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§ 77Besonderheiten bei der Wiedergabe deutscher Demonstrativpronomina

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In folgenden Fällen werden die deutschen Pronomina im Lateinischen nicht oder mithilfe anderer Konstruktionen wiedergegeben:

(1) Regieren in einem Satz zwei Verbformen ein und dasselbe Nomen als Objekt, so setzt man das Nomen im Deutschen nur einmal und setzt beim zweiten Mal ein entsprechendes Pronomen (Typus: ‘Die Tugend schließt Freundschaften und bewahrt sie.’) Das deutsche Pronomen muss aber im Lateinischen (a) nicht wiedergegeben werden, wenn beide Verben denselben Kasus regieren (sog. Apo-Koinu-Stellung). (b) Wenn im Lateinischen das Pro-nomen is, ea, id gesetzt wird, so schließt man es in der Regel mit -que (seltener mit et) an. Regiert (c) das zweite Verb einen anderen Kasus als das erste Verb, so muss im Lateinischen die entsprechende Form von is, ea, id gesetzt werden, um ein Zeugma zu vermeiden.

Zu a) Virtus amicitias conciliat et conservat (Lael. 100).

Zu b) Massilienses certiores facit eosque hortatur (civ. 2,3,3).

Weitere Stellen: -que: Verr. II 1,46; rep. 2,60; leg. 1,42; off. 3,47; Att. 2,24,3; Gall. 5,49,4; civ. 2,9,2; 2,10,3; 2,11,2; et: Verr. II,4,103; inv. 1,2; Cato 54.

Zu c) Succumbere doloribus eosque humili animo ferre miserum est (fin. 1,49). Ipse dux hostium Camulogenus suis aderat atque eos cohortabatur (Gall. 7,62,5).

Anm.: Nur selten fehlt das Pronomen, so dass ein Zeugma entsteht: Dat tuba signum suis Vercingetorix atque ex oppido educit (Gall. 7,81,3). Qui non defendit neque obsistit, si potest, iniuriae, est in vitio (off. 1,23) (Δ). An der eben genannten Stelle Gall. 7,81,3 könnte man educere auch absolut i. S. v. ‘ausrücken’ auffassen; dieser Gebrauch ist bei Caesar allerdings nicht, bei Cicero nur einmal belegt (vgl. § 346,2), andererseits findet sich die absolute Verwendung von educere bei Livius häufiger (vgl. Meusel ad loc.)

(2) Das Deutsche kann (wie jede Sprache, die über Pronomina verfügt) eine Verbindung zwischen zwei Sätzen mittels anaphorischer (vgl. § 71,1c) Pronomina herstellen: ‘Fritz hat seine Schwester geschlagen; sie hat angefangen zu heulen.’ Das Lateinische hat außerdem die Möglichkeit, durch die Wiederaufnahme des Prädikats des ersten Satzes als PPP (oder als PPP eines Synonyms) im zweiten Satz die Sätze miteinander zu verknüpfen: Caesaris milites producti sunt; productos interficiunt. (Sie führten Caesars Soldaten weg und töteten sie.) (vgl. civ. 1,76,4). Diese Art der Satzverbindung dient der Erzählung schnell aufeinander folgender Handlungen und zur Betonung des Verbal begriffs. Bei Cicero findet sich diese Verwendung des PPP selten.

Patrem meum iugulavistis, occisum in proscriptorum numerum rettulistis (Ihr habt meinen Vater getötet und seinen Namen auf die Liste der Proskribierten gesetzt.) (S. Rosc. 32). Duas naves reprehendunt, reprehensas excipiunt (Sie kaperten zwei Schiffe und nahmen sie ins Schlepptau.) (civ. 1,28,4). Homines coegit, armavit, coactis armatisque vim fecit (Er sammelte Menschen um sich und bewaffnete sie, danach beging er mit ihrer Hilfe Gewaltverbrechen.) (Caecin. 23).

Weitere Stellen: S. Rosc. 34; Manil. 58; inv. 1,50; de orat. 2,79; civ. 1,41,2; 2,11,2.

