bestimmt.

GEWÜRZE: Röst- und Backaromen sind die Hauptgewürze, daher nur noch dezent nachwürzen. Überbackener Käse: Eher würzige Röstnoten. Süßgebäck: Eher karamellartige Noten.

120 –180°C RÖSTEN

METHODE: Entstehung starker Hitze. Die Methode eignet sich für fetthaltige Lebensmittel, aber auch für Gemüse (etwa Paprika, Zucchini, Zwiebeln, Knoblauch, Lauch).

WIRKUNG: Eine rasche Bräunung tritt auf, in den gebräunten Bereichen verändert sich das Lebensmittel stark. Durch die Umwandlung von Aminosäuren und Zuckerstoffen werden stark duftende Röststoffe ausgebildet.

GEWÜRZE: Fleisch: Die Bräunungsstoffe sind das Hauptgewürz. Ergänzung in Richtung terpentig-kräuterig: Pfeffer, Rosmarin. Grundgeschmack salzig: Grobes Salz. Grundgeschmack umami: Sojasauce, Tomate.

80 –120°C SCHMOREN

METHODE: Eignet sich für bindegewebereiches Fleisch und für Gemüse mit hohem Pektingehalt (etwa Karotten). Die Methode ist meist verbunden mit vorherigem Anbraten, Marinieren oder beidem.

WIRKUNG: Anbraten: Röststoffe gehen in den Fond bzw. die Sauce über. Längeres Schmoren: Starker umami-Geschmack, hohe Mundfülle. Mariniertes Fleisch: Neue Duftstoffe durch Fettabbau und -oxidation. Gemüse: Eher karamellartige Noten wegen des höheren Kohlenhydrat- und Pektinanteils.

GEWÜRZE: Hitzebeständig, ohne zu viele Bitterstoffe. Für Fleisch: Thymian, Lorbeer, Pfeffersorten, Wacholder, Kardamom, Ingwer, Weinbeeren. Für Gemüse (unter 20 Min.): Rosmarin, Sojasauce. Grundgeschmack umami: Mitgeschmorte Pilze, Zwiebel, Tomaten, Tomatensauce, Sojasauce nur verhalten.

70 –80°C POCHIEREN

METHODE: Kein Kochen, nur garziehen im Würzsud (Niedertemperatur). Die wesentlich kürzere Garzeit im Vergleich zum „Sieden“ ist erwünscht: Das Fleisch bleibt rosa, der Fisch bleibt glasig. Die Methode eignet sich nur für zartes Muskelfleisch wie Filet oder für Fisch.

WIRKUNG: Kaum Bildung von Kocharomen, keine Bildung von Röststoffen. Der Sud fügt dem Gargut seine Aromen hinzu.

GEWÜRZE: Aromatische Kräuter: Liebstöckel, Lorbeer, Wurzelgemüse. Abschmecken: Floral duftende Kräuter, Blüten.

20 –70°C RÄUCHERN

METHODE: Kalträuchern (20–30 °C): Alle Lebensmittel (auch Gemüse, Käse). Heißräuchern (60–70°C): Fisch, Fleisch, hitzebeständiges Gemüse.

WIRKUNG: Aroma: Auftragen der Duftstoffe durch chemische Reaktion mit dem Lebensmittel, Farbveränderung, Maillard-Reaktion. Konservierung: Durch das Räuchern.

GEWÜRZE: Die entstehenden Raucharomen sind das Hauptgewürz. Varianten: Fisch auf gewässertem Zedernholzbrettchen. Fleisch, Fisch über Spänen aus Buchenholz. Barbecue-Smoker oder Kugelgrills unterstützen die Aromatisierung.

