Читать книгу Lehrbuch der lateinischen Syntax und Semantik - Thorsten Burkard - Страница 91
§ 58Der Genetiv der Personalpronomina
Оглавление(1) Die Genetive der Personalpronomina der ersten und zweiten Person lauten für alle Geschlechter mei, tui, nostri, vestri (Genusindifferenz). Beim Gebrauch dieser Formen sind folgende Regeln zu beachten:
(a) Der Genetivus subiectivus (vgl. § 286), der Genetivus possessivus (vgl. § 287) und der Genetivus auctoris (vgl. § 288) werden regelmäßig durch das entsprechende Possessivpronomen ersetzt (vgl. § 83,1): amor meus, oratio mea, domus mea.
Anm. 1: Vereinzelt werden nostrum und vestrum an Stelle eines Possessivpronomens verwendet: Recordamini, quantus consensus vestrum (statt vester) fuerit (Phil. 5,2). splendor vestrum (Att. 7,13,3); frequentia vestrum (Phil. 4,1; 6,18; leg. agr. 2,55; p. red. ad Quir. 17) (Δ). Dieser possessive Genetiv findet sich weder in den philosophischen und rhetorischen Schriften Ciceros noch bei Caesar (Lebreton 96).
Anm. 2: Verr. II 3,224 ist sowohl cupidus vestrum als auch cupidus vestri überliefert.
Anm. 3: Der Genetiv Plural von nostri (die Unseren) und vestri (die Euren) lauten nostrorum und vestrorum (Gall. 1,26,1).
(b) Die Genetive der Personalpronomina werden v.a. als Genetivi obiectivi (vgl. § 286) verwendet (vgl. § 83,2a–b).
nostra tui caritas (unsere Liebe zu dir) (fam. 6,12,1); accusator mei (Att. 11,8,2); defensor tui (fam. 1,1,2). Desiderium meorum atque in primis tui (fam. 2,11,1). Grata mihi vehementer est memoria nostri tua (fam. 12,17,1).
(c) Statt des Personalpronomens im Genetivus obiectivus kann das Possessivpronomen stehen, was das Deutsche nur selten nachahmen kann (vgl. § 83,2c). Dieser Gebrauch findet sich klassisch vor allem bei Personennamen und einigen Abstrakta wie caedes, iniuria, invidia etc.
Vester, iudices, conspectus (euer Anblick) reficit et recreat mentem meam (Planc. 2). Se ea, quae faciebat, tua fiducia (aus Vertrauen zu dir) facere dicebat (Verr. II 5,176).
(2) Der Genetiv Plural des Personalpronomens der ersten und zweiten Person lautet in der Funktion des Genetivus totius (vgl. § 292) stets nostrum (von uns) und vestrum (von euch).44
nemo nostrum (keiner von uns) (S. Rosc. 55); quis nostrum? (fin. 1,32). Te ad me venire uterque nostrum cupit (Att. 13,33,2). Minus habeo virium quam vestrum utervis (Cato 33).
Anm. 1: Die Pronomina nostrum und vestrum werden nur selten in der Funktion des Genetivus obiectivus verwendet: Noli me ad contentionem vestrum vocare! (Verlange nicht von mir, dass ich euch vergleiche!) (Planc.16; Planc. 17; an der Stelle Catil. 3,29 handelt es sich wohl um den Akkusativ des Possessivums) (Δ).
Anm. 2: Nur an einer Stelle ist klassisch die Form nostrorum überliefert (Cluent. 194) (Δ), die in den Ausgaben durch die Lesart nostrum ersetzt wird.
(3) Der Ausdruck ‘unser aller’, ‘euer aller’ wird im Lateinischen gewöhnlich mit (a) omnium nostrum, omnium vestrum wiedergegeben,45 seltener mit (b) noster (vester) omnium.
Zu a) Patria communis omnium nostrum parens est (Catil. 1,17). Video in me omnium vestrum oculos esse conversos (Catil. 4,1). Caedes esset vestrum omnium consecuta (Phil. 14,15).
Weitere Stellen: Flacc. 5; de orat. 3,208.
Zu b) De nostro omnium interitu cogitant (Catil. 1,9).
Weitere Stellen: Mil. 92.
(4) Ist ein Personalpronomen im Genetiv (mei, tui, nostri, vestri) durch ein Gerundivum bestimmt, so endet dieses immer auf -ndi, obgleich beim Gerundivum eigene feminine und pluralische Endungen (-ndae, -ndorum, -ndarum) existieren (Attraktion von Genus und Numerus) (vgl. § 83,4).
facultas tui consolandi (der Adressat ist männlich, auch bei einem weiblichen oder sächlichen Empfänger würde der Genetiv so lauten) (fam. 4,13,4).
Anm.: In der klassischen Prosa lässt sich kein Beleg anführen für diese Konstruktion in Bezug auf ein Femininum, vgl. aber Plaut. Truc. 370 und Ov. epist. 19,74. Auch nostri und vestri lassen sich klassisch nicht in Verbindung mit einem Gerundivum belegen, vgl. aber die Belege für sui mit Pluralbedeutung in § 83,4.