(3) Das Deutsche vermeidet die mehrmalige Setzung ein und desselben Substantivs in einem Satz; bei dem zweiten Auftreten wird statt dessen ein anaphorisches (vgl. § 71,1c) Pronomen gesetzt (vgl. 1). Dies gilt auch, wenn beim zweiten Mal ein Genetivattribut (oder Präpositionalattribut) von dem Substantiv abhinge: ‘Ich lese die Stücke des Terenz häufiger als die des Plautus (von Plautus).’ Dieses deutsche Pronomen kann nicht mit einem lateinischen Pronomen wiedergegeben werden (auch dann nicht, wenn der Kasus des Nomens bei der zweiten Setzung ein anderer wäre); es gibt im Lateinischen folgende Möglichkeiten55:

(a) Man lässt das Pronomen unübersetzt: Terenti fabulas saepius lego quam Plauti.

(b) Man wiederholt das Substantiv (v.a. bei Kasusverschiedenheit): Terenti fabulas saepius lego quam Plauti fabulas. Natürlich kann statt dessen auch ein Synonym eintreten.

(c) Man wählt ein Adjektiv, das von dem Substantiv, das im Genetiv stünde, abgeleitet ist: Terenti fabulas saepius lego quam Plautinas. Bei Adjektiven findet sich dieser Gebrauch seltener, notwendig ist er beim Possessivpronomen, da dies regelmäßig einen Genetiv ersetzt: Graecorum copiosior est lingua quam nostra (Tusc. 2,35).

(d) Es wird die sog. Comparatio Compendiaria (verkürzter Vergleich) angewendet, d.h. man vergleicht den ersten Begriff nicht mit dem zweiten Begriff, sondern metonymisch mit dem Nomen, das im Deutschen im Genetiv steht: Terenti fabulas saepius lego quam Plautum (‘als den Plautus’; Metonymie: der Autor steht für seine Werke).

(e) Bei nachdrücklicher Hervorhebung oder nach einer Präpositionalkonstruktion kann das deutsche Pronomen mit hic, ille oder iste (aber nicht mit is) wiedergegeben werden: Terenti fabulas saepius lego quam illas Plauti könnte etwa bedeuten ‘als die berühmten des Plautus’, Terenti fabulas saepius lego quam has Plauti ‘als die hier besprochenen des Plautus’.

Zu a) Quis potest conferre vitam Treboni cum Dolabellae? (Wer kann das Leben des Trebonius mit dem des Dolabella vergleichen?) (Phil. 11,9). Non conferam vitam tuam cum illius (Verr. II 4,45). Necessitatis inventa antiquiora sunt quam voluptatis (orat. 185). Cavendae sunt familiaritates praeter hominum perpaucorum (Man muss sich vor einem vertrauten Umgang hüten außer vor einem mit wenigen Menschen) (ad Q. fr. 1,1,16).

Weitere Stellen: har. resp.38;Tusc. 4,20; 5,85; ac. 2,132; part. 67.

Anm.: Zuweilen muss man das regierende Substantiv aus dem Zusammenhang ergänzen: Omnis illa antiqua philosophia sensit in una virtute esse positam beatam vitam, neque tamen beatissimam nisi adiungerentur etiam corporis et cetera (ac. 1,22). Zu ergänzen ist bona als Thema des ganzen Abschnitts. Vgl. auch die zu (c) zitierte Stelle Tusc. 5,105.

Zu b) Nulla est celeritas, quae possit cum animi celeritate contendere (Keine Schnelligkeit kann mit der der Seele mithalten.) (Tusc. 1,43). Omnium animantium figuram vincit hominis figura (nat. deor. 1,48). Equitum exiguus numerus cum tanta multitudine Numidarum comparabatur (civ. 2,39,4).

Zu c) Tria sunt genera bonorum: maxima animi, secunda corporis, externa tertia (Tusc. 5,85). Malo Graecorum quam nostra proferre (sc. exempla) (Tusc. 5,105).

Weitere Stellen: Tusc. 5,119.

Zu d) Flumen Rhenus, qui agrum Helvetiorum a Germanis dividit (Gall. 1,2,3). Hoc non ex hominum more solum, sed etiam ex bestiis intellegi potest (Tusc. 5,98).

Weitere Stellen: de orat. 1,23.197; Tusc. 1,2; 5,85; off. 1,105; Gall. 6,22,4.

Zu e) Haec non tam acrem diligentiam desiderant, quam est illa poetarum (die bekannte der Dichter) (de orat. 3,184). Nullam virtus aliam mercedem desiderat praeter hanc laudis et gloriae (Arch. 28).

Weitere Stellen: div. in Caec. 36; Verr. II 1,41; Phil. 5,35; 6,13; Brut. 83.

Lehrbuch der lateinischen Syntax und Semantik

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