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3. Berufsausübung

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Tierärzte sind berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestandes beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken, § 1 Abs. 1 BTO. Sie üben einen freien Beruf und kein Gewerbe aus, § 1 Abs. 2 BTO.

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Die Musterberufsordnung (MBO-T)[475] richtet sich als Empfehlung an die Tierärztekammern und damit mittelbar an deren Mitglieder. Dies sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 MBO-T alle Personen, die nach §§ 2 und 3 Bundes-Tierärzteordnung berechtigt sind, die Berufsbezeichnung „Tierarzt“ oder „Tierärztin“ zu führen und in der Bundesrepublik Deutschland den tierärztlichen Beruf auszuüben, mithin also auch ausländische Tierärzte.

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Ausübung des tierärztlichen Berufes ist nach § 1 Abs. 3 S. 2 MBO-T „jede Tätigkeit, bei der die während eines abgeschlossenen veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet werden.“ Dabei muss es sich nicht zwingend um eine Erwerbstätigkeit als Tierarzt handeln. Nur wenn die Tätigkeit in keinerlei Zusammenhang mit der (tier)ärztlichen Ausbildung und den medizinischen Fachkenntnissen steht, handelt es sich um eine „berufsfremde“ Tätigkeit, die – soweit die Beitragsordnung der jeweiligen Tierärztekammer dies vorsieht – einen Anspruch auf Beitragsbefreiung gewährt.[476] Dies ist z.B. nicht der Fall bei einem Veterinärmediziner in der pharmazeutischen Industrie, der seine im Studium erworbenen Kenntnisse bei seiner Tätigkeit (mit)verwertet.[477] Noch weiter ging der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 9.8.1996, der die Beitragspflicht auch für einen approbierten Tierarzt, der in einem humanpharmazentrischen Unternehmen tätig war, statuierte, soweit bei seiner Tätigkeit Grundkenntnisse zur Anwendung kommen, die in einem tierärztlichen Studium erworben wurden.[478]

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§ 2 MBO-T formuliert eine besondere Verantwortung und Verpflichtung des Tierarztes gegenüber der Öffentlichkeit, verpflichtet zu einer gewissenhaften Berufsausübung und zur Kollegialität. Das Berufsrecht fordert Mitverantwortung für die menschliche Gesundheit und geht davon aus, dass Tierärzte „in besonderer Weise zum Schutz der Tiere berufen und verpflichtet“ sind (Abs. 1 S. 2).

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§ 3 MBO-T formuliert allgemeine Berufspflichten, darunter auch „die berufsfördernden Bestrebungen und Einrichtungen der Kammern zu unterstützen“, Nr. 2, und regelt z.B. die Dokumentationspflichten innerhalb eines Zeitraumes von mindestens fünf Jahren, Nr. 5. § 3 Nr. 8 MBO-T formuliert eine grundsätzliche Schweigepflicht. § 5 MBO-T formuliert Grundsätze des kollegialen Verhaltens. Für tierärztliche Zeugnisse und Gutachten gilt, dass sie wahr, sachlich, sorgfältig, unparteiisch und formgerecht ausgestellt werden und als Formvoraussetzung den Zweck des Schriftstückes, den Empfänger und das Datum angeben, § 6 S. 1 MBO-T. Tierärztliche Gesundheitsbescheinigungen setzen eine vorherige Untersuchung nach den Regeln der tierärztlichen Wissenschaft und Erkenntnissen der tierärztlichen Praxis in angemessenem Umfang voraus (S. 2).

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Die (zeitlich fixierte) Fortbildungspflicht als berufsethische Norm ergibt sich aus § 7 MBO-T, wobei ein Nachweis auf Anforderung der Kammer erfolgt. Eine erweiterte Fortbildungspflicht gilt für Tierärzte, welche Zusatz-, Gebiets- oder Teilgebietsbezeichnung führen (Abs. 2 Nr. 2, 3). Für die Qualitätssicherung gelten der Kodex „Gute veterinärmedizinische Praxis“ oder andere Methoden, die von der Tierärztekammer anerkannt sind (Abs. 5). Nach § 8 MBO-T (hat der Tierarzt bei der Bekämpfung von Missständen im Gesundheitswesen mitzuwirken. Verstöße gegen das Arzneimittelrecht sind der Tierärztekammer mitzuteilen, Abs. 1 S. 2. Bei der Tätigkeit bekannt gewordene Arzneimittelnebenwirkungen bzw. -mängel sind der Arzneimittelkommission der Bundestierärztekammer mitzuteilen, Abs. 2.