AROMEN AUS RAUCH

AROMAVERBINDUNG GERUCHSATTRIBUTE AROMENGRUPPE
Aromastoffe aus Cellulose und Hemicellulose (Zellstoffe, aus Zuckern aufgebaut)
Ethanal stechend, säuerlich, fruchtig Aliphatischer Kohlenwasserstoff
Ameisensäure stechend, säuerlich, beißend Aliphatischer Kohlenwasserstoff
Formaldehyd stechend, beißend Aliphatischer Kohlenwasserstoff
Maltol karamellartig, süßlich Heterocyclischer Kohlenwasserstoff
Furan röstig, aromatisch Heterocyclischer Kohlenwasserstoff
gamma-Butyrolactone nussig, erdig Heterocyclischer Kohlenwasserstoff
Aromastoffe aus Lignin (Holzstoff, aus Aromaten aufgebaut)
Kresole teerartig, aromatisch, rauchig Aromat
Vanillin vanilleartig, süßlich Aromat
Guajacol röstig, rauchig, kaffeeartig Aromat
Syringol würzig, holzartig, rauchig Aromat
4-Methylguajacol erdig, torfartig Aromat
Isoeugenol würzig, nelkenartig Phenylpropanoid
Naphtalin teerartig, aromatisch Polycyclischer Aromatischer Kohlenwasserstoff
Benzo(a)antracen teerartig, ölig, hohe kanzerogene Aktivität Polycyclischer Aromatischer Kohlenwasserstoff

RÄUCHERN

DIE ZUSAMMENSETZUNG DES HOLZES bestimmt zu einem großen Teil das Raucharoma. Zur groben Orientierung lässt sich der Cellulose- und Ligningehalt einer Holzsorte heranziehen: Aus Cellulose entwickeln sich eher stechende, brennende, säuerliche Düfte, die beim klassischen Räuchern, also etwa zur Konservierung, zum Einsatz kommen. Aus dem Holzstoff Lignin dagegen entwickeln sich wohlriechende Düfte, die zum Aromatisieren mit Rauch verwendet werden können: VANILLIN, GUAJACOL mit seinen kaffeeartigen Röstnoten und SYRINGOL mit typisch holzig-würzigen Rauchnoten. Andere Stoffe, die aus Lignin entstehen, sind EUGENOL und ISOEUGENOL, die auch den Duft der Gewürznelke prägen. Generell besitzen Nadelhölzer höhere Anteile an Lignin, Laubhölzer höhere Anteile an Cellulose.

DIE TEMPERATUR DES BRANDES ist ebenfalls aromabestimmend. Lässt man holzartige Gewürze lediglich verglimmen – Zimtstangen, Süßholz oder getrocknete Stängel von Rosmarin unter einer Glasglocke oder mittels Räucherpfeifen –, gelangen dadurch besonders zu Beginn des Räucherprozesses die ursprünglichen Duftstoffe der Gewürze auf das Gericht und nicht die mit „Rauch“ assoziierten Noten. So lässt sich zum Beispiel einem Ziegenkäse eine nur leicht rauchige, aber deutlich nach Zimt oder Süßholz duftende Note aufprägen.

FÜR RÄUCHERN IM BACKOFEN wird etwas Räucherholz zu Mehl zermahlen – eventuell mit Wacholder, Anis oder Fenchel, Tee oder Reis angereichert – und in einer schweren Pfanne auf einer heißen Herdplatte zum Glimmen gebracht. Das zu räuchernde Lebensmittel wird im kalten Backofen auf ein Gitter gesetzt. Sobald das Holz in der Pfanne glimmt, wird die rauchende Pfanne in den Backofen gestellt. Sofort die Tür verschließen! Da der Rauch sehr beißend ist, sollte dies nur in gut gelüfteten Küchen durchgeführt werden. Einfache Alternativen für den Hausgebrauch sind Tischräucheröfen aus Anglerfachgeschäften oder moderne Kugelgrills.

FLÜSSIGRAUCH aus dem Handel wurde von seinen kanzerogenen Stoffen befreit, außerdem ist die Konzentration der fettlöslichen Raucharomen in der wässrigen Umgebung sehr gering. Ein paar Tropfen davon, kurz vor dem Servieren beigefügt, geben Saucen einen rauchigen Touch. Auch dezent in Marinierflüssigkeiten gemischt liefert Flüssigrauch exzellente Aromen, besonders wenn zum Beispiel Fisch oder Gemüse damit sous-vide gegart werden.

HOLZKOHLEÖL kann man selbst herstellen: In einem Feuer wird Holz verbrannt. Ist es schwarz, sind die meisten der beißenden und stechenden Säuren entwichen. Jetzt wird die etwas abgekühlte Glut mit Öl gelöscht – Vorsicht, Brandgefahr! Nur wenig Holz und viel Öl verwenden. Diese furchterregende Brühe lässt man für etwa einen Tag stehen, damit sich die Aromen im Öl lösen können, danach kann abgeseiht und gefiltert werden. Holzkohleöl hat einen deutlichen Grillgeschmack und kann über sous-vide oder gedämpfte Gerichte gegeben werden, um ihnen ein „Grillaroma“ zu verleihen. Interessant sind auch Rohkostsalate mit ein wenig Holzkohleöl.

RÄUCHERSALZ aus dem Gewürzfachhandel besteht aus groben Salzkristallen, die für einige Tage im Heißrauch aromatisiert wurden. Nach und nach haben sich die Raucharomen und der Teer auf den Oberflächen der Kristalle niedergeschlagen. Mit Rauchsalz lassen sich dezente Raucharomen auf fertige Gerichte bringen. Lange mitkochen sollte man es nicht, da seine flüchtigen Aromen schnell verschwinden.

RÄUCHERSPECK oder andere Rauchwaren sind ein klassisches Mittel, um Speisen Raucharoma zu verleihen, beispielsweise durch simples Mitkochen. Beim Einpacken von Räucherspeckstücken in Butter wird nach und nach die Butter mit Rauchduft aromatisiert, sodass man nach einer Woche „Enfleurage“ leicht geräucherte Butter servieren kann. Das Einwickeln von Wachtel- oder Hähnchenbrust, Schweine- oder Rinderfilet in dünne Scheiben von Räucherspeck schützt dieses Gargut nicht nur vor dem Austrocknen, sondern aromatisiert seine Oberfläche leicht mit Rauchduft. Bei den heutigen Methoden des Niedrigtemperaturgarens im Vakuumbeutel spielt der Aspekt des Austrocknens keine Rolle mehr, dafür gibt die stundenlange Garzeit bei niedrigen Temperaturen den Aromen aus dem Speck mehr Zeit, um in die Speisen zu gelangen.

AROMEN AUS DER FLASCHE: AROMENSPRAYS UND ANDERE TECHNIKEN

Während Röst- und Rauchnoten lange zu riechen sind, verflüchtigen sich schwefelige, blumige oder balsamisch-holzige Aromen nur allzu schnell ( Acht plus eine charakteristische Molekülgruppe, Seite 23). Die Verwendung von Aromensprays oder Hydrolysaten eröffnet deshalb ganz neue Möglichkeiten beim Würzen, weil die leicht flüchtigen Aromen von Gewürzen oder Kräutern sehr effektiv genutzt werden können: Wird das Aromenspray, etwa eine Komposition aus Zitronenthymian und dessen Blüten, erst zu Tisch auf einen heißen, gedämpften oder sous-vide zubereiteten Fisch gegeben, dann sind die flüchtigen Blütenaromen tatsächlich viel intensiver wahrnehmbar als beim Aufstreuen der Blüten selbst.

AROMENSPRAYS lassen sich mit geringem Aufwand selbst erstellen. Man kann ätherische Öle verschiedener Kräuter oder Gewürze im Fachhandel erwerben und winzige Tropfen, entnommen mit einer Pipette oder einer Spritze aus der Apotheke, mit etwas Wasser mischen. Kräftig geschüttelt und in einen Zerstäuber gefüllt, kann der Duft direkt auf die Speisen gesprüht werden. Alternativ lassen sich auch Kräuter in Öl pürieren. Wird das Öl anschließend mit möglichst reinem Alkohol vermengt, dabei erneut kräftig geschüttelt und der Alkohol anschließend über einen Scheidetrichter abgetrennt – auch den gibt es im (Labor-)Fachhandel –, haben sich darin sehr viele Kräuteraromen gelöst. Dieser stark aromatisierte Alkohol kann dann wieder mit Wasser zu einem Gemisch aufgegossen werden, das sich als Aromenspray verwenden lässt.

Aroma - Die Kunst des Würzens

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