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§ 5 MBO-T beschreibt die Kollegialitätspflichten des Tierarztes. Nach Abs. 3 S. 1 haben sich beamtete und angestellte Tierärzte von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie bei der Pharmaindustrie, bei Tiergesundheitsdiensten, Versicherungsgesellschaften, Zuchtverbänden oder ähnlichen Institutionen angestellte Tierärzte „auf die Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben zu beschränken.“

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§ 10 MBO-T legt in Abs. 1 die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT)[479] für die Honorierung tierärztlicher Leistungen zugrunde. Gebühren unterhalb des Einfachsatzes des Gebührenverzeichnisses sind unzulässig, das Überschreiten des Dreifachsatzes ist im begründeten Einzelfall durch individuelle schriftliche Vereinbarung vor Erbringung der Leistung zulässig, § 10 Abs. 1 S. 2, 3 MBO-T. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars bleibt unzulässig.

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§ 11 MBO-T verlangt für die Ausübung des tierärztlichen Berufes in eigener Praxis eine Niederlassung (Abs. 1 S. 1), i.e. die Begründung einer selbstständigen freiberuflichen tierärztlichen Tätigkeit an einem bestimmten Ort, der mit den notwendigen räumlichen, sachlichen und personellen Voraussetzungen ausgestattet ist (Praxissitz), Abs. 1 S. 2, und durch ein Praxisschild (ggf. mit einheitlichem Praxisemblem) zu kennzeichnen ist, Abs. 3. 1994 hatte das bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales der Bayerischen Tierärztekammer die Genehmigung ihrer Berufsordnung versagt, weil sie ein „standardisiertes Veterinärlogo“ am Praxiseingang erlaubte. Das Bayerische Verwaltungsgericht hob diese Entscheidung im Jahr 1996 als unzulässigen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht auf. Zudem mochte das Gericht keinen Gemeinwohlbelang erkennen, der durch den optischen Effekt eines Logos gefährdet sein könnte.[480] Ort und Zeitpunkt der Niederlassung oder Zweitpraxen sowie jede entsprechende Änderung sind der Tierärztekammer mitzuteilen, Abs. 3, 5.

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§ 12 MBO-T (Ausübung der Praxis) beinhaltet neben § 1 Abs. 4 ein weiteres Bekenntnis zum Freien Beruf, Abs. 2 S. 1. Angestellte (nicht niedergelassene) Tierärzte, die bei einem Unternehmen, einer BGB-Gesellschaft, einem Verein oder einer ähnlichen privatrechtlichen Institution angestellt sind, dürfen nur solche Tiere behandeln, die sich in deren unmittelbaren Haltung befinden, § 13 Abs. 5 MBO-T. Deutsch sieht – bei restriktiver verfassungskonformer Auslegung – keine Bedenken gegen diese Berufsausübungs-Regelung, da diese im wohlverstandenen Interesse der Tierhalter wie des Tierschutzes liege und auch verhältnismäßig sei.[481]

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§ 12 Abs. 4 MBO-T regelt, dass bei der Zusammenarbeit zwischen Tierärzten und Nichttierärzten eine klare Trennung zwischen der tierärztlichen Tätigkeit und dem Dienstleistungsangebot eines Nichttierarztes erkennbar sein muss. Berufsausübungsgemeinschaften mit anderen freien Berufen sieht die Musterberufsordnung nicht vor, siehe auch § 18 Abs. 1 S. 2 MBO-T.

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§ 12 Abs. 8 verbietet, gegen Entgelt oder sonstige Vorteile Patienten anderen Kolleginnen und Kollegen zuzuweisen oder sich selbst zuweisen zu lassen. Außerdem geregelt wird die Überweisungspflicht, Abs. 9. Grundsätzlich unzulässig ist die Behandlung von Tieren ohne vorherige Untersuchung, § 12 Abs. 6 MBO-T.

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Die Musterberufsordnung beinhaltet in § 16 Regelungen zur Gemeinschaftspraxis und in 17 Regelungen zur Gruppenpraxis/Praxisgemeinschaft. In der Gemeinschaftspraxis behält jeder „Partner“ die Stellung eines selbstständig niedergelassenen Tierarztes. In der Praxisgemeinschaft bleibt jeder „Praxisinhaber“ rechtlich und wirtschaftlich selbstständig.

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Wird der tierärztliche Beruf in der Rechtsform einer juristischen Person ausgeübt, so muss die Gesellschaft verantwortlich von einem Berufsträger geführt werden, § 19 Abs. 3 S. 1. Die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und der Stimmrechte müssen von Tierärzten gehalten werden, § 19 Abs. 3 S. 2 MBO-T.

(Zu § 20 MBO-T „Tierärztliche Klinik“ und siehe Rn. 207, 281).

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Die Musterberufsordnung der Tierärzte beinhaltet auch die Vorgabe zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung, § 3 Abs. 1 Nr. 6 MBO-T.